Conan-Saga 46 - Conan der Beschützer
gegen Burg Tebroth mit einem Zehntel der Männer marschiert wäre, die nötig gewesen wären, um die Festung zu erobern, hätte er jede Waffe und jeden Zauber mitgenommen, die ihm zur Verfügung gestanden hätten.
Aber – wie er soeben Harphos erklärt hatte – es war nicht gut, damit zu rechnen, daß der Feind ebenso dachte wie man selbst.
A CHTZEHN
Der Angriff erfolgte langsamer, als Conan geplant hatte. Akimos hatte nur eine Handvoll Wachen aufgestellt, aber die Männer schienen aufzupassen. Außerdem gab es bis zum Anfang der Schlucht ein Stück offenes Gelände, wo sich kaum Katzen, geschweige denn bewaffnete Männer verstecken konnten. Sie legten sich daher im Gebüsch auf die Lauer und warteten, bis das Tageslicht verblaßte.
Talouf beschwerte sich. »In der Dunkelheit arbeiten wir nicht gerade in Höchstform. Ich könnte mich ungesehen hinunterschleichen und die Wachen ablenken.«
»Verrat!« meinte einer von Rezas Männern.
Conan mußte blitzschnell eingreifen, um Talouf daran zu hindern, das Blut des Manns auf den Felsen zu vergießen. Er zischte dem Dieb ins Ohr:
»Ich dachte, daß du bei Nacht am besten arbeitest.«
»Ich schon, aber was ist mit den anderen Kerlen? Kein Grund, ihre Hälse zu riskieren.«
»Den meiner Mutter aber auch nicht«, warf Harphos ein. »Selbst wenn Talouf die Wachen ablenkt, könnte ihr Verschwinden Skiron und die anderen Männer in der Höhle warnen.«
Conan grinste. Er hatte sich nicht in der Annahme getäuscht, daß Talouf jetzt mehr Hauptmann als Dieb war und daß Harphos das Kriegshandwerk schnell erlernte. »Still«, sagte er. »Sonst hören uns die Wachen. Ich habe keine Lust, Lady Doris nachts durchs ganze Gebirge zu verfolgen, vor allem dann nicht, wenn mir dabei Zaubersprüche und Pfeile um die Ohren fliegen.«
Der Große Beobachter hatte sich ausgeruht. Seine Kraft war beinahe vollständig wiederhergestellt. Um es ganz zu schaffen, brauchte er Nahrung – die kostbare Himmelsnahrung, die so leicht zu fangen war und soviel Kraft verlieh.
Jetzt brauchte er nicht mehr die Zauber der Menschen, die ihn aufgeweckt und anfänglich Stärke gegeben hatten. Da diese Zauber weiterhin in der Höhle stattfanden, konnte er sie gut als Orientierungshilfe nutzen.
Der Große Beobachter nahm eine Gestalt an, mit der er durch die Felsspalten gleiten konnte, die für einen Hund zu eng waren. Dann kletterte er dem Himmel entgegen.
Flüsternd zeigte Conan den Bogenschützen ihre Ziele.
»Und wenn einer von euch das Ziel verfehlt, ramme ich ihm den Pfeil quer in den Hintern«, fügte der Cimmerier noch hinzu. »Ihr sollt eine Gefahr für Akimos sein, nicht für uns.«
Die Bogenschützen nickten. Sie hatten keine leichte Aufgabe vor sich, aber es waren die besten Bogenschützen aus dem Haus Damaos und aus Conans Söldnertruppe. Alle setzten inzwischen ihren Stolz darein, Hauptmann Conans Befehle genau zu befolgen, denn diese schienen immer unmöglich zu sein und waren immer für den Feind gefährlicher als für die Männer, die sie ausführten.
Conan setzte sich und zog die Stiefel aus. In der Dunkelheit war er auf unebenem Gelände auf seinen lederharten Sohlen schneller als mit Stiefeln. Dann steckte er das Schwert in die Scheide, nahm den mit Eisen beschlagenen Stab, den Talouf ihm reichte, und stieg langsam zur Schlucht hinab.
Gerade hatte er die obersten losen Findlinge erreicht, als der Boden unter seinen Füßen erbebte. Es war ein leichtes Beben, so wie eine Schleimsuppe in der Schüssel wackelte, wenn ein Kind mit dem Finger dagegen tippte. Doch trotz der Dunkelheit sah Conan, daß die Findlinge sich bewegten.
Zurückgehen oder warten? Vielleicht war es der einzige Erdstoß, aber wenn nicht, konnte der nächste alle Findlinge die Schlucht hinunterrollen lassen – und jeden, der zwischen ihnen war. Mehr Warnung brauchten die Wachen nicht.
Conan brauchte jedoch das Überraschungsmoment. Das konnte aber beim nächsten Beben vorbei sein. Es blieb ihm nicht anders übrig, als beim nächsten Erdstoß bereits mitten unter den Wachen zu sein.
Conan ließ alle Vorsicht fahren und sprang wie ein Löwe, der sich auf seine Beute stürzt, von Felsbrocken zu Felsbrocken. Einige Steine bewegten sich unter seinen Füßen, doch die Erde blieb ruhig.
Zumindest blieb sie ruhig, bis er mehr als die Strecke zur Schlucht geschafft hatte. Conan sah, wie die Wachen mit den Fackeln wild umherfuchtelten, als spürten sie die Gefahr, ohne aber zu wissen, worin sie
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