Conan-Saga 47 - Conan das Schlitzohr
zum Hauptquartier des Statthalters. »Sprichst du mit dem Statthalter und sorgst dafür, daß er sich nicht einmischt?« Neben dem Fenster hing ein kleiner Spiegel. Darin sah Conan, wie der alte Mann zusammenzuckte. Zum ersten Mal hatte er seine hochmütige Haltung verloren.
»Du mußt dich von ihm fernhalten. Ich will nicht, daß er in diese Sache irgendwie verwickelt wird. Ich kann mich bei ihm auch nicht für dich verwenden.«
»Ich dachte, du seist der reichste Mann in Sicas«, sagte Conan. »Und er ist bestechlich.«
»Dann bestich du ihn doch, wenn er dir Schwierigkeiten macht«, fuhr Xanthus ihn unwirsch an. »Bei Mitra! Ich zahle dir wirklich genug, da kannst du auch ein paar Leute bestechen! Zwischen Bombas und mir gibt es böse alte Geschichten. Ich will mit ihm nichts zu tun haben. Und jetzt mach dich an die Arbeit, Schwertkämpfer! Ich erwarte schon sehr bald, von dir gute Neuigkeiten zu hören.« Der alte Mann verließ aufgebracht und mit wehendem Pelz den Raum. Conan lächelte nur.
Gleich darauf kam der alte Sklave, gebeugt unter dem Gewicht eines Lederbeutels, der so lang wie Conans Unterarm und so dick wie dessen beide Arme zusammen war. Die Goldmünzen waren so fest in den Beutel gestopft, daß sie nicht einmal klimperten. Wortlos packte Conan den Beutel und verließ das Haus.
Frohen Herzens lief der Cimmerier durch die Straße der Holzschnitzer. Er hielt den schweren Beutel so locker in der Hand wie ein anderer ein Daunenkissen gehalten hätte. Er gab sich Mühe, das wahre Gewicht des Beutels nicht preiszugeben, denn die zahllosen Diebe der Stadt hätten sofort mit geübtem Auge gewußt, daß Gold darin war.
Er erblickte das Schild mit der Sonne im Strahlenkranz. Es strahlte in der Mittagssonne. Aber der Cimmerier wollte Delia nicht besuchen. Statt dessen ging er zu einem Tischler und kaufte eine kräftige Truhe, die mit dicken Eisenbändern beschlagen war. Diese trug er in die Straße der Schlosser und kaufte das stärkste Vorhängeschloß, das er fand.
Nachdem er den Beutel in die Truhe gelegt hatte, schwang er sie auf die Schulter und marschierte zurück zur Herberge. Dort legte er noch einen Großteil des Geldes von Casperus hinein. Schon jetzt hatte er mehr Geld, als er bei sich tragen konnte, und dabei hatte er noch keinen einzigen Auftrag ausgeführt. Ihm war klar, daß er seinen Schatz nicht unbewacht in der Herberge lassen durfte, doch die Truhe mit dem Schloß würde ihn schützen, bis er ihn an einen sicheren Ort schaffen konnte. Er pfiff beinahe vor Freude, als er den Schlüssel abzog. Fast gleichzeitig trat Brita ins Zimmer.
»Immer noch kein Glück?« fragte er, als er ihr trauriges Gesicht sah.
»Nein. Ein paar Leute haben Mädchen gesehen, auf die Yllas Beschreibung paßt, aber niemand weiß, ob sie es tatsächlich war. Ich habe selbst mehrere zierliche blonde Mädchen in ihrem Alter gesehen.« Sie setzte sich auf den Stuhl und schlang die Arme um die Knie. Wieder war sie die schüchterne junge Frau aus gutem Haus wie zu Beginn ihrer Bekanntschaft. Doch jetzt war Conan nicht mehr sicher, ob er die wahre Brita sah. Er kannte sich zwar mit Frauen nicht besonders gut aus, doch war er kein Narr.
Er ließ den Schlüssel in seine Gürteltasche gleiten und hob die Truhe aufs Fußende des Betts. Er gab sich Mühe, sich das Gewicht der Truhe nicht anmerken zu lassen, dennoch traten seine Armmuskeln hervor. Brita warf ihm einen bewundernden Blick zu. Dann streckte er sich auf dem Bett aus, verschränkte die Hände hinter der blauschwarzen Mähne und legte die Füße auf die Truhe.
»Also ich hatte einen wirklich erfreulichen Tag«, erklärte er.
Brita lächelte. »Ich bin überglücklich, das zu hören. Erzähl!«
Er berichtete ihr kurz. Als er das Essen mit Delia erwähnte, verzog sie eindeutig vor Eifersucht das Gesicht. Bei der Schilderung des Kampfes mit den drei Burschen in rotem Leder wurde sie leichenblaß. Sie schlug die Hand vor den Mund, als er ihr erzählte, wie er die drei getötet hatte. Und dann schilderte er ihr noch den Besuch im Haus des Xanthus.
»Und du hast nur mit den dreien gekämpft, um die Aufmerksamkeit dieses Mannes zu erregen?« fragte sie. Ihre Augen waren vor ungläubigem Staunen groß geworden.
»Irgendwann hätte ich mit ihnen abrechnen müssen. Sie waren entschlossen, mich herauszufordern. Lieber drei bei Tageslicht vor mir als nachts im Rücken. Ich war sicher, daß man mich sowohl vom Tempel als auch von Xanthus' Haus beobachten würde. Es war
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