Confusion
ihm.«
Jeronimo trat vor, rang in einer frommen Geste die Hände und begann, ein paar lateinische Worte zu murmeln; doch dann ging sein Dämon mit ihm durch und er rief: »Verdammt! Ich glaube nicht an Gott!
Ich schwöre bei euch allen – Vagabunden, Niggern, Ketzern, Itzigs und Kameltreibern -, denn ihr seid die einzigen Freunde, die ich je hatte.«
Der Duc d’Arcachon war aus seinem vergoldeten Flusskahn gestiegen und ritt nun, begleitet von einigen Adjutanten, ein oder zwei türkischen Beamten und einer gemischten Kompanie aus gemieteten Janitscharen und französischen Elite-Dragonern, auf einem weißen Pferd zum Khan el-Khalili. Hinter ihnen drein rumpelten mehrere sehr schwer gebaute leere Wagen, wie man sie benutzte, um behauene Felsblöcke durch die Straßen zu fahren. So viel wusste die Verschwörertruppe eine halbe Stunde im Voraus – sie hatten es von den Botenjungen erfahren, die wie Schirokkos durch die Straßen von Kairo fegten.
Alle Juweliermeister der Stadt waren vom Duc d’Arcachon in Dienst genommen – oder aber bestochen worden, keinerlei Arbeit für die Verschwörer zu übernehmen – und kamen jetzt an einem bestimmten Tor des Khan el-Khalili zusammen, um auf den Herzog zu warten. Das war unter sämtlichen Juden der Stadt, Moseh eingeschlossen, allgemein bekannt.
Ein Flachboot mit geringem Tiefgang wartete am Ende eines Kanals, der sich durch die Stadt wand und schließlich mit dem Nil verband. Von der Karawanserei war das, wenn man durch eine bestimmte Straße ging, nur eine halbe Meile entfernt, und die Leute, die an dieser Straße wohnten, hatten ihre Stühle und Wasserpfeifen in die Häuser geräumt, trieben ihre Hühner zusammen und hielten an diesem Tag ihre Türen verriegelt und die Fensterläden geschlossen, denn seit dem vergangenen Abend hatten hier gewisse Gerüchte die Runde gemacht.
Es wurde Nachmittag, bis das Geklapper und Gerumpel des herzoglichen Gefolges bis in den stillen Hof drang, in dem Jack im sanften Licht der über ihm ausgebreiteten Zeltleinwand stand. Er atmete tief ein. Es roch nach Heu, Staub und Kameldung. Eigentlich hätte er Angst haben oder zumindest aufgeregt sein müssen. Stattdessen verspürte er ein Gefühl des Friedens. Denn diese Gasse war der Schoß im Zentrum der Mutter der Welt, der Ort, an dem alles seinen Anfang genommen hatte. Die Messe von Linz und das Haus des Goldenen Merkur in Leipzig und der Damplatz in Amsterdam waren seine jungen, ungestümen Enkelkinder. Wie das Auge eines Zyklons war die
Gasse vollkommen ruhig; aber um sie herum, das wusste er, kreiste der Strudel aus flüssigem Silber. Hier gab es keine Herzöge und keine Vagabunden; alle Menschen waren gleich, wie im Augenblick ihrer Geburt.
Die Zurufe und Begrüßungsformeln wurden durch die Heuhaufen im Stall stark gedämpft; Jack konnte nicht einmal die Sprache erkennen. Dann hörte er Pferdehufe über den Steinfußboden klappern und näher kommen.
Er ließ die Hand auf dem Knauf seines Schwertes liegen und rezitierte ein Gedicht, das ihm vor langer Zeit beigebracht worden war, während er in der Biegung eines Baches in Böhmen stand:
Scharfe Klinge,Vollkommenheit genannt,
Vom Schlangengift getränkt, das Feinde bannt.
Schneller Schnitt, wen’s trifft, des Blut ist verbrannt;
Juwelen schlägt es aus der Marmorwand.
»Das ist er?!«, fragte eine Stimme auf Französisch. Jack wurde bewusst, dass er die Augen geschlossen hatte, und als er sie öffnete, sah er einen Mann auf einem weißen, rosaäugigen cheval de parade . Seine Perücke war vollkommen, ein Admiralshut saß obendrauf, und vier kleine schwarze Schönheitsfleckchen waren in sein weißes Gesicht geklebt. Er starrte Jack einigermaßen beunruhigt an, so dass der aus Angst, bereits erkannt worden zu sein, um ein Haar nach einer der Pistolen in seiner Schärpe gegriffen hätte. Doch ein anderer Chevalier, der zur Linken des Herzog Knie an Knie mit ihm ritt, beugte sich aus dem Sattel zu ihm hinüber und antwortete: »Ja, Eure Hoheit, das ist der Agha der Janitscharen.« Jack erkannte in diesem Reiter Pierre de Jonzac.
»Er muss vom Balkan kommen«, bemerkte der Herzog, anscheinend wegen Jacks europäischer Hautfarbe.
Ein dritter französischer Chevalier ritt zur Rechten des Herzogs. Er räusperte sich vielsagend, als Monsieur Arlanc aus dem Stall auftauchte und sich links neben Jack stellte. Offensichtlich sollte das ein warnender Hinweis an den Herzog sein, dass sie sich jetzt in der Gegenwart eines Mannes
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