Conan-Saga 45 - Conan der Grosse
Getreidesack war, gehen konnte. Falls je Mörtel zwischen diesen Steinen gewesen war, hatte der Zahn der Zeit ihn herausgenagt und in die Tiefe fallen lassen. Dieses wacklige Gebilde war der einzige Weg über das dunkle Nichts.
»Das ist doch in der Tat eine Herausforderung, oder?« fragte der alte Rattenfänger. Dann kramte er in seinem Beutel und holte einen alten Lappen heraus, den er in das Öl der Lampe hielt. Als der Lappen gut getränkt war, zündete er ihn an und schleuderte ihn von sich. Die Flamme fiel hinab in die Spalte.
Beide Männer beugten sich über den Rand und blickten dem Feuerschein hinterher. Der Luftstrom fachte die Flamme an. Lange stürzte sie in die Tiefe. Dann endlich beleuchtete sie die Oberfläche eines ebenholzschwarzen Teichs auf dem Grund der Spalte.
Irgendwie sah die Flüssigkeit im Teich nicht wie Wasser aus, eher wie Öl. In der Mitte stiegen Blasen empor und breiteten sich in kreisförmigen Wellen aus. Conan konnte das leise Blubbern hören. Als der brennende Lappen auf die Oberfläche traf, entzündete er etwas, scheinbar Gase, die sich dort entwickelt hatten. Ein bläulicher Blitz, ein Knall! Erschrocken wichen beide Männer einen Schritt zurück und hielten sich die Hand vors Gesicht.
Ein heißer Luftstrom schoß empor. Grollen aus der Tiefe folgte. Einige Steinbrocken lösten sich aus der alten Brücke und donnerten in die Spalte. Die Ratten im Käfig des Alten quietschten in Panik und kratzten am Gitter. Auch Conan hatte der Atem gestockt. So ein schwarzer Teich hatte auch in den seltsamen Träumen eine Rolle gespielt, die er in letzter Zeit gehabt hatte. Unbehagen überfiel ihn. Es lief ihm eiskalt über den Rücken. Gleichzeitig standen ihm Schweißtropfen auf der Stirn, die allerdings nicht nur von dem heißen Luftstrom herrührten.
»So, weiter jetzt!« trieb ihn der Alte an. »Laß uns dieses Hindernis überwinden, damit wir weiterkommen mit unserer Schatzsuche. Da du dich offenbar bis jetzt gelangweilt hast, kannst du vorangehen.«
Conan wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Alter Mann, ich bin zwar ein Abenteurer und jederzeit zu einem Wagnis bereit, aber ich bin kein Narr! Niemals würde ich mein Leben diesem verfallenen Haufen Steine anvertrauen!« protestierte er heftig. »Du hältst mich offenbar für einen kompletten Schwachkopf, wenn du glaubst, daß ich dir den Gefallen tue und hier mit offenen Augen in den Tod laufe!«
»Du hast Angst, über die Brücke zu gehen?« Der Alte lachte kurz. »Na gut! Du hältst die Lampe, und ich gehe als erster hinüber. Wenn ich es schaffe, mußt du mir jedoch folgen!«
»Nein, Alter, probiere die Brücke nicht aus! Das wäre Wahnsinn. Ich würde nicht gehen, selbst wenn ich nur noch wenige Jahre zu leben hätte.« Doch als Conan sah, daß die Warnung den Rattenfänger völlig kalt ließ, fuhr er fort: »Na schön! Doch wenn du scheiterst und abstürzt, kannst du mir die Schuld an deinem Tod nicht in die Schuhe schieben!«
Atemlos sah Conan zu, wie der Alte vorsichtig den ersten Schritt wagte. Er stellte den Fuß auf den ersten Quader, wartete einen Augenblick, dann betrat er die Brücke. Langsam setzte er Fuß vor Fuß und gewann Spanne für Spanne. Für jemanden in seinem Alter bewegte er sich erstaunlich geschmeidig. In der Mitte der Brücke blieb er stehen und schaute zu Conan zurück. Er lächelte aufmunternd. Dann ging er weiter und erreichte die andere Seite.
»Na, was ist?« fragte er und blickte zum König zurück. »Kommst du?«
Conan war froh, daß der alte Mann mit heiler Haut hinübergekommen war; aber jetzt schämte er sich furchtbar, daß er nicht als erster über die Brücke gegangen war. Die Schande traf den König noch mehr als den Mann. »Nennst du mich etwa einen Feigling, alter Ungeziefervertilger?« fragte er. »Schwörst du mir, bei allem, was dir heilig ist, daß du mit deinem Stock nicht irgendwelche Steine lockerst und mich in den Tod schickst? Wenn du es versuchst und ich trotzdem überlebe, wird dich kein Gott und kein Dämon vor meiner Rache schützen können!«
»Bei meiner Ehre«, erklärte der Alte. Doch Conan hörte ihm kaum zu; er hatte schon den ersten Schritt auf die Brücke getan. Um das Gleichgewicht besser zu wahren, hielt er die Lampe hoch. Er hatte den Alten genau beobachtet. Wo dieser besonders vorsichtig aufgetreten war, nahm sich auch Conan in acht. Die Brücke hielt. Allerdings spürte er, wie sich die Steine unter seinem Gewicht bewegten. Jetzt hatte er die Mitte
Weitere Kostenlose Bücher