Congo
— aber die Militärs hielten trotzdem ihr Pulver trocken. Für den Fall einer Berührung mit fremden Intelligenzformen waren linguistische Grundlagen offenbar von besonderer Wichtigkeit. Da es als Beispiel einer Berührung mit »Arten fremder Intelligenz« angesehen wurde, daß jemand Primaten mit in die freie Natur nahm, unterstützte die amerikanische Luftwaffe dieses Projekt. Pearl hatte vorausgesagt, der erste dieser praktischen Versuche werde vor dem Jahre 1976 stattfinden, tatsächlich jedoch war es noch nicht dazu gekommen. Der Grund dafür war, daß bei näherer Untersuchung niemand genau sagen konnte, worin die Vorzüge eines solchen Verfahrens bestehen sollten — die meisten mit einer Sprache vertrauten Primaten reagierten auf wildlebende Artgenossen ebenso verwirrt wie Menschen. Einige, wie der Schimpanse Arthur, wollten mit ihrer eigenen Art nichts zu tun haben und bezeichneten deren Angehörige als »schwarze Dinger«. Amy, die bei einem Zoobesuch andere Gorillas gesehen hatte, erkannte sie zwar, benahm sich aber sehr hochmütig und nannte sie »dumme Gorillas«, als sie erst einmal gemerkt hatte, daß sie nicht antworteten, wenn sie ihnen Zeichen machte. Solche Beobachtungen veranlaßten 1977 einen anderen Forscher, John Bates, zu der Aussage: »Wir ziehen uns eine Elite von ausgebildeten Tieren heran, die die gleiche arrogante Erhabenheit an den Tag legt, die ein Doktor der Philosophie einem Lkw-Fahrer gegenüber bekundet… Es ist höchst unwahrscheinlich, daß diese sprachfähigen Primaten geeignete Botschafter in der freien Natur sein werden. Dazu sind sie einfach zu eingebildet.« In Wahrheit aber wußte niemand wirklich, was geschehen würde, wenn man einen Primaten mit hinausnahm in die freie Natur. Das war bisher noch nicht vorgekommen. Amy würde die erste sein. Um dreiundzwanzig Uhr rollte die Frachtmaschine der ERTS über die Startbahn des internationalen Flughafens von San Francisco, erhob sich schwerfällig in die Luft und strebte durch die Dunkelheit ostwärts, nach Afrika.
3. Tag
Tanger
15. Juni 1979
1. Wahrheit des Bodens
Peter Elliot kannte Amy seit ihrer frühen Kindheit. Er war stolz darauf, daß er ihre Reaktionen vorhersagen konnte, obwohl er sie immer nur unter den kontrollierten Bedingungen einer Laborumgebung erlebt hatte. Jetzt, da sie sich neuen Situationen konfrontiert sah, überraschte ihn ihr Verhalten. Er hatte angenommen, der Start werde Amy erschrecken, und hatte daher eine Spritze mit dem Beruhigungsmittel Thoralen vorbereitet, die sich jedoch als überflüssig erwies. Als die Menschen die Sitzgurte anlegten, tat Amy es ihnen sogleich nach. Sie schien es als lustiges, wenn auch etwas einfältiges Spielchen zu betrachten. Obwohl ihre Augen sich weit öffneten, als sie das Dröhnen der Triebwerke unter Vollast hörte, ahmte sie die gelassene Gleichgültigkeit der Menschen um sie herum nach, die davon nicht beeindruckt schienen.
Es ging so weit, daß sie die Brauen hochzog und gelangweilt stöhnte. Als die Maschine in der Luft war, blickte Amy aus dem Fenster und geriet sofort in panisches Entsetzen. Sie löste ihren Sitzgurt und lief von einem Fenster des Fluggastabteils zum anderen, schob die Menschen in jammervollem Schrecken beiseite und fragte immer wieder mit sich rasch bewegenden Händen: Wo Boden Boden wo Boden? Elliot gab ihr nun doch das Thoralen und trieb dann soziale Körperpflege, das heißt, er brachte sie dazu, sich zu setzen, und zupfte sie an den Haaren. In der Wildnis verwenden Primaten täglich mehrere Stunden auf die gegenseitige Körper-und Fellpflege. Sie »lausen sich«, wie man sagt, da sie sich dabei gegenseitig auch nach Zecken und Läusen absuchen. Die Art und die Häufigkeit, mit der die Tiere einander pflegten, war von Bedeutung für die Einstufung in der Hierarchie der Gruppe. Das »Lausen« scheint eine besänftigende Wirkung zu haben. Amy hatte sich in wenigen Minuten so weit entspannt, daß sie bemerkte, wie die anderen tranken. Prompt verlangte sie ein »Grün-Tropfen-Trinken« — so bezeichnete sie einen Martini mit einer Olive darin — und eine Zigarette. Bei besonderen Gelegenheiten, zum Beispiel bei Institutsfeiern, wurde ihr das gestattet, und auch jetzt gab Elliot ihr ein Glas und eine Zigarette.
Aber die Aufregung war doch zu groß für sie, und nach einer Stunde, in der sie still aus dem Fenster sah und für sich selbst die Zeichen für Bild hübsch machte, erbrach sie sich. Sie entschuldigte sich geradezu unterwürfig
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