Conan-Saga 53 - Conan der Ausgestossene
inzwischen allerdings brüchig geworden. Die Wüstenwinde hatten Farbe und Gold abgeschabt, Wimpel und Baldachine zerfetzt, doch sie war immer noch imstande, mit dem Sturmwind durch die Wüste zu donnern und Furcht und Angst in den Herzen der Kameltreiber auszulösen. Conan stieg von seinem Streitwagen, der ungefähr hundert Schritte hinter den anderen stehen geblieben war, wohl wegen seines zusätzlichen Gewichts. Er ergriff Schwert und Wasserschlauch und nahm jeden einzelnen Wagen genau in Augenschein.
Auf etlichen von ihnen befanden sich noch sterbliche Überreste. Skelette in Rüstungen lagen dort, wo sie gestorben waren, vermutlich beim Versuch, dem ersten gewaltigen Sandsturm zu trotzen. Ansonsten war sehr wenig übrig. Die Böden der Wagen waren stark verrottet, Zaumzeug und Geschirre schleiften samt den Gebeinen der Pferde und Zugtiere hinterher. Sämtliche Wagen waren so leicht, als hätte sie eine übernatürliche Macht entworfen, um vor den Dämonenwinden dahinzufliegen.
Und dennoch schienen Pronathos und seine Schar, wenngleich im Tode, ihr Ziel gefunden zu haben, denn die Felsformation weiter vorn konnte aufgrund der seltsamen Umrisse nur das legendäre Schiff aus Stein sein. Hoch ragte der schlanke Bug auf, geformt von vielen Schichten porösen Gesteins. Der Rumpf war so lang wie eine turanische Trireme. Das Heck verschmolz mit dem weißen Gestein und dem Sand. Sogar der Stumpf eines Mastes war sichtbar, auch schmale Felsbrücken, die Rudern glichen. Ja, es war die äußerst verblüffende Nachbildung eines Schiffes aus grauer Vorzeit – und ganz aus Stein.
Der Cimmerier war sich jedoch sicher, dass keine Menschenhand diese Skulptur geschaffen hatte, denn für die Kopie eines echten Schiffes waren die Verzierungen zu kunstvoll, zu wild, der steinerne Zierrat zu schwer und zu phantasiereich. Conan hatte eher die Vorstellung, dass der Rohbau eines Schiffes niedergelegt worden war und ein launischer Titan es danach mit flüssigem Gestein geschmückt hatte, um eine Form zu schaffen, welche mit all dem Zierrat den zahllosen Jahren gieriger Wüstenwinde trotzen konnte.
Conan schritt näher. Verblüfft sah er, dass Bruchstücke von Rädern, Rüstungen und Skeletten aus dem Sand hervorragten. Das bewies ihm, dass die Expedition schließlich den Weg zu diesem Ort gefunden hatte, ehe sie ausgelöscht wurde. In der Tat eine grausame Ironie des Schicksals, dass Pronathos und seine Männer vielleicht vor ihrem Tod den Schatz erblickt hatten, den zu holen sie gekommen waren ... Von diesen Gedanken beflügelt, schritt Conan schneller. Mit einem Satz schwang er sich über die Bordkante des steinernen Monuments und blickte ins Innere.
Er war ganz sicher, dass er am Heck eines richtigen Schiffes stand. Obgleich aus Stein und uralt und überladen verziert, war es eindeutig ein Deck. Ruderpinne, Ankerspill und Ruderbänke waren vorhanden, als könne das Schiff mit der nächsten Flut in See stechen. Conan vermochte das klar zu erkennen, da er Erfahrung damit hatte, mit dem Wind über die Meere zu fliegen. Er schritt nach vorn zum Bug. Dabei fiel ihm eine, wenngleich bizarre, doch mögliche Erklärung ein.
Dieses Wüstenbecken war mit Sicherheit einst ein Meer gewesen. Von seinem Standpunkt aus blickte er über die Reling hinaus und sah hoch droben feine Linien und Felsbänder in den Wänden der roten Berge. Seines Wissens nach waren das ehemalige Wasserlinien und Strände aus einer Vorzeit, an die sich niemand mehr zu erinnern vermochte. Da das Tal offenbar einst ein Meer gewesen war, musste es hier auch Seeleute gegeben haben. Aufgrund des Aussehens des Schiffs nahm Conan an, dass die Seeleute die Größe heutiger Menschen gehabt hatten und ziemlich erfahren auf dem Meer gewesen waren.
Doch selbst die erfahrensten Seeleute verloren gelegentlich ein Schiff – und auf so einem stand Conan jetzt. Es war das Deck eines Schiffes, das in grauer Vorzeit in einem Sturm gesunken war. Offenbar ein Ruderschiff, mit zweihundert Männern oder Sklaven Besatzung. Bei genauer Betrachtung der Ruderbänke sah Conan hier und dort einen alten Knochen unter dem gelben Stein hervorragen, eine verkrampfte Hand, eine Schädeldecke, braun und knotig wie eine alte Brotkruste. Alles war halb vom Stein eingeschlossen und halb freigelegt.
Der wachsende, alles einhüllende Stein – das war der Schlüssel. Dem Cimmerier wurde klar, dass diese erstarrten Schaumspitzen Korallen waren. Er hatte in warmen seichten Buchten des Vilayet-Meeres
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