Conan-Saga 48 - Conan der Jäger
vielen Jahren hatte sie dieses Instrument einem stygischen Meister der Schwarzen Magie gestohlen. Der arrogante, dümmlicher Kerl hatte geglaubt, nur er verfüge über die Kraft, die Magie des Auguren einsetzen zu können.
Im Augenblick hatte Azora die Kugel so eingestellt, daß sie den Korridor unter ihrem früheren Altarraum beobachten konnte. Ihre roten Augen funkelten mit grausamer Genugtuung, als sie die drei dem Tod geweihten Männer betrachtete, die verzweifelt versuchten, sich aus der Falle zu befreien, die sie ihnen gestellt hatte. Angst und Verzweiflung gingen von ihnen aus. Die Mutare sog diese Gefühle in sich auf, wie heißer Wüstensand Regentropfen.
Lamici hatte ihr einen Besuch abgestattet, ehe ihre drei Opfer den Tempel erreicht hatten. Anfangs war sie über sein Auftauchen ungehalten gewesen, doch nachdem er ihr von den Ereignissen im Palast berichtet hatte, war ihr Ärger verflogen. Die Anwesenheit des Priesters war ihr bereits angekündigt worden. Seine Einmischung in den Todeszauber, mit dem sie den König belegt hatte, war ein Zeichen für seine Nähe gewesen, gleich einem Leuchtfeuer in finsterer Nacht.
Kaum hatte sie ihn gespürt, war uralter Haß in ihr aufgeflammt. Sein Orden war stärker als die meisten feigen, plappernden Dümmlinge, aus denen die lächerliche Priesterschaft Mitras bestand. Sie hatte nicht gewußt, daß es noch Angehörige dieses Ordens gab. Sie war jedoch sofort entschlossen, diesen Priester zu vernichten. Anfangs hatte sie seinen Namen nicht gekannt, sondern ihn nur gespürt und mit Hilfe des Auguren gesehen, da das Kristall keine Laute übermitteln konnte.
Zum Glück hatte ihr der skrupellose Lamici die Namen der Männer genannt und ihr von ihrem lächerlich primitiven Plan, sie zu vernichten, erzählt. Der Eunuch belustigte sie. Für einen Menschen war er erfrischend bestechlich. Früher hatte sie einen langsamen, qualvollen Tod für ihn geplant und sich auf die Schmerzen und Angst gefreut, die sie aus dem sterbenden Leib saugen würde. Doch jetzt erwog sie, ihn aus Dankbarkeit für seine Dienste schnell zu töten, sobald er ihr nichts mehr nützen würde.
Als Azora von Madesus' Absichten erfahren hatte, hatte sie schnell einen Plan entworfen, um den nichtsahnenden Priester in ihre Gewalt zu bekommen – samt den einfältigen Schwachköpfen, die ihn aus falsch verstandener Loyalität begleiteten. Ehre und Loyalität war die Zuflucht dümmlicher Schwächlinge.
Amüsiert betrachtete sie die Bilder im Auguren. Balberoth, der Dämonenfürst, dem sie den Befehl gegeben hatte, ihren todbringenden Plan auszuführen, hatte alles mit hinreißend höllischer Findigkeit erledigt. Sie würde ihn auch in Zukunft einsetzen.
Selbst wenn die schwachköpfigen Stümper bis hinter die schwere Bronzetür vorgedrungen wären, hätten sie auch nichts gefunden. Azora befand sich jetzt weit, weit weg vom Tempel. Sie war absolut sicher, Madesus vernichten zu können, hatte aber nicht die Zeit, es persönlich zu tun. Nachdem sie den Pakt mit dem Dämonenfürsten geschlossen hatte, hatte sie mit dem Ritual der Translokation begonnen. Die armselige Stadt Pirogia und die hirnlosen menschlichen Insekten, die in ihr hausten, hatten sie ohnehin bereits gelangweilt. Ihre Aufgabe dort war zudem beinahe abgeschlossen. Sie suchte noch nach einem Geheimnis: Dem Geheimnis, das sie unsichtbar machen würde. Jetzt schon war sie sehr mächtig, doch es verdroß sie über die Maßen, daß ein bedeutungsloser Priester und ein dümmlicher Barbar sich in ihren Plan, den König zu töten, eingemischt hatten. Sie mußte mehr Macht erlangen, und dazu benötigte sie unbedingt das Geheimnis, unbesiegbar zu sein.
Sie hatte in einem verstaubten uralten Folianten eine Aussage gefunden, die allerdings etwas vage gehalten war. Danach war dieses Geheimnis nur einem einzigen Wesen bekannt gewesen: Skauraul. Vor mehreren Jahrhunderten war er der mächtigste der Mutare gewesen. Mühsam hatte sie aus zahllosen, obskuren Schriften alle Informationen zusammengetragen und endlich mit Hilfe ihres Auguren den Standort seiner längst verlassenen Feste gesehen. Selbst die Erinnerung an diesen Ort war bei den Menschen schon lange verblaßt.
Als Conan mit seinen Gefährten auf den Stufen vor dem Tempel Targols gestanden hatte, beendete Azora gerade das Ritual der Translokation und versetzte sich auf den Pfad, der zu Skaurauls Feste führte. War sie erst einmal dort drinnen, würde sie auch Skaurauls Geheimnis herausbekommen.
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