Cook, Robin
anspringt«, entgegnete Deborah im Scherz und griff nach dem Zündschlüssel.
Joanna tat so, als wollte sie ihr eine runterhauen, und raunzte: »Ich bin jetzt nicht zum Scherzen aufgelegt! Setz die Karre gefälligst in Bewegung! Und zwar sofort!« Wenigstens konnte sie ihrer inneren Anspannung durch den Ausbruch ein wenig Luft verschaffen.
Deborah wich dem vorgetäuschten Schlag aus, startete und bog rückwärts aus der Parklücke.
»Wir haben es geschafft«, stellte Deborah fest, »wozu auch immer es gut sein mag.« Sie steuerte den Wagen die lange kurvige Abfahrt hinab. »Auch wenn das Ergebnis unserer Bemühungen eine ziemliche Enttäuschung war, können wir ganz schön stolz auf uns sein.«
»Wir haben es erst geschafft, wenn wir das Tor passiert haben«, bemerkte Joanna.
»Streng genommen hast du da natürlich Recht«, räumte Deborah ein. Sie fuhr unbeirrt weiter bis zum Tor und hielt an der weißen Haltelinie.
Joanna hielt den Atem an. Die Prozedur kam ihr vor wie eine Ewigkeit, doch schließlich ging das Tor langsam und gemächlich auf.
Deborah gab Gas, und sie schossen durch den Tunnel unter dem Pförtnerhäuschen hindurch.
Als sie wieder ans Tageslicht kamen, fiel Joanna sichtlich ein Stein vom Herzen.
»Du hattest wirklich Angst, nicht wahr?«, fragte Deborah.
»Und ob ich Angst hatte«, entgegnete Joanna. »Und zwar den ganzen Tag.« Sie öffnete den Umschlag und nahm den umfangreichen Ausdruck heraus.
Deborah bog rechts ab in die nach Bookford führende Pierce Street und sah Joanna fragend an. »Willst du dir auf dem Nachhauseweg eine nette Feierabendlektüre gönnen, oder was hast du vor?«
»Eigentlich hatte ich eine andere Idee«, entgegnete Joanna, »und zwar eine ziemlich gute, wie du gleich sehen wirst.« Sie fing an, den Papierstapel durchzublättern, und achtete darauf, die Reihenfolge nicht durcheinander zu bringen. Sie suchte zwei bestimmte Seiten und brauchte einige Minuten, bis sie sie gefunden hatte.
»Willst du mich vielleicht mal einweihen?«, fragte Deborah nach einer Weile. »Oder willst du deine großartige Idee für dich behalten?« Joannas hartnäckiges Schweigen ging ihr allmählich auf die Nerven.
Joanna lachte sich insgeheim ins Fäustchen. Indem sie ihre Gedanken vorerst für sich behalten hatte, hatte sie ihre Freundin unbewusst genauso auf die Folter gespannt, wie diese es immer genussvoll mit ihr zu tun pflegte. Endlich konnte sie es ihr einmal heimzahlen. Statt zu antworten, kostete sie ihre kleine Revanche noch ein bisschen aus, nahm in aller Seelenruhe die beiden gesuchten Seiten aus dem Stapel und legte den Rest auf den Rücksitz. »Voilà!«, sagte sie schließlich und hielt Deborah die beiden Seiten hin.
Deborah wandte sich kurz zu ihr um und nahm zur Kenntnis, dass es sich um die beiden Seiten handelte, auf denen die Details zu den beiden Kindern vermerkt waren, die offenbar aus Joannas Eizellen hervorgegangen waren. »Okay, ich sehe, welche Blätter du da herausgefischt hast. Und was ist nun deine großartige Idee?«
»Die beiden Kinder müssten jetzt etwa sieben bis acht Monate alt sein«, erwiderte Joanna. »Vorausgesetzt natürlich, dass sie überhaupt existieren.«
»Ja und?«
»Wir haben die Namen, die Adressen und die Telefonnummern der Eltern«, erklärte Joanna. »Ich schlage vor, wir rufen sie an, und wenn sie nichts dagegen haben, statten wir ihnen einen kleinen Besuch ab.«
Deborah warf ihr einen flüchtigen Blick zu. Die Fassungslosigkeit stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Das meinst du doch nicht im Ernst, oder? Sag mir, dass du es nicht ernst meinst.«
»Doch«, erwiderte Joanna. »Ich meine es todernst. Es war doch deine Vermutung, dass die Liste wahrscheinlich von vorne bis hinten frisiert ist. Also prüfen wir die Daten doch einfach am besten. Eine der angegebenen Adressen ist sogar gleich hier in Bookford.«
Deborah fuhr an den Straßenrand. Sie befanden sich in Sichtweite der öffentlichen Bibliothek in der Nähe der Kreuzung Pierce Street und Main Street. Sie parkte und wandte sich Joanna zu. »Ich will dich ja nur ungern enttäuschen, aber ich halte es für keine besonders gute Idee, diesen Leuten einen Besuch abzustatten. Anrufen finde ich in Ordnung, aber einen Besuch – auf keinen Fall.«
»Zuerst rufen wir an«, entgegnete Joanna. »Aber wenn die Kinder wirklich existieren, will ich sie sehen.«
»Das gehörte zu keinem Zeitpunkt zu unserem Plan«, erwiderte Deborah. »Wir wollten lediglich herausfinden, ob aus unseren
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