Conan-Saga 52 - Conan und der Smaragd-Lotus
ungebetenen Besucher euch entdecken, müßt ihr fliehen. Wenn nötig, töte so viele Feinde wie möglich. Und dann schrei so laut wie ein Teufel. Falls Heng Shih und ich noch leben, hören wir dich, denn in der Wüste trägt jeder Ton weit. Wenn möglich, kommen wir dir zu Hilfe. Zumindest werden wir euch rächen. Halt die Augen offen.«
Dann legte der Cimmerier den Arm um Neesa und zog sie eng an sich. Während sich die beiden mit ungezügelter Leidenschaft küßten, studierte Heng Shih hingebungsvoll den Himmel. Dort waren in der Tat am westlichen Horizont dunkle Wolken zu sehen. Nach geraumer Zeit schlug Conan ihm auf die Schulter.
»Los, Mann. Der Tag geht zur Neige.«
Die beiden Männer stapften zum dunklen Eingang des Cañons hinab. Neesa setzte sich unter dem Kamm des Hügels in den Schatten eines Felsens. Dann wischte sie sich mit der Hand über die prickelnden Lippen. Sobald Conan und Heng Shih im Canyon verschwunden waren, spürte sie einen schmerzenden Kloß im Hals. Sie verfluchte sich, weil sie so schwach war. Sie holte den Dolch aus dem Lockengewirr im Nacken und stieß ihn vor sich in den Boden. So begann sie ihre einsame Wache.
A CHTUNDZWANZIG
Die rote Sonne lag wie gepfählt auf den scharfen Felszacken im Westen, als das Wesen innehielt, das einst Gulbanda aus Shem gewesen war.
Er bot einen abgerissenen Anblick. Seine Kleidung hing in Fetzen herunter und war schmutzig. Hände, Gesicht und Bart waren mit ockerfarbenem Schmutz bedeckt, da er sich nicht die Mühe gemacht hatte, sich zu waschen. Seine Augen waren so glasig und ausdruckslos wie Kugeln aus Quarz. Er spähte in den düsteren Eingang des Cañons, der sich vor ihm auftat.
Gulbanda war eine Nacht und einen Tag lang ohne Rast marschiert. Das ziemlich frische Pferd, das er dem Bogenschützen Nath abgenommen hatte, war nach einem gnadenlosen Ritt unter ihm zusammengebrochen. Danach war er zu Fuß weitermarschiert, ohne sich um die tödlichen Sonnenstrahlen zu kümmern. Er marschierte vorwärts, da er zu nichts anderem fähig war.
Jetzt stand Gulbanda da und starrte in die undurchdringliche Dunkelheit. Eine kühle Brise, erfrischend wie ein Bergquell, kam ihm aus dem Canyon entgegen und blähte seinen zerschlissenen Umhang.
Er spürte das Ziehen tief in der Brust, wo Shakar der Keshanier ihm den Bambusstab bis ins Mark gestoßen hatte. Es war, als hätte sich eine eiserne Faust um sein durchstochenes, verwelktes Herz geschlossen, das ihn ständig in die Richtung zog, in die er gehen sollte. Der nekromantische Zauber, der Gulbanda zwang, unter den Lebenden zu wandeln, verlieh ihm auch einen unbeirrbaren Orientierungssinn.
So stumm und reglos wie die Steine um ihn herum stand Gulbanda da und rang nach Erinnerungen. Er hatte nur schwache Fetzen, wie Nebelschleier, die sich im kalten Abendwind auflösten.
Er erinnerte sich an einen dunklen Raum und einen Mann, der an einen Stahlstuhl gefesselt war.
Er erinnerte sich an einen Dolch, der über die Muskelstränge des Unterarms dieses Mannes geglitten war.
Er erinnerte sich daran, wie ihm das Schwert aus der Hand fiel.
Gulbanda hob die Schwerthand und betrachtete die beiden Finger, die ihm geblieben waren. Der schwarzhaarige Cimmerier. Er war für all das verantwortlich. Es war sein Blut, das so tief in Gulbandas Brust brodelte und ihn unwiderstehlich vorwärtszerrte. Nur der Tod des Barbaren konnte diese Schmach beenden. Und Zelandras Tod. Und der Besitz der Silberschatulle, die Shakar so sehr begehrte.
Shakar der Keshanier – Gulbanda erinnerte sich an seinen Meister, doch nur an dessen gebieterisches Gesicht, das ihm schwierige Aufträge erteilte. Er mußte die Dinge tun, die Shakar ihm vor langer Zeit befohlen hatte. Er mußte den Zauberer zufriedenstellen, dann würde dieser ihm helfen.
Wie konnte Shakar ihm helfen? Gulbanda suchte verzweifelt in den Scherben seiner Erinnerungen. Er senkte den Kopf. Das war das einzige Zeichen für die Qualen, die in ihm tobten. Verzweifelt rang er um einen kleinen Teil seiner entschwundenen Menschlichkeit. Doch er spürte nur, wie Conans Blut ihn gnadenlos und unwiderstehlich vorwärtszerrte.
Plötzlich erinnerte Gulbanda sich und hob den Kopf. Wenn er die Wünsche des Zauberers erfüllte, würde dieser das Zerren in seiner Brust abstellen und ihn sterben lassen. Mehr mußte er nicht tun. Er mußte nur den schwarzhaarigen Barbaren und die Zauberin töten und sich die Silberschatulle holen. Danach dürfte er sterben. Er wünschte sich nichts
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