Cook, Robin
sie gefrorene Embryonen verwendet«, erklärte Deborah.
Joanna lehnte sich zurück und sah zu Deborah auf. »Wenn ich ehrlich bin, bin ich ziemlich überrascht.«
»Das kannst du wohl laut sagen«, entgegnete Deborah.
»Wenn diese Eintragungen stimmen, liegt die Erfolgsquote etwa bei einem Prozent«, stellte Joanna fest. »Das spricht nicht gerade für meine Eizellen.«
»Es ist absolut ausgeschlossen, dass sie dir wirklich fast vierhundert Eizellen entnommen haben«, erklärte Deborah kategorisch. »Diese Zahl kann nie und nimmer stimmen. Wahrscheinlich ist sie erfunden, um aus irgendwelchen Gründen die Forschungsergebnisse aufzubauschen. Fast vierhundert Eizellen – das sind so viele, wie du während deines gesamten Lebens produzierst!«
»Du meinst, die Zahlen haben nichts mit echten Eizellen zu tun?«, hakte Joanna nach.
»Das würde ich zumindest vermuten«, antwortete Deborah. »Wie wir beide wissen, geschehen hier höchst merkwürdige Dinge. Vor diesem Hintergrund würde ich mich über ein paar gefälschte Daten nicht im Geringsten wundern. Das Aufbauschen von Forschungsdaten ist in den angesehensten Instituten gang und gäbe und kommt keinesfalls nur in so entlegenen Einrichtungen wie der Wingate Clinic vor. Aber eins kann ich dir sagen: Angesichts dieser undurchsichtigen Aufzeichnungen ärgert es mich umso mehr, dass wir nicht doch mal einen Blick in ihre Forschungsprotokolle werfen können.«
Joanna drehte sich um und tippte etwas in die Tastatur ein.
»Was machst du da?«, fragte Deborah.
»Ich drucke die Datei aus«, erwiderte Joanna. »Und danach verschwinden wir sofort von hier. Diese Ergebnisse hauen mich wirklich um.«
»Was soll ich denn sagen?«, entgegnete Deborah. »Bei mir haben sie nicht mal eine einzige verdammte Eizelle gefunden. Bei dir hat es immerhin für ein paar lebendige Kinder gereicht.«
Joanna sah Deborah an. Wie Joanna es nicht anders erwartet hatte, grinste sie breit. Eins musste Joanna ihr lassen: Deborah hatte wirklich Humor und konnte selbst der vertracktesten Situation noch etwas Heiteres abgewinnen. Sie selbst hingegen war alles andere als erheitert.
»Mir ist noch etwas aufgefallen«, stellte Deborah fest. »In dem Bericht über deine Eizellen ist in keinem einzigen Fall vermerkt, mit wessen Sperma sie befruchtet wurden.«
»Das wird ja wohl vom jeweiligen Ehemann der Empfängerin gewesen sein«, vermutete Joanna und erteilte den Befehl zum Drucken. »Bei der umfangreichen Datei wird das bestimmt ein paar Minuten dauern. Wenn du noch irgendetwas zu tun hast, mach es jetzt. Denn sobald ich den Ausdruck in den Händen halte, will ich von hier verschwinden.«
»Meinetwegen können wir jederzeit los«, gab Deborah zurück.
»Was für ein Tag!«, stöhnte Randy Porter. Er war froh, dass er den Sicherheitschef endlich losgeworden war, aber dass er überhaupt so eine schräge Unterredung mit Kurt Hermann hatte führen müssen, hatte ihm ziemlich die Laune verdorben. Mit seinen zeitlupenartigen Bewegungen und seiner ganzen lauernden Art ähnelte der Mann einem Tiger in einem Käfig. Und dann redete er auch noch so langsam! Bei dem bloßen Gedanken an das Gespräch musste Randy sich schütteln, als würde ihm plötzlich übel.
Er war auf dem Rückweg von der Buchhaltung, wo er seine angefangene Arbeit an dem Computer zu Ende gebracht hatte, die er für die beknackte Unterredung mit dem Sicherheitschef hatte unterbrechen müssen. Es ging auf zwei Uhr nachmittags zu, und es drängte ihn zurück an seinen Arbeitsplatz. Die Unterredung mit Kurt Hermann war nicht das schlimmste Erlebnis des Tages gewesen. Die Niederlage gegen SCREAMER war ihm weit mehr auf den Magen geschlagen, und er brannte auf eine Revanche.
Zurück in seiner Nische, vergewisserte er sich in der gewohnten Weise, ob seine Vorgesetzte an ihrem Arbeitsplatz war. Zu seiner Freude war ihr Schreibtisch leer. Zu dieser Zeit hockte sie meistens in irgendwelchen Abteilungsleitersitzungen. Also konnte er den Sound ein bisschen mehr aufdrehen. Er machte es sich auf seinem Stuhl gemütlich, holte den Joystick hinter dem Monitor hervor und entriegelte mit seinem Passwort die Tastatur. Im gleichen Moment blinkte in der rechten unteren Ecke seines Bildschirms der gleiche lästige Hinweis auf, der schon am Morgen SCREAMER den Sieg beschert hatte. Es war schon wieder jemand in den Server-Raum eingedrungen!
Er hämmerte wütend in die Tasten und öffnete das entsprechende Fenster. Es gab keinen Zweifel: Die Tür
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