Conan-Saga 52 - Conan und der Smaragd-Lotus
den anderen Eingang und hörten ein Flüstern. Aber es waren keine Worte, die ich verstehe. Als wir unsere Lichter hoben und riefen, floh ... wer immer hier gewesen war. Wir hörten Schritte auf dem Steinboden. Erst nahmen wir die Verfolgung auf, doch dann sahen wir Dakent und hielten inne. Als wir weiterliefen, war der Eindringling bereits durchs Portal entschwunden.«
»Entkommen? Bist du sicher, daß er den Palast verlassen hat?«
»Ganz sicher, Milord. Ich bin ihm nach draußen gefolgt und habe gehört, wie er die Wand an der Schlucht hinaufgeklettert ist.«
»Diese Wand ist fast senkrecht.«
»Jawohl, Milord.«
»Weiß sonst noch jemand davon?« fragte Ethram-Fal.
»Nein, Milord. Alle anderen schlafen«, antwortete Ath.
»Gut. Niemand darf davon erfahren. Sag allen, Dakent sei während seiner Wache von einer giftigen Viper gebissen und seine Leiche dem Lotus übergeben worden. Verstanden?«
»Jawohl, Milord. Ich habe verstanden.«
»Phandoros?«
»J-j-jawohl, Milord. Verstanden.«
Die drei Männer standen eine Zeitlang schweigend da. Die Leuchtkugel schickte ihren leicht schwankenden Schein auf den Leichnam, wodurch dieser sich zu bewegen schien, während die Schatten die Lebenden in Schach hielten.
»Warum hat er nicht gerufen?« fragte Phandoros leise.
»Schau dir seine Kehle an«, meinte Ethram-Fal. »Man hat ihm die Luftröhre eingedrückt.«
»Meint Ihr, Milord, man hat ihn gepackt, zum Schweigen gebracht und hierhergeschleppt, um ihn umzubringen?« fragte Ath mit steigendem Abscheu und Entsetzen.
»Ja«, antwortete der Zauberer. »Und wo ist sein Herz?«
Die beiden Soldaten blickten sich verblüfft an, als fänden sie das Organ, das Dakent Leben geschenkt hatte, vor ihren Füßen wieder.
Aber das Herz war nicht da.
S ECHSUNDZWANZIG
Eine uralte Schutzhütte aus trockenen Ästen lehnte verloren zwischen mehreren Palmen. Ihre verblaßten, zerrissenen Kamelhäute flatterten im heißen Wüstenwind. Die Palmen ragten wie Wachposten über der Oase auf und wiegten sich müde in der Hitze. Die Bäume warfen einladende dunkle Schattenflecken auf den Sand, aber die Augen der müden Reisenden hingen wie gebannt an dem Wasserloch, das in einer Vertiefung im Sand lag und zur Hälfte von üppiger grüner Vegetation umgeben war. Es schimmerte strahlendblau und reflektierte den blauen Himmel darüber.
»Also, bei Crom, das ist wirklich ein willkommener Anblick!« rief Conan und glitt schnell vom Kamelrücken. Dann führte er die drei Gefährten ans Ufer des Teichs. Alle waren froh, die Beine zu bewegen, die nach den vielen Stunden im Sattel schmerzten.
»Ist das die Oase, die auf der Karte eingezeichnet war?« Neesa schob die Kapuze zurück und schüttelte die schwarzen Locken. Die Schreiberin konnte es kaum abwarten, bis alle anderen getrunken hätten, ehe sie sich kopfüber ins Wasserloch stürzen könnte.
»Mehr oder weniger«, antwortete Conan. »Ich habe uns nach der Karte geführt, bis ich das Wasser roch. Danach bin ich einfach dem Geruch gefolgt.«
Zelandra lief so schnell zum Cimmerier, daß ihr dunkles Haar mit den Silberfäden sich blähte. Kurz vor dem Teichrand legte sie Conan die Hand auf die Schulter.
»Warte!« sagte sie aufgeregt. »Hier stimmt etwas nicht.«
Conans scharfe Augen entdeckten in den klaren Fluten des Teichs eine kaum sichtbare Bewegung. In der Mitte stiegen aus dem Sand unter der Wasseroberfläche kleine Luftperlen auf. Schnell vermehrten sich die Blasen und schickten konzentrische Kreise über den Teich. Heng Shih und Neesa hatten die Zauberin und den Cimmerier eingeholt und starrten nun ebenfalls auf den Teich. Den Barbaren schauderte es. Eine fürchterliche Vorahnung überfiel ihn.
»Tretet zurück!« rief er. In diesem Moment teilte eine riesige Explosion die Wasseroberfläche. Weißer Schaum spritzte hoch in die Luft. Jetzt stand dort, wo die Blasen aufgestiegen waren, eine dicke, glänzende, grüne Säule, wie ein Baumstamm. Diese zuckte, peitschte das Wasser und wuchs, bis sie größer als ein Mann war. Die Krone bildete eine Ansammlung blasser, dicker Blätter. Der runzlige grüne Stammkörper war kreuz und quer mit pulsierenden Adern überzogen. Plötzlich brachen aus der Mitte zwei Fangarme mit scharfen Rändern hervor und peitschten die Luft. Am Fuß formte sich ein Geflecht aus dicken Wurzeln und hob den Boden des Teichs an. Dann setzte sich das groteske Gebilde in Bewegung und näherte sich dem Ufer und den verblüfften menschlichen
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