Conan-Saga 52 - Conan und der Smaragd-Lotus
ging. Er wartete darauf, daß der nächste Räuber auf dem Fels auftauchte. In der Tat erschien ein bärtiger Bursche dort, wo der Fels an der Schluchtwand lehnte. Der Cimmerier erhob sich. In diesem Moment traf ihn eine feindliche Pfeilspitze an der linken Schulter, die zwar am Kettenhemd abprallte, doch der Aufschlag war so hart, daß ihm ein heftiger Schmerz durch den Arm schoß. Der Räuber hatte jetzt den Fels erklommen und stellte sich dem Cimmerier mit blanker Klinge gegenüber. Dieser war durch den Pfeil etwas aus dem Gleichgewicht geraten, jetzt aber schlug er mit stummer Wut zu. Sein Schwert traf den Gegner quer über der Brust und spaltete ihm die Rippen. Mit heiserem Schrei stürzte der Räuber rücklings vom Fels in die Tiefe. Conans Schwert prallte gegen die Wand und zerbrach klirrend. Fluchend zog der Barbar den Dolch aus dem Gürtel und ging in die Hocke, als wieder ein Pfeil knapp an ihm vorbeizischte.
Heng Shih packte den Griff seines Krummschwerts mit beiden Händen und bereitete sich darauf vor, den nächsten heraufsteigenden Gegner zu erledigen. Seine Schlitzaugen weiteten sich, als er Lady Zelandra hinter dem schützenden Fels hervortreten sah. Sofort lief er aus der Nische heraus, um seine Herrin zu schützen. Sein goldgelber Kimono blähte sich. Mit einem einzigen Hieb machte er einen schreienden Räuber nieder und schleuderte den Mann seinen herabstürmenden Kameraden in den Weg. Dann blickte der Khiter Zelandra an und erstarrte.
Der Wind wehte Lady Zelandras Haar nach hinten, so daß man ihr angespanntes Antlitz sah. Ihre Augen waren unnatürlich geweitet. Gespenstisches karmesinrotes Licht leuchtete darin, und ein Strom seltsamer Worte ergoß sich von ihren Lippen. Sie breitete die Arme aus, als wolle sie die Räuber willkommen heißen.
Die Männer in der Schlucht blieben wie angewurzelt stehen und blickten entsetzt auf die Zauberin, um die sich ein Lichtschein bildete, der zu feurigen Strahlen wurde, die von ihren Handflächen aufstiegen.
T'Cura machte kehrt.
»Heejah Vramgoth Dero!« rief Zelandra. Ihre Stimme wurde zu einem übernatürlich lauten weithin hallenden Schrei. »Aie Vramgoth Cthugua!«
Vor Zelandra erschien eine orangerote Flammenwand, die sich über die gesamte Breite der Schlucht erstreckte. Damit verbarg sie die Zauberin und ihre Gefährten den Blicken der Angreifer. Die Flammen loderten auf, als kämen sie aus dem Herzen eines Vulkans. Dann rollte die Wand langsam die Schlucht hinab, auf Neb-Khots verängstigte Schar zu. Die Räuber wollten fliehen, aber das brüllende Flammeninferno vernichtete sie wie ein Buschfeuer Insekten. Ihre Schreie gingen im Prasseln des Feuers fast unter.
Neb-Khot hatte auf dem Pferd gesessen, als Zelandra mit ihrem Zauberspruch begonnen hatte. Er wollte umkehren und davonreiten, doch das Pferd scheute und glitt auf dem losen Geröll aus. Als das Tier stürzte, wurde der Stygier aus dem Sattel geschleudert und rutschte den Steilpfad hinab. Unten angelangt, stand er mühsam auf. Er hatte sich einen Knöchel verrenkt. Trotzdem floh er so schnell, als hätte er die Hölle auf den Fersen.
Conan stand auf dem Felsblock und blickte hinab, wo sich die Flammenwand schnell zum Ausgang der Schlucht wälzte. Dort verblaßte sie unvermutet, zugleich verstummte das Prasseln. Der Cimmerier sah, daß drei Räuber den Flammen entkommen waren und jetzt eilends davonritten. Zwei Männer saßen auf einem Pferd. Keiner der drei wagte einen Blick zurück.
Auf dem Boden der Schlucht lagen sechs tote Räuber. Ihre Körper waren verdreht und verkrümmt, offenbar waren sie unter gräßlichen Schmerzen gestorben. Doch es waren keine Brandmale zu sehen.
Conan biß die Zähne zusammen. Wieder stieg die Furcht vor allem Übernatürlichen in ihm auf. Obgleich ein kampferprobter Krieger, wehrte sich alles in ihm gegen die gnadenlose Macht von Zelandras Zauberei. Er blickte zu der Stelle unten am Fels, wo Zelandra gestanden hatte. Jetzt saß die Zauberin mit untergeschlagenen Beinen im Staub und hatte den Kopf auf die Hände gestützt. Heng Shih trat zu Zelandra, kniete neben ihr nieder und neigte den Kopf zu ihr.
Der Cimmerier schob sich an den Rand des Felsbrockens und ließ sich dann hinabfallen. Leichtfüßig landete er neben dem verkrümmten Leichnam des Räubers, bei dessen Todesstreich er sein Schwert zerbrochen hatte. Immer noch hielt der Mann sein Krummschwert fest. Conan löste die Waffe aus den starren Fingern und die Scheide vom blutbefleckten Gürtel.
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