Conan-Saga 54 - Conan der Gnadenlose
Ungeheuers zu Conan. Angewidert verzog er das Gesicht. Spätestens jetzt wurde ihm bewusst, dass dieses Scheusal nicht der Welt der Menschen entstammte.
»Psst!«
»Fünf?«, fragte Conan. Wenn die Antwort »zehn« ergab, wartete Wyllas Vater auf ihn.
»Fünf«, sagte eine raue Stimme. Dann bewegte sich ein Schemen, den Conan für einen Busch gehalten hatte, auf ihn zu. Der Mann war beinahe so groß wie der Cimmerier. Mit dem grauen Haar und dem kurzen Bart ähnelte er einem Patriarchen, allerdings mit den Muskeln und Sehnen eines alten Haudegens unter der mit Narben übersäten Haut.
»Willkommen, Conan aus Cimmerien«, sagte der Mann. »Ich bin Thyrin, Wyllas Vater.«
»Ich bin Conan, Hauptmann der Zweiten Garde, meines Wissens Vater keines Kindes«, antwortete Conan. »Ist deine Tochter bei dir?«
»Sie wollte uns begleiten, doch ich befahl ihr, zu den anderen zu gehen. Sie kann sich um den Säugling kümmern. Außerdem ist sie dort sicherer.«
Thyrin räusperte sich. »Die Befreiung Hauptmann Oyzhiks missfällt mir ungemein, Cimmerier. Hätte meine Tochter nicht gesagt, dass er unseren Feinden lebend mehr Schaden als tot zufügt, würde ich ihn auf der Stelle umbringen. Mit einem Mann wie Oyzhik zu fliehen wird eine riskante Sache.«
»Ich bin ganz deiner Meinung. Wenigstens wird Marr sich bemühen, einen Alarm zu verhindern. Geh voran, Thyrin.«
Aybas wollte schnurstracks zum Haus der Prinzessin marschieren, da er auf seine Stellung bei den Wachen baute. Doch Rainha riet zur Vorsicht.
»Wenn ich die Sternen-Brüder wäre ...«
»Du könntest dich nie in etwas so Hässliches an Leib und Seele verwandeln«, sagte Aybas.
Rainha schien wütend zu sein, dennoch rang sie sich ein Lächeln ab. »Am Hof in Aquilonien sind solche Schmeicheleien angebracht, hier nicht. An ihrer Stelle ließe ich die Prinzessin von den Männern bewachen, denen ich am meisten traue, besonders bei diesen Gerüchten über Syzambrys Schwierigkeiten.«
»Die Sternen-Brüder haben die Gewohnheit, ihre Heiligtümer von diesen vertrauenswürdigen Männern bewachen zu lassen«, sagte Aybas. »Conan und Thyrin müssen am meisten auf der Hut sein.«
»Das hast du uns nicht gesagt!«, rief Rainha.
»Ihr habt mich nicht danach gefragt«, entgegnete Aybas ungerührt.
»Wenn du auch nur den Verstand einer Laus besäßest, müsstest du wissen, was du uns ungefragt mitteilen musst.«
»Aber, aber ...«, begann Aybas. Doch er unterdrückte seine Empörung, als er sah, dass Rainha nach dem Schwert griff.
»Friede«, sagte Marr. »Wenn nötig, kann ich auf den Verstand eines oder aller Wachen einwirken. Zweifellos glauben die Sternen-Brüder, die Prinzessin müsste weniger streng bewacht werden, da sie nur eine Frau ist.«
Rainha tat so, als durchbohre sie den Pfeifer, und Wylla, die soeben zu den dreien gestoßen war, machte ein langes Gesicht. Dann streckte sie den beiden Männern die Zunge heraus. Das Unbehagen löste sich auf, als alle leise lachten.
Die gute Nachricht war, dass man Oyzhik in einer Hütte untergebracht hatte, die etwas abseits von den Unterkünften der Opfer stand. Zweifellos wollten die Sternen-Brüder nicht, dass Nachrichten über seine Misshandlung zum Grafen oder den Freunden des Hauptmanns drangen.
Es bestand kein Zweifel daran, dass die Sternen-Brüder beabsichtigten, Oyzhik so lange gefangen zu halten, bis sein Schicksal entschieden war. Seine Hütte grenzte an eine Felswand und vier Mann standen Wache. Zwei hatten Bogen, die anderen beiden Speere, allesamt hatten Schwerter – eine ungewöhnlich starke Bewaffnung selbst für die von den Sternen-Brüdern als Krieger ausgewählten Pougoi.
Es half auch nicht viel, dass sich die Hütte hundert Schritte vom Langhaus der Wachen der Sternen-Brüder befand. Wenn die vier Wachen nicht schnell und lautlos starben, würden ihnen die Kameraden zu Hilfe eilen, ehe Conan und Thyrin Oyzhik befreien konnten.
»Sind die Opfer gefesselt?«, flüsterte Conan.
Thyrin schüttelte den Kopf. »Nur zur Strafe. Und sie würden es nicht wagen, Oyzhik so zu bestrafen, dass man es sehen könnte.«
Die Büsche hätten zwanzig Männer verbergen können. Nur wenn die Wachen umhergegangen wären, hätten sie Conan und Thyrin gesehen, aber sie standen wie Tempelstatuen vor der Tür.
Dank seiner scharfen Augen und dem fahlen Mondlicht, erspähte Conan schnell einen möglichen Weg, die Felswand zu erklettern. Wenn sie jedoch mit Oyzhik belastet waren, war ihnen dieser Fluchtweg
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