Congo
Frauen vergingen, von Riesen mit behaarten Leibern und flachen Nasen, von Geschöpfen, halb Mensch, halb Leopard, von Eingeborenenmärkten, auf denen die Leichname gemästeter Menschen zerlegt und als Köstlichkeit feilgeboten wurden.
Die abschreckende Wirkung solcher Berichte reichte aus, die Araber an der Küste zu halten, trotz anderer durchaus verheißungsvoller Erzählungen, in denen zum Beispiel von Bergen aus glänzendem Gold die Rede war, von Flußbetten, die vor Diamanten glitzerten, von Tieren, die die Sprache der Menschen sprachen, und von großen Dschungelkulturen von unglaublicher Pracht.
Besonders eine Geschichte tauchte in diesen frühen Berichten immer wieder auf: die Geschichte von der toten Stadt Zinj [ Die sagenumwobene Stadt Zinj bildete die Grundlage für den (auch in Deutschland bekannten und mehrfach ins Deutsche übersetzten) Roman von H. Rider Haggard Die Schätze des König Salomo der zuerst 1885 erschien. Haggard, Kenner zahlreicher Sprachen, hatte 1875 dem Gouverneur von Natal gedient und erfuhr zu jener Zeit vermutlich von den benachbarten Zulus etwas über Zinj. ].
Der Legende nach war eine den Juden aus der Zeit König Salomons bekannte Stadt eine Quelle unermeßlichen Reichtums an Diamanten gewesen.
Die Karawanenstraße zu dieser Stadt wurde stets eifersüchtig bewacht und die Kenntnis davon als heiliges Geheimnis durch Generationen hin vom Vater an den Sohn weitergegeben. Aber die Diamantenvorkommen waren erschöpft, und die Stadt lag nunmehr in Schutt und Trümmern, irgendwo im dunklen Herzen Afrikas. Die beschwerlichen Karawanenwege waren längst vom Urwald überwuchert, und der letzte Händler, dem der Weg bekannt gewesen war, hatte sein Geheimnis schon vor Jahrhunderten mit ins Grab genommen.
Diesen rätselhaften Ort nannten die Araber die tote Stadt Zinj. Doch trotz ihres fortdauernden Nachruhms hatte Sarah Johnson nur wenig über sie in Erfahrung bringen können. 1187 berichtete Ibn Baratu, ein Araber aus Mombasa: »Die hiesigen Eingeborenen sprechen von einer toten Stadt weit im Landesinnern, die sie Zinj nennen. Ihre schwarzen Bewohner lebten dereinst in Reichtum und Luxus, und selbst die Sklaven schmückten sich mit Juwelen, vor allem mit blauen Diamanten, von denen es dort eine Unzahl gibt.«
1292 erwähnte ein Perser namens Mohammed Said, daß »ein Diamant von der Größe einer geballten Männerfaust in den Straßen von Sansibar zur Schau gestellt wurde. Es heißt, er komme aus dem Landesinnern, wo man die Ruinen einer Stadt namens Zinj finden kann. Dort gebe es überall im Boden und ebenso in Flüssen eine Fülle solcher Diamanten…« 1334 berichtete ein Araber, Ibn Mohammed: »Unsere Gruppe traf Anstalten, die Stadt Zinj zu suchen, aber wir gaben unsere Suche auf, als wir erfuhren, daß sie seit langem verlassen ist und in Trümmern liegt. Es heißt, das Aussehen der Stadt sei wunderlich und fremd, denn Türen und Fenster hätten die Rundung eines Halbmonds, und die Gebäude würden inzwischen von gewalttätigen haarigen Menschen bewohnt, die keine der bekannten Sprachen sprechen…«
Dann kamen die Portugiesen, diese unermüdlichen und unerschrockenen Forscher. Um 1544 wagten sie sich von der Westküste, dem mächtigen Kongo folgend, ins Landesinnere vor, doch stießen sie bald auf all die Hindernisse, die noch jahrhundertelang jeglicher Erforschung Zentralafrikas im Wege stehen sollten. Der Kongo war lediglich bis zu den ersten Stromschnellen befahrbar, gut dreihundert Kilometer ins Landesinnere, bis dahin, wo die heutige Stadt Kinshasa liegt, das ehemalige Leopoldville. Die Eingeborenen waren Kannibalen und den Weißen feindlich gesonnen. Dazu kam, daß der vor Hitze dampfende Dschungel Ursprung zahlreicher Krankheiten war — Malaria, Schlafkrankheit, Bilharziose und Schwarzwasserfieber —, welche die fremden Eindringlinge dezimierten.
Die Portugiesen gelangten nie ins Innere des Kongo-Gebiets, und auch die Engländer hatten 1644 unter Captain Brenner kein Glück — die gesamte Expedition ging verloren. Der Kongo widersetzte sich zweihundert Jahre lang der Erforschung und blieb ein weißer Fleck auf den immer genaueren Weltkarten. Doch berichteten auch die frühen Eroberer die Legenden über das Landesinnere, darunter die Geschichte von Zinj. Ein spanischer Maler portugiesischer Herkunft, Juan de Valdes Leal, zeichnete 1642 ein später weithin bekannt gewordenes Bild von der toten Stadt Zinj.
»Allerdings«, fügte Sarah Johnson hinzu, »zeichnete er auch
Weitere Kostenlose Bücher