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Cook, Robin

Titel: Cook, Robin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schock
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Er war freilich noch nie eine Sportskanone gewesen, was ihm auf seiner Highschool in der South Side von Chicago ziemlich zu schaffen gemacht hatte, da sportliche Typen dort ein wesentlich höheres Ansehen genossen als Typen wie er. Er hatte sich zwar immer mal wieder bemüht, in einem der zahllosen Teams mitzuspielen, aber er war und blieb in sportlicher Hinsicht ein Versager und hatte sich letztendlich nur zum Gespött seiner Mitschüler gemacht.
    »Schade, dass sie mich jetzt nicht sehen können«, murmelte Paul vor sich hin, während er an seine bösartigen Schulkameraden dachte. »Wahrscheinlich fristen sie ihr Dasein an irgendeiner Supermarktkasse mit dem Einpacken von Lebensmitteln.« Im Juni stand das zwanzigjährige Jubiläum seines Highschool-Examens an, und er überlegte, ob er sich nicht den Spaß gönnen und hinfahren sollte, um den Widerlingen, die ihm das Leben so schwer gemacht hatten, zu zeigen, was aus ihm geworden war.
    Schließlich nahm er den Telefonhörer ab und wählte die Nummer des Labors. Als abgenommen wurde, verlangte er, mit Dr. Donaldson verbunden zu werden. Während er wartete, überflog er noch einmal ihre Mitteilung.
    »Was gibt’s, Paul?«, meldete sich Sheila ohne ein Wort der Begrüßung.
    »Ich lese gerade Ihre Mitteilung«, entgegnete Paul. »Was wissen Sie über diese beiden Frauen, die heute Morgen kommen? Sind sie gute Kandidatinnen?«
    »Perfekte sogar«, erwiderte Sheila. »Sie sind beide gesund, führen ein normales Leben und haben keinerlei gynäkologische Probleme. Außerdem sind sie nicht schwanger, befinden sich beide etwa in der Mitte ihres jeweiligen Zyklus und nehmen keinerlei Drogen oder Medikamente.«
    »Und sie sind tatsächlich beide Hochschulabsolventinnen?«
    »Ja.«
    »Dann sind sie also nicht auf den Kopf gefallen.«
    »Ganz sicher nicht.«
    »Aber was soll ich davon halten, dass die eine nur örtlich betäubt werden will?«, hakte Paul nach.
    »Sie ist Biologin«, erklärte Sheila. »Daher weiß sie einiges über die verschiedenen Betäubungsmöglichkeiten. Ich habe ihr vorgeschlagen, lieber einer leichten Vollnarkose zuzustimmen, aber sie wollte partout nichts davon wissen. Vielleicht kann Carl sie ja noch umstimmen.«
    »Und Sie haben sie wirklich zu überzeugen versucht?«, hakte Paul noch einmal nach.
    »Natürlich«, erwiderte Sheila gereizt.
    »Okay, dann soll Carl noch mal mit ihr reden«, brummte Paul in den Hörer und legte auf, ohne sich zu verabschieden. Dass Sheila sich so offenkundig nicht damit abfinden konnte, dass er der Boss war und nicht sie, konnte ihn manchmal auf die Palme bringen.
     
    »Das muss der Turm sein, von dem der Apotheker gesprochen hat«, sagte Deborah und zeigte nach vorne durch die Windschutzscheibe. Sie waren gerade von der Main Street abgebogen und in die Pierce Street eingebogen. Der schmale, aus Ziegeln gemauerte Turm überragte sämtliche Gebäude und Bäume der Umgebung und war nicht zu übersehen. »Wenn der Turm wirklich nur zwei oder drei Meilen entfernt ist, muss er ganz schön hoch sein.«
    »Von hier erinnert mich die Silhouette ein bisschen an den Turm der Uffizien in Florenz«, stellte Deborah fest. »Das passt ja irgendwie wie die Faust aufs Auge.«
    Als sie den Ort hinter sich gelassen hatten, wurde ihnen der Blick auf den Turm und den Cabot-Komplex von den Bäumen genommen, die die Straße säumten. Sie passierten eine heruntergekommene rote Scheune, und hinter der nächsten Kurve sahen sie auf der linken Seite erstmals ein Hinweisschild zur Wingate Clinic. Der Pfeil wies sie in eine Schotterstraße, in die sie einbogen und auf ein inmitten von Bäumen gelegenes, zweistöckiges, aus grauem Granit konstruiertes Pförtnerhäuschen zufuhren. Das Gebäude hatte ein dunkelgraues Schieferdach und wirkte ziemlich klotzig; die jeweiligen Enden der Firstbalken waren aufwändig verziert, die Läden der kleinen Fenster verschlossen. Die Zierleisten waren schwarz gestrichen. An den Ecken des Gebäudes ragten steinerne Wasserspeier hervor.
    Während sie sich dem Gebäude näherten, fiel ihnen auf, dass die Straße unter dem Haus in einen Tunnel führte, wo ankommende Besucher ein massives Maschendrahttor passieren mussten. Hinter dem Tor war der Rasen frisch gemäht – der einzige Anhaltspunkt, dass das Gelände tatsächlich genutzt wurde. Vor und hinter dem Pförtnerhäuschen war das gesamte Gelände durch einen imposanten, gusseisernen Zaun mit Stacheldrahtaufsatz gesichert, der hinter den Bäumen

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