Conan und die Straße der Könige
eine begonnen, und für Rebellen gibt es keine Gnade. Wenn wir als Befreier begrüßt und nicht als Verräter gehängt werden wollen, müssen wir uns nun auf unsere Klingen verlassen – und auf unseren Verstand.«
Das dürfte Callidios' Chancen zunichte machen, überlegte der Cimmerier. Der Stygier war und blieb ihm ein Rätsel. Steckte echter Mut hinter diesen spöttischen Augen, oder hatten die Dämpfe des gelben Lotus ihn der Gefahr gegenüber gleichgültig gemacht? Aber jetzt war nicht die Zeit, sich damit zu beschäftigen. Er rückte sein Breitschwert zurecht.
Sandokazi hatte eine Idee. »Callidios, du kamst doch gestern unbemerkt in unser Hauptquartier. Kannst du nicht einen Zauber wirken, der uns durch Korsts Postenkette bringt?«
»Was?« protestierte der Stygier. »Uns alle drei am hellichten Tag durch dieses Gewühl schaffen? Das ist eine völlig andere Situation. Du erwartest doch auch nicht von einem Gaukler, daß er unedles Metall in Gold verwandelt. Besäße ich solche Kräfte, wäre ich nicht hier.«
»Ich glaube, da hören wir endlich einmal die Wahrheit über die Fähigkeiten, mit denen er so prahlt«, höhnte Conan.
»Was verstehst du schon von Zauberei, Cimmerier?« fauchte Callidios. »Wenn ein Krieger ein meisterhafter Bogenschütze ist, bedeutet das noch lange nicht, daß er genausogut mit dem Schwert umgehen kann. Ich folgte bestimmten Pfaden und anderen nicht. Doch gibt es keinen Lord des Schwarzen Ringes, der jenen Pfad, den ich erwählte, besser kennt.«
»Das kannst du Korsts Streitern sagen, wenn sie uns fragen, was wir hier zu suchen haben«, brummte Conan. »Wir wollen sehen, ob wir Mordermi durch den Tunnel erreichen können, den wir nach dem Beutezug benutzten. Korst kann doch nicht vor jedem Rattenloch Männer postiert haben.«
Damit hatte der Cimmerier recht. Es war ein Dilemma, dessen Korst sich voll bewußt war. Da er gar nicht alle Ausgänge kannte, hatte er statt dessen durch die Straßen, etwa um die Grenzen der Grube, eine Postenkette gelegt und dann drei Kompanien der Königlich Zingaranischen Armee in die unterirdische Stadt geschickt. König Rimanendo hatte ihm freie Hand in bezug auf Mordermis Bande gegeben. Er beabsichtigte, gegen die Grube vorzugehen, als wäre sie eine Festung der Briganten. Wer sich nicht widersetzte, wurde lediglich gefangengenommen – um nach Überprüfung freigelassen oder inhaftiert zu werden. Wer Widerstand leistete, handelte in offener Auflehnung gegen das Kriegsrecht und den Befehl des Königs. Er sollte erbarmungslos niedergemacht werden.
Wenn alles gut ging, würde Korst Mordermi in seinem Bau abriegeln und seine Männer überwältigen, ehe die Banditen sich überhaupt richtig bewußt wurden, daß sie unter Angriff standen. Natürlich war Korst Realist genug, um zu wissen, daß er mit einem solch leichten Sieg nicht rechnen konnte. Eher würde es dazu kommen, daß die gesamte Bürgerschaft der Grube mit Waffengewalt gegen die Soldaten des Königs vorging. Aber er war darauf vorbereitet, falls es erforderlich war, die gesamten Streitkräfte einzusetzen, um Mordermi gefangenzunehmen. Das Leben des Pöbels bedeutete Korst genausowenig wie seinem königlichen Herrn.
Der Tunnel vom Hafen war Korsts Aufmerksamkeit entgangen. Durch ihn kamen die drei unbemerkt durch die Absperrung. Wie lange er unentdeckt bliebe, war eine andere Frage. Conan plante ihn jedenfalls nicht als Fluchtweg ein. Mit Sandokazi und Callidios unmittelbar hinter sich, bahnte sich Conan einen Weg durch das Gewühl und hoffte, Mordermis Festung zu erreichen, ehe Korsts Soldaten die Grube erstürmten.
Conan drängte sich über ein Schlachtfeld, wie er kein ähnliches je gesehen hatte. Unter den Straßen von Kordava war die Grube ein angsterregendes Durcheinander von Gemetzel und blutigen Leibern, das eher an eine ausgedehnte Tavernenprügelei als an eine kriegerische Schlacht erinnerte. Es gab hier keinen offenen Platz, von einem freien Feld ganz zu schweigen, nur Straßen und Häuser, wo dichtgedrängt gekämpft wurde, während sich eine dichte Rauchdecke herabsenkte. Conans Lunge brannte, und der Lärm schmerzte seine Ohren. Er hatte einmal die Schlacht zweier Ameisenarmeen um einen Ameisenhügel beobachtet. Er hatte ein Stück des Hügels abgehoben und über den erbarmungslosen Kampf gestaunt, den Angreifer und Verteidiger sich in dem Labyrinth lieferten. Das fiel ihm jetzt ein, als er sich durch die verstopften Gassen der unterirdischen Stadt drängte.
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