Conni & Co, Band 4: Conni, Anna und das wilde Schulfest
mit ansehen zu müssen, ist immer ein Schock.« Sie nimmt Connis Gesicht in beide Hände. »Aber oft sieht es schlimmer aus, als es ist. Das musst du mir glauben.«
Conni befreit sich aus ihren Händen und zieht sich die Wolldecke bis ans Kinn. »Aber es war so schrecklich! Arme Anna ...« Sie krampft die Finger in den weichen Wollstoff und schluchzt auf. Dann erzählt sie noch einmal ganz genau, was passiert ist: von ihrem Versteck unter der Tanne, wie Anna sie entdeckt hat und wütend weggerannt ist und schließlich von den Radfahrern, die ein Wettrennen ausgetragen haben.
Conni hat das Gefühl, sie muss es immer wieder erzählen, weil es dadurch vielleicht weniger schlimm wird. Aber das stimmt nicht. Je mehr sie an den Unfall denkt und darüber spricht, umso lebendiger werden die Bilder: Anna im Gras neben dem Weg, ihr bleiches Gesicht, das Blut ...
Jakob ist ins Wohnzimmer gekommen und hört mit großen Augen zu. Papa nimmt ihn schnell in den Arm.
»Ich kenne den Chefarzt der Kinderklinik«, sagt Mama. »Ich bin sicher, dass Anna bei ihm in den besten Händen ist.« Sie steht auf und geht zu ihrer Arzttasche, die neben dem Schreibtisch steht. Sie holt ein kleines Fläschchen heraus und träufelt ein paar Tropfen auf einen Plastiklöffel. »Wenn Anna eine Gehirnerschütterung und einen Beinbruch hat, geht es ihr bald besser. Heute ist Freitag, vielleicht dürft ihr sie am Sonntag schon besuchen.« Sie hält Conni den Löffel hin. »Nimm das mal. Ruh dich aus und schlaf ein bisschen.«
»Ich will aber nicht schlafen«, schnieft Conni.
»Es wird dir bestimmt guttun«, meint Papa. Er streicht Conni über die Stirn. »Ich bleibe bei dir. Wenn du wieder wach bist, rufen wir Annas Eltern an. Bestimmt können sie uns schon sagen, wie es Anna geht und wann ihr sie besuchen könnt.«
Widerwillig schluckt Conni die bitteren Tropfen und verzieht das Gesicht.
»Ich kann Anna nicht besuchen«, sagt sie leise. »Sie will mich nicht mehr sehen.«
Sie lässt sich in die Sofakissen zurückfallen und erzählt ihren Eltern von Moonwalker und dass sie und Billi und Dina Anna vor dem Fremden beschützen wollten.
Mama und Papa hören aufmerksam zu.
»Mach dir keine Vorwürfe«, sagt Papa. »Ich glaube, ich hätte an eurer Stelle genauso gehandelt. Ihr habt euch Sorgen gemacht, undAnna wollte nicht auf euch hören. Dass es zu dem Unfall gekommen ist, ist eine Verkettung unglücklicher Umstände. Es ist nicht eure Schuld.«
»Ihr könnt wirklich nichts dafür«, stimmt Mama ihm zu. »Und ich bin sicher, dass Anna das auch weiß.«
»Wirklich?« Conni schließt die Augen.
»Ganz bestimmt.« Mama zieht die Decke glatt und gibt Conni einen Kuss. »Versuch jetzt ein bisschen zu schlafen. Wir sind hier.«
Als Conni aufwacht, ist es still im Wohnzimmer. Mama sitzt in einem Sessel und liest. Papa hilft Jakob beim Puzzeln. Auf dem Tisch steht ein großer Teller mit belegten Brötchen. Daneben steht eine runde Kakaokanne auf einem Stövchen und verströmt einen aromatischen Schokoduft im Raum.
Mau hat sich in Connis Armbeuge zusammengerollt. Er hebt den Kopf und schnurrt leise, als er merkt, dass sie wach ist. Conni streichelt ihn. Sie spürt, wie ihr sofort wieder Tränen in die Augen schießen.
Mama steht auf und setzt sich neben sie. »Ich hab mit Annas Mutter telefoniert«, sagt sie, während sie Conni eine Haarsträhne aus der Stirn streicht. »Anna geht es gut. Sie hat eine leichte Gehirnerschütterung und mehrere Schürfwunden. Außerdem ist ihr Sprunggelenk angebrochen. Sie wird ein paar Tage zur Beobachtung in der Klinik bleiben müssen. Aber es besteht kein Grund zur Besorgnis. Du musst keine Angst mehr haben. Ihr könnt Anna jederzeit besuchen.«
Conni schmiegt sich in den Arm ihrer Mutter und zieht geräuschvoll die Nase hoch. »Das ist gut«, murmelt sie, während inihrem Kopf alles durcheinanderpurzelt. Sie fühlt sich erleichtert und traurig und unheimlich müde – alles zugleich. Aber Anna geht es gut. Das ist die Hauptsache.
»Möchtest du etwas essen?« Mama zieht den Teller näher heran, aber Conni wird schon vom bloßen Anblick der belegten Brötchen schlecht. Sie schüttelt den Kopf.
»Nur was trinken«, sagt sie.
Mama gießt den heißen Kakao in einen Becher und reicht ihn Conni. Die umklammert den Becher mit beiden Händen. »Alles wird gut«, sagt Mama noch einmal. Conni nickt.
Als sie später in ihrem Bett liegt und an die Decke starrt, kommt ihr der vergangene Tag wie ein einziger böser
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