Confusion
und französische und irische Truppen werden in guter Ordnung bis vor Eure Schwelle in der Strand marschieren,
um ihren Sold zu empfangen!« Was patriotischen Jubel, eine stehende Ovation und sogar ein paar geworfene Buketts vonseiten des Publikums hervorrief.
»Aber wenn ich noch einmal in die Rolle des ungehobelten Bankiers schlüpfen darf«, sagte Étienne – der seinen Posten in »Lyon« verlassen hatte, um sich die Lösung des Knotens anzusehen – »warum um alles in der Welt sollte die Englische Münze Münzen prägen, deren Zweck darin besteht, eine Invasion Englands zu finanzieren?«
Das brachte die Menge so gründlich zum Schweigen, dass Étienne ein schlechtes Gewissen bekam und eine nach allen Anzeichen zu urteilen längere und umfassende Entschuldigung zu formulieren begann. Doch Eliza wollte nichts davon wissen. »Ihr kennt England nicht!«, sagte sie. »Ich dagegen schon, denn ich bin Merkur. England zerfällt in Fraktionen. Diejenige, die im Augenblick an der Macht ist, heißt Tories, und sie machen kein Geheimnis daraus, dass sie den Usurpator verabscheuen und aus dem Land jagen wollen. Unsere Invasionspläne beruhen ja gerade darauf, dass die englische Marine wegsehen wird, wenn unsere Flotten den Kanal überqueren, und dass das gemeine Volk von England und ein Großteil des Heeres mit Freuden das Joch des Holländers abschütteln und unsere französischen und irischen Soldaten mit offenen Armen willkommen heißen werden. Ausgehend von diesen Annahmen darf man ohne weiteres vermuten, dass die Tory-Herren der Münze ein paar Münzen für das Haus von Hacklheber prägen werden...«
»Oder mit welcher Bank auch immer wir das Geschäft zu machen beschließen«, warf Pontchartrain ein.
»...ohne allzu viele peinliche Fragen nach dem Verwendungszweck dieser Münzen zu stellen.«
»Ja – nun sehe ich das Ganze vor mir, als hättet Ihr ein Bild gemalt«, sagte Étienne. Worauf die meisten Gäste ihren Augen einen versonnenen Blick zu verleihen versuchten, als betrachteten sie verzückt dasselbe Bild, das Étienne vor seinem geistigen Auge sah.
Doch es gab auch Ausnahmen: »Samuel Bernard«, außerstande oder nicht bereit, von der Verkörperung des Ränke schmiedenden Juden zu lassen, die ihm so viele Lacher und so viel Aufmerksamkeit verschafft hatte, befand sich noch immer im Petit Salon, wo er zwischen »Paris« und »Lyon« hin und her stürmte, mit seinem Stock herumfuchtelte und zu wissen verlangte, wann er denn nun etwas von dem Kies zu sehen bekommen werde, von dem Monsieur le Comte
de Pontchartrain so überzeugend gesprochen hatte; und »Castan«, sein Billard-, Finanz- und mittlerweile auch Trinkpartner (denn sie hatten sich einer Karaffe mit etwas Braunem darin bemächtigt) ließ sich in der Sache ebenfalls laut vernehmen. »Was haben sie denn?«, erkundigte sich Étienne.
»Unbesorgt, ›Lothar‹«, sagte Eliza. »Ihr werdet Euer Geld zurückbekommen.«
Étiennes Stirn furchte sich. »Ganz recht – das hatte ich völlig vergessen! Ich habe noch keinen Kies gesehen! Ist das der Grund, warum sich die beiden so aufregen?«
Pontchartrain wechselte einen verständnisinnigen Blick mit Eliza und mischte sich ein. »Diese beiden, Monsieur, haben gerade etwas entdeckt, was man Liquiditätsrisiko nennt.«
»Das klingt ja schrecklich!«
»Unbesorgt, Monsieur le Duc. Es handelt sich um ein Phantom. Wir haben dergleichen in Frankreich nicht.«
»Ein Glück«, sagte der Duc d’Arcachon. »Ich hatte mir schon ein wenig Sorgen gemacht – dabei bin ich nicht einmal Bankier!«
Eliza an Lothar von Hacklheber
12. APRIL 1692
Mein Herr,
Der Stolz ist ein Laster, für das eine Frau nicht weniger anfällig ist als ein Mann, und für mich gilt das vielleicht in noch stärkerem Maße als für andere Frauen. Wie andere Laster auch maßt sich der Stolz in der Menschenbrust so viel Raum an, wie er nur beanspruchen kann, und ist neidisch auf den, welchen die Tugenden innehaben, die er stets niederzutrampeln oder zu vertreiben sucht.
Als ich vor achtzehn Monaten in das Kinderzimmer des kleinen Johann stürzte und seine Wiege leer fand, begann in meiner Seele ein Krieg. Auf der einen Seite stand die Tugend der Liebe: die natürliche Liebe einer Mutter zu ihrem Kind. Auf der anderen stand das Laster des Stolzes: verletzten, gekränkten, und gedemütigten
Stolzes. Nicht nur, dass ich besiegt worden, sondern dass dies geschehen war, während ich weit weg an einer vornehmen Soirée teilnahm, anstatt zu Hause
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