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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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erschlaffte dann, als der Damaszenerstahl ihn entzweiteilte.
    Von einem Blutstrahl getrieben, der so dick war wie sein Handgelenk, kam die Klinge wieder heraus. Das Pferd bäumte sich auf, so dass die juwelenbesetzten Sporen des Herzogs wild durch die Luft fuhren. Jack trat zur Seite, zog dabei mit seiner freien Hand eine Pistole aus dem Hosenbund und schoss dem Adjutanten, der die Dokumente mitgebracht hatte, eine Kugel in den Kopf. Der Herzog konnte sich gerade noch im Sattel halten, als sein Pferd ein paar Schritte vorwärtsstürzte und dann zur Seite fiel und dabei ein Bein des Herzogs unter sich begrub und (wie Jack hören konnte) brach.

    Jack blickte auf und sah, dass Pierre de Jonzac, höchstens zwei Yard von ihm entfernt, eine Pistole auf ihn richtete. Moseh hatte inzwischen die Zunge vorgeschoben und sich in Bewegung gesetzt. Ein fliegendes Beil blieb in de Jonzacs Schulter stecken und sorgte dafür, dass er die Waffe fallen ließ. Einen Augenblick später brach sein Pferd nach einem Schuss in den Kopf zusammen, und er wurde Jack praktisch vor die Füße geschleudert. Jack bückte sich und griff nach der Pistole, richtete sie auf de Jonzacs Kopf, bewegte den Lauf dann kaum merklich zur Seite und feuerte in den Boden.
    »Meine Leute glauben jetzt, Ihr wärt tot, und werden keine weiteren Kugeln auf Euch verschwenden«, sagte Jack. »In Wirklichkeit habe ich Euch leben lassen, aber nur zu dem einen Zweck, dass Ihr Euch nach Paris durchschlagen und dort Folgendes berichten könnt: dass die Tat, deren Zeuge Ihr gleich sein werdet, für eine Frau begangen wurde, deren Namen ich nicht nennen werde, denn sie weiß, wer sie ist; und dass sie begangen wurde von ›Schuss-in-den-Ofen‹-Jack Shaftoe, L’Emmerdeur , dem König der Landstreicher, Ali Zayback: Quecksilber!«
    Mit diesen Worten ging er hinüber zu dem Duc d’Arcachon, der sein Bein unter seinem Pferd herausgezogen hatte und jetzt, ohne Hut und Perücke, auf einen Ellbogen gestützt dalag, während die gezackten Enden seiner Beinknochen sich durch den blutigen Stoff seiner Seidenstrümpfe bohrten.
    »Eigentlich sollte ich Euch eine umfassende Beschreibung Eurer Sünden geben und Euch erklären, warum Ihr dies verdient«, verkündete Jack, »aber dazu ist jetzt keine Zeit. Es reicht wohl, wenn ich sage, dass ich an eine Mutter und deren Tochter denke, die Ihr einst entführt, entehrt und in die Sklaverei verkauft habt.«
    Der Herzog, der völlig perplex wirkte, dachte einen Moment darüber nach und fragte dann: »Welche denn?«
    Da ließ Jack die funkelnde Klinge des Janitscharenschwerts wie einen Donnerkeil herabsausen, und der Kopf von Louis-François de Lavardac, Herzog von Arcachon, hüpfte und drehte sich im Staub von Khan el-Khalili im Schoß der Mutter der Welt, und der Staub der Sahara fing an, die Linsen seiner Augen zu trüben.
     
    Wegen der Staubspritzer, die überall um ihn herum vom Boden aufstoben, kam es Jack jetzt vor, als würde es regnen. Franzosen, Janitscharen oder beide hatten von oben das Feuer auf ihn eröffnet – nun,
da Jack anscheinend die drei Franzosen in der Gasse getötet hatte, fühlten sie sich dazu berechtigt. Monsieur Arlanc und Nasr al-Ghuráb hatten sich aus dem Staub gemacht. Jack rannte in den Stall, der zum Schauplatz einer sonderbaren Art von Hallenkampf geworden war. Nyazis Leute und die Verschwörer waren in der Unterzahl. Sie hatten jedoch eine Menge Zeit gehabt, Stellungen zwischen den Heuhaufen und Wassertrögen des Pferdestalls vorzubereiten und zwischen den Säulen Stolperdrähte zu spannen. Sie hätten sich die Franzosen und Türken den ganzen Tag vom Leib halten können, wenn nicht der Stall angefangen hätte zu brennen – möglicherweise durch Brandstiftung, viel eher aber durch das Mündungsfeuer einer Waffe. Jack machte einen Satz in einen Trog, woraufhin er und seine Kleider vor Nässe trieften, und rannte dann durch einen anscheinend ungezielten Kugelhagel hindurch nach hinten, wo Jewgeni, Padraig, Jeronimo, Gabriel Goto, der nubische Eunuch und einige Männer aus Nyazis Clan wie wild Heuhaufen nach Goldbarren durchwühlten und diese auf schwere Wagen luden. Die davorgespannten unruhigen Pferde hatten Getreidesäcke über den Köpfen, damit sie die Flammen nicht sahen – ein billiger Trick, auf den sie nicht mehr lange bauen konnten. Mit einem Blick überschlug Jack, dass etwas mehr als die Hälfte des Goldes geborgen war.
    Moseh, Vrej und Surendranath mit ihrem kaufmännischen Talent für Zahlen

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