Constantine
sie gar nicht wissen, wohin mit ihrem Geld.« Er warf ihr einen scharfen Blick zu. »Du wolltest es wissen, Lizzie.«
Ja, und jetzt wusste sie es. »Hast du …« Die Worte blieben ihr im Hals stecken. Wollte sie die Antwort wirklich wissen?
»Ob ich was habe?«
»Jemals jemanden getötet?«
»Nein.«
Eine Welle der Erleichterung durchfuhr sie.
Er lächelte. »Dann besteht noch Hoffnung für mich?«
»Danke, dass du so ehrlich zu mir bist.«
»Danke, dass du … wissen möchtest, was in meinem Kopf vorgeht.« Er hob eine Schulter. »Das weißt du ja dann jetzt.«
Wusste sie das wirklich? Zumindest kannte sie jetzt seine Vergangenheit, und die sah ziemlich finster aus.
Und doch war sie sicher, dass dieser Mann, der vor ihr stand, aus gutem Holz geschnitzt war.
»Ich weiß es nicht«, sagte sie aufrichtig. »Ich finde nicht gut, was du getan hast, aber ich habe das Gefühl, dass in dir noch ein ganz anderer Kerl steckt.«
Er sagte nichts, doch sein Gesicht verriet, was er empfand – Dankbarkeit, Überraschung, Hoffnung.
Draußen waren plötzlich laute Schritte zu hören, dann klopfte jemand energisch an die Tür. »Miss Dare?«
»Gabby!« Lizzie schwang sich vom Bett, während Con den Gast hereinließ.
Gabby, die eine große Tasche über der Schulter trug, füllte den engen Türrahmen voll aus. Die Sorge stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Ich habe gehört, Sie haben Ihre Schwester nicht gefunden.«
»Mrs Bettencourt sagte, sie sei mit der Fähre nach Flores gefahren.«
Gabby blickte Con an, dann wieder Lizzie und runzelte die Stirn. »Unmöglich. Ich habe heute Nachmittag die Fähre genommen und bin gerade erst zurückgekommen. Das Boot ist so klein, dass kaum zwanzig Leute daraufpassen.«
»Sie sagte, Brianna sei heute Morgen gefahren.«
Gabby schüttelte den Kopf. »Heute Morgen ist die Fähre wegen hohem Seegang ausgefallen. Ich weiß das, weil ich eigentlich damit fahren wollte. Ihre Schwester war nicht auf der Fähre.«
»Ist sie vielleicht geflogen?«
»Nein«, sagte Con. »Das habe ich schon überprüft. Wir haben die Namen aller Passagiere gesehen, die heute von Corvo abgeflogen sind, schon vergessen?«
»Auf anderem Weg kann man Corvo nicht verlassen, es sei denn, man hat ein eigenes Boot.« Gabby runzelte die Stirn. »Das gefällt mir nicht.«
»Was meinen Sie?«, fragte Lizzie.
»Diese Bettencourt ist unberechenbar. Und auch wenn ich die Einzige bin, ich glaube nicht daran, dass Anas Sturz von der Windmühle ein Selbstmord war.«
»Ob wir den Motorroller noch mal haben können?«, fragte Con.
Gabby nickte. »Kein Problem.«
»Ich werde Mrs Bettencourt noch einmal einen Besuch abstatten.« Er fasste um das Bett herum und zog seine Glock heraus. »Aber diesmal werde ich als Erster ziehen.«
»Ich komme mit«, verkündete Lizzie. Auf seinen Blick hin hob sie die Hand. »Du brauchst gar nicht so zu schauen. Sie ist meine Schwester, und ich komme mit. Basta.«
21
Sengender Schmerz strahlte aus Briannas Schulter, wie ein Feuerstrang, der sich von der Brust bis zum Rücken mitten durch ihr Fleisch zog.
Das bedeutete, dass sie noch am Leben war.
Sie musste alle Kräfte aufbieten, um die Augen zu öffnen und gegen die Ohnmacht anzukämpfen. Wieder und wieder blinzelte sie, doch ihr Blick blieb trüb, sie sah nur graue Schatten vor sich. Der Geruch von Erde, Meerwasser und etwas Metallischem erfüllte ihre Nase.
Schießpulver.
Bei dem Gedanken hob sie alarmiert den Kopf und hörte ein saugendes Geräusch, als sie ihn von dem klebrig-feuchten Boden löste. Es war Blut! Ihr Blut.
»Oh Gott«, wimmerte sie. Diese Wahnsinnige hatte auf sie geschossen.
Wo war sie hin? Stand sie über ihr, die Waffe auf ihren Kopf gerichtet und bereit, sie in dieses Räderwerk zu stoßen, das aus einem Horrorfilm zu stammen schien? Warum sagte sie nichts?
Mit äußerster Anstrengung richtete sich Brianna auf und eine Welle von Schwindel und Übelkeit erfasste sie, als sie hörte, wie eines der massiven Zahnräder in unmittelbarer Nähe vorbeirollte.
Es gelang ihr den Kopf hochzunehmen, und ihre Knie bohrten sich in den harten Steinboden, während sie eine Hand auf ihre Wunde presste. Die Irre hatte ihr Herz verfehlt, aber die Schulter getroffen. Ob die Kugel noch darin steckte?
Schwer zu sagen. Ebenso schwer zu sagen, wohin die Frau gegangen war. Die Tür nach draußen war zu, sodass auch kein Licht hereinkam. Die Kante konnte sie trotzdem erkennen. Wenn sie da hinunterfiel …
Der grauenvolle
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