Conte-Krimi - 13 - Hetzjagd am Grünen See
ein. Alles erweckte den Eindruck von Normalität.
Steiner verteilte rote Warnwesten an die Jäger und Jagdgehilfen. In seinen Augenwinkeln erkannte er, wie Schnur schusssichere Westen an die Treiberwehr reichte und ihnen etwas von neuen Sicherheitsvorkehrungen erzählte. Er sah in seiner grünen Jägertracht weniger sportlich aus. Steiner musste sich ein Schmunzeln unterdrücken.
»Was tust du da?«, fragte er seinen ehemaligen Kollegen.
»Ich sorge für eure Sicherheit. Das gilt in besonderem MaÃe für dich und Rolf West. Solange wir nichts anderes wissen, steht ihr beide ganz oben auf der Wunschliste des Mörders«, erklärte Schnur.
Rolf West kam plötzlich aus der Menge, bemühte sich, die steife Weste über seinen dicken Bauch zu quetschen und fragte: »Hast du irgendwas von meinem Sohn gehört?«
Er sah schlecht aus. Wie wollte er die Strecke der Treiber durchhalten?
»Nein! Tut mir leid! Mit der Entführung von Steiners Tochter hat er nichts zu tun. Er war nicht einmal in Anne Richters Nähe, was hoffen lässt, dass er nach dem Absturz seines Wagens wirklich einen Schock erlitten hat und umherirrt. In Krankenhäusern ist er auch nicht. Wir haben überall nachgefragt«, antwortete Schnur.
»Okay. Ich werde auf meiner Route einfach die Augen offen halten. Wenn er irgendwo im Graben liegt, werde ich ihn finden.«
Das bezweifelte Schnur zwar, weil die Bereitschaftspolizei jeden Winkel durchsucht hatte. Aber das wollte er dem unglücklichen Vater nicht sagen.
Das Signal zum Sammeln wurde geblasen.
Augenblicklich herrschte Stille unter den vielen Menschen.
Als die Jagdhörner verstummten, war Steiner an der Reihe, die Gäste zu begrüÃen.
»Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Jägerinnen und Jäger! Sie wissen, dass ich den ehrenvollen Auftrag habe, Sie bei Laune zu halten, bis der Veranstalter dieser groÃen Jagd, Monsieur Villeroy selbst hier eintrifft. Ich werde ihm vorweg die Aufgabe abnehmen, Sie alle daran zu erinnern, Ihren Jagderlaubnisschein zur Verfügung zu halten.«
Zustimmendes Gemurmel ertönte.
»Weiterhin bitte ich die Männer unter uns, gut aufzupassen, auf welchen Treiber Sie zielen, denn die altbekannte Regel lautet: Wer einen Treiber erschieÃt, muss dessen Frau heiraten.«
Gelächter erfüllte den Platz.
Da unter den Gästen viele Franzosen waren, die der Einladung von Monsieur Villeroy gefolgt waren, stellte sich Schnur neben Steiner und übersetzte flieÃend ins Französische.
Nun waren es die französischen Gäste, die über die abschlieÃende Empfehlung lachten.
»Den letzten Satz habe ich nur unter äuÃerstem Protest übersetzt«, fügte er an Steiner gerichtet hinzu.
»Woher kannst du so gut französisch?«, staunte Steiner.
»Ich hatte es mal in der Schule. Da wir in Grenznähe wohnen, ist es besser, beide Sprachen zu beherrschen.«
Steiner war beeindruckt. Er konnte kein Wort Französisch. Für ihn war diese Fremdsprache so rätselhaft wie jede andere.
Weiter musste er von der vorbereiteten Rede nichts mehr vortragen, denn der Jagdinhaber und Jagdveranstalter höchstpersönlich betrat den Platz und wurde mit groÃem Applaus begrüÃt. Er hielt eine lange Rede in beiden Sprachen, bis er das Kommando an Steiner übergab.
Steiner wollte den Jagdhornbläsern ein Zeichen geben.
Plötzlich entstand lautes Gemurmel.
Steiner spürte, wie er sich verkrampfte. Es hing viel davon ab, wie der heutige Tag verlief. Hoffentlich überschlugen sich die Ereignisse nicht. Als er den Grund für die Aufregung der Menge sah, ahnte er das Schlimmste. Da kam eine Gestalt aus dem Wald, dreckig, zerzaust, gebeugt â alles wie aus einem perfekten Gruselthriller. Steiner spürte, dass er handeln musste. Gleichzeitig mit Schnur und Esther stürmte er auf den Herankriechenden zu.
Doch plötzlich löste sich Rolf West aus der Gruppe der Treiberwehr und schrie: »Olli! Mein Junge! Olli, Gott sei dank, du lebst!«
Nun erst erkannte Steiner die schmutzstarre Gestalt. Es war tatsächlich der Sohn von Rolf West. Vor den Augen aller Jäger brach er zusammen. Der dicke, schwerfällige Vater rannte zu seinem Sohn, kniete sich nieder und legte dessen Kopf auf seinen SchoÃ.
»Ich habe einen Krankenwagen bestellt«, rief Esther, die kurz nach Steiner den Verletzten erreichte.
»Wo hast du
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