Conan und die Straße der Könige
nun eher seinen Schmutz wieder auf ihn übertrüge als ihn von ihm abzuwaschen. Aber zumindest war er den Kerkergestank losgeworden. Er kletterte aus dem Zuber und mußte mit der Dirne um sein Handtuch ringen. Sandokazi beobachtete ihn amüsiert und ironisch, während sie immer noch an ihrer Orange knabberte.
Bis er sich trockengerieben hatte, war frische Kleidung für ihn herbeigeschafft worden – wenn nicht neu, so doch zumindest sauber.
Conan zwängte sich in eine lederne Hose, die an seiner feuchten Haut kleben blieb, und zog sich ein weinrotes Hemd mit weiten Ärmeln über den Kopf. Seine Stiefel hatte man geputzt und eilig ausgebessert, wo die Fußschellen das Leder durchgerieben hatten. Dann schlüpfte er noch in ein abgewetztes ärmelloses Brokatwams, das sich bequem um seine mächtige Brust schloß. Conan nahm an, daß sein ehemaliger Besitzer ein ziemlich dicker Mann gewesen war. Den breitkrempigen Hut, den man ihm ebenfalls gebracht hatte, probierte er nur kurz und weigerte sich, ihn zu tragen.
»Nicht schlecht«, lobte Santiddio. »Man wird dich zwar nicht gerade für einen von Rimanendos Höflingen halten, aber in der Menge kannst du dich damit schon sehen lassen.«
Sandokazi lachte spöttisch.
»Ich bin sicher, wir werden in Kürze noch etwas Passenderes für dich finden«, sagte Mordermi. »Etwas Modischeres, vielleicht. Aber immerhin suchen die Wachen ja nach einem Barbaren in Lumpen.«
»Ich bin schon zufrieden, wenn ich noch ein gutes Schwert bekomme«, brummte Conan.
»Das sollst du haben. Unsere Waffenkammer ist besser ausgerüstet als unsere Kleiderstube.« Mordermi lächelte. »Wie wäre es mit einem geschmeidigen Rapier? Wir haben verschiedene Arten, auch die lange Duellklinge, mit der du Hauptmann Rinnova in die Ewigkeit befördert hast.«
»Ein Breitschwert wäre mir lieber«, brummte der Cimmerier. Er zog den geraden doppelschneidigen Bihänder allen anderen Waffen vor, bezweifelte jedoch, daß er hier einen finden würde.
»Ja, natürlich.« Mordermi nickte. »Du willst dir sicher selbst eins aussuchen wollen. Ich bringe dich in die Waffenkammer, da hast du eine gute Auswahl. Meine Männer und ich stehlen nur das Beste für uns selbst.«
»Ich werde dir alles bezahlen, sobald ich wieder zu Geld komme«, versicherte ihm Conan.
»Uns bezahlen?« Mordermi schlug ihm lachend auf die Schulter. »Conan, ich sagte dir doch, es ist alles Diebesgut! Außerdem hast du es dir verdient. Ohne dein Eingreifen heute morgen hätten wir das Nachsehen gehabt.«
»Wir verteilen lediglich seine eigenen Produkte an das Volk, um die eine ungerechte wirtschaftliche Struktur sie beraubte ...«
»Oh, halt doch den Mund, Santiddio!« Mordermi stöhnte. »Conan kommt nicht zu uns, um dein Geschwätz zu hören.«
»Aber du schließt dich uns doch an?« fragte Santiddio.
Conan zuckte die Schultern. »Ich heuerte in gutem Glauben in Rimanendos Armee an, und dann legte man mich herein. Ich tötete einen eingebildeten Haudegen in einem Zweikampf, zu dem er mich forderte. Und dafür wollte General Korst mich hängen lassen. Ich verstehe deine hochtrabenden Worte und Theorien nicht, Santiddio. Aber ich habe etwas gegen Rimanendo und seine Schergen – und Mordermi schulde ich etwas für ein gutes Schwert.«
4. Stahl und Träumer
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STAHL UND TRÄUMER
»Er und seine Freunde mögen vielleicht wie Wirrköpfe reden und sich auch so benehmen«, sagte Mordermi, »aber Santiddios Ideen sind im Grunde durchaus vernünftig.«
Klingt ein wenig verteidigend, dachte Conan. Er betrachtete die Klinge mit kritischem Auge. In dem Lagerraum, den Mordermi seine Waffenkammer nannte, gab es mehrere Breitschwerter. Santiddio und seine Schwester hatten sie alleingelassen, als Mordermi dem Cimmerier die Klingen zeigte. Dieses im Wasser gehärtete Schwert erregte Conans besondere Aufmerksamkeit – seinesgleichen war im Westen unüblich.
»Ihr beide scheint mir recht ungewöhnliche Kameraden zu sein«, bemerkte der Cimmerier, während er die Klinge ausprobierte.
»Wieso?« Mordermi lachte erbittert. »Die Grube ist die Zuflucht für frustrierte Träumer – ob sie nun von Rang und Reichtum träumen oder von künstlerischen und gesellschaftlichen Idealen. Rimanendo herrscht wie ein vollgesogener Vampir über Zingara. Immer feister wird er von unserem Blut, während die Edelleute sich ständig etwas Neues einfallen lassen, um uns Besitz und Freiheit zu stehlen. Anderswo könnte Santiddio seine Meinung in der
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