Conan-Saga 53 - Conan der Ausgestossene
Worte schritten Priesterinnen in festlichen Gewändern zu den Soldaten, die sich in der Mitte des Hofes aufgestellt hatten. Eine der schönen Priesterinnen kam in Conans Nähe. Sie nahm etwas aus dem Körbchen, das an ihrem Arm hing. Ehe sie es sich überlegen konnte und ohne auf ihre Miene zu achten, hatte der Barbar die Hand ausgestreckt und das Päckchen genommen.
Zu seiner Überraschung war die Wohltat nicht nur ein Medaillon oder eine symbolische Gabe, sondern eine viereckige Goldmünze, so groß wie ein Daumennagel, und auf beiden Seiten mit dem Siegel der Krone Qjaras gestempelt. Gekonnt steckte er die Münze in seinen leeren Geldbeutel im Innern des Lendentuchs. Seine Geste verriet langjährige Übung.
»Von den vielen Helden, welche heute unsere Stadtmauer durch die Darbringung ihres Blutes und Schweißes noch kostbarer gemacht haben, hat sich ein Mann besonders ausgezeichnet«, sagte der König. »Er ist ein Mann, der über dem Alltagsleben in Qjara steht – und dessen Fähigkeiten und gesamtes Trachten ihn noch höher erheben.« König Semiarchos ließ die Blicke über die Menge streifen.
»Selbstverständlich spreche ich vom Tempelkrieger Zaius, dem obersten Helden der Einen Wahren Göttin Saditha. Er ist ein Kämpfer des Achten Grades des Rituals. Während der letzten dreihundert Jahre hat unsere Stadt keinen gesehen, der ihm gleichkäme.« Der König winkte Zaius, vorzutreten. Die Menge jubelte laut. »Im heutigen Kampf war sein Verhalten besonders lobenswürdig. Auf dem Höhepunkt des Kampfes traf er mit seiner Schar Tempelkrieger ein und wehrte kühn den Angriff der Feinde ab. Eigenhändig tötete er vier Feinde, was die Zahl der Männer, die er getötet hat, auf die nie dagewesene Zahl von vierundzwanzig erhöht. Wie überaus glücklich dürfen wir uns schätzen, solch einen Helden zu haben, der unsere Stadt und Göttin verteidigt.«
Die Menschen im Innenhof brachen in begeisterte Jubelschreie aus. König Semiarchos lächelte und nickte. Das Gesicht mit dem weißen Bart wirkte würdevoll, strahlte aber auch den Stolz eines zukünftigen Schwiegervaters aus. Zaius, dem Lobpreis und Jubel galten, stand steif und ungerührt da, als wäre es seine größte männliche Tugend, stocktaub zu sein. Conan sah, wie Prinzessin Afriandra zu ihrem Vater aufschaute und ihm etwas zuflüsterte. Der König nickte und lächelte nachsichtig.
»Ein weiterer Gunstbeweis Sadithas ist die Hilfe, welche unsere Stadt heute von einem Besucher aus einem fremden Land empfing – Conan heißt dieser Mann, so glaube ich«, fuhr der König fort, nachdem der Jubel etwas verebbt war. Semiarchos streckte den königlichen Finger aus. Die Augen aller – abgesehen von Zaius' – folgten der Richtung. »Er hat als Erster den Angriff gemeldet und hat Seite an Seite mit unseren tapferen Verteidigern dem Feind schwere Verluste zugefügt.«
Wieder wurde Jubel und Beifall laut, der aber doch weniger von Herzen kam als zuvor. Man hörte auch unwilliges Murmeln. Nicht wenige musterten Conans spärliche Bekleidung und die Blutspritzer, die noch an seinen Beinen klebten. Offenbar war es für Zaius beim Schwertkampf ungemein wichtig, jegliche Blutspritzer oder andere Flecken von seiner feinen grauen Uniform fern zu halten, dachte der Cimmerier.
Nachdem der Beifall verklungen war, war Königin Regula an der Reihe, zur Menge zu sprechen. Sie trat vor. Obgleich ihre Jugend schon verblüht war, war sie eine beeindruckende Frau. Mit dem Helm und dem Brustharnisch ähnelte sie der Statue Sadithas. Allerdings trug sie keinen Speer.
»Wie ihr wisst«, begann die Königin mit wohlklingender, tiefer Stimme, »ist es Sitte, dass den Helden Qjaras Sadithas besonderer Segen zuteil werden soll. Und das geschieht in der Form eines heiligen Kusses, den die regierende Königin und Hohepriesterin anstelle der Einen Wahren Göttin gewährt.« Diese von ihr in Aussicht gestellte Gunst bewirkte bei Conan nur mildes Interesse, doch was konnte er dagegen tun? Bei den nächsten Worten jedoch spitzte er die Ohren. »Da es heute jedoch nur eine einzige Erbin des Throns von Qjara gibt und diese an Ehre und Tugend unübertroffen ist, haben der König und der Tempel es für recht und billig gehalten, die Gunst Sadithas durch die schöne Afriandra, die Prinzessin von Qjara, erteilen zu lassen.«
Verblüfft stellte der Cimmerier fest, dass ihn diese Ankündigung durchaus erschütterte. Er spürte, wie er errötete. Gleich darauf war ihm kalt. Sollte er vor dieser
Weitere Kostenlose Bücher