Cook, Robin
eher um Nobelmarken wie Mercedes, Porsche und Lexus. Ein Wagen stach besonders hervor: ein burgunderfarbenes Bentley-Cabrio.
»Mein Gott!«, rief Joanna. »Hast du den Bentley gesehen?«
»Der ist kaum zu übersehen. Wie die Pistole des Wachmanns.« Die Metallicfarbe glitzerte in der frühen Morgensonne.
»Weißt du, was so ein Bentley kostet?«, fragte Joanna.
»Nein, keine Ahnung.«
»Mehr als dreihunderttausend Dollar!«
»Ich glaube, ich spinne! Das ist ja pervers, erst recht, wenn so eine Limousine vor dem Krankenhaus parkt.«
Deborah fuhr auf einen Parkplatz, der ausdrücklich für Besucher vorgesehen war. Als sie ausstiegen, öffnete sich eine Tür, die dem Parkplatz zugewandt und von Säulen gerahmt war. Eine große, mit einem weißen Kittel bekleidete Frau mit kastanienbraunem Haar trat hinaus und winkte ihnen freundlich zu.
»Ein ziemlich krasser Unterschied zu unserer Begrüßung am Pförtnerhäuschen«, stellte Deborah fest und winkte zurück. Joanna tat es ihr gleich. Dann gingen sie auf die etwa fünfzig Meter entfernte Tür zu.
»Die Frau könnte Dr. Donaldson sein.«
»Ja«, stimmte Deborah zu. »Ich glaube, du hast Recht.«
»Hoffentlich bereuen wir diesen Ausflug hinterher nicht«, platzte Joanna plötzlich heraus. Sie ließ den Kopf hängen und starrte auf ihre Füße. »Irgendwie habe ich das ungute Gefühl, als ob wir einen großen Fehler begehen.«
Deborah packte ihre Freundin am Unterarm und hielt sie fest. »Ich glaube, ich höre nicht richtig! Wenn du Bedenken hast, die Sache durchzuziehen, sollten wir auf der Stelle umkehren und nach Boston zurückfahren. Hab bloß nicht das Gefühl, dass ich Druck auf dich ausübe, denn das will und tue ich nicht!«
Joanna blinzelte in die frühmorgendlichen Sonnenstrahlen und musterte die schlanke Ärztin, die im Eingang auf sie wartete. Es war tatsächlich Dr. Donaldson, das war jetzt eindeutig zu erkennen. Sie schien sich über ihre Ankunft zu freuen. Jedenfalls strahlte sie sie zur Begrüßung an.
»Jetzt sag endlich etwas!«, drängte Deborah ihre Freundin und umklammerte ihren Arm noch ein wenig fester.
Joanna drehte sich zu Deborah um und sah sie an. »Kannst du mir in die Augen sehen und mir versichern, dass du ein gutes Gefühl hast und überzeugt bist, dass alles gut gehen wird?«
»Natürlich«, erwiderte Deborah entschlossen. »Ich habe es dir doch schon zigmal gesagt – wir können bei dieser Sache nur gewinnen.«
»Ich denke an den Eingriff, der uns bevorsteht«, sagte Joanna.
»Oh, mein Gott! Ein paar Eizellen zu punktieren, ist ein Klacks. Frauen, die sich einer Kinderwunschbehandlung unterziehen, müssen das oft viele Male über sich ergehen lassen und zusätzlich auch noch tonnenweise Hormone schlucken. Was uns bevorsteht, ist ein Kinderspiel.«
Joanna zögerte. Sie versuchte, ihre zimperliche Angst niederzukämpfen, die sie bei jedem Arztbesuch überkam, und ließ ihren Blick zwischen Deborah und Dr. Donaldson hin- und herschweifen. Normalerweise geriet sie schon in Panik, wenn nur eine lächerliche Grippeimpfung anstand. Schließlich seufzte sie, räusperte sich und brachte ein Lächeln zustande. »Okay, ziehen wir es durch.«
»Bist du sicher? Ich will nicht, dass du dich von mir bedrängt fühlst.«
Joanna schüttelte den Kopf. »Ist schon okay. Bringen wir es hinter uns.«
Sie setzten sich wieder in Bewegung.
»Du hast mir gerade einen ganz schönen Schrecken eingejagt«, stellte Deborah fest.
»Manchmal erschrecke ich mich vor mir selbst«, entgegnete Joanna.
K APITEL 3
15. Oktober 1999, 7.45 Uhr
»Ich hoffe, Sie haben ohne Probleme zu uns gefunden?«, begrüßte Dr. Donaldson die beiden Frauen und schloss die Tür hinter ihren Patientinnen.
»Ja«, erwiderte Deborah und sah sich in dem großen, leeren Wartezimmer um. »Es war relativ einfach.« Die modernen, skandinavischen Designermöbel standen in starkem Kontrast zu den architektonischen Details der viktorianischen Zeit. Mitten im Raum stand ein großer U-förmiger Empfangstresen, der jedoch nicht besetzt war. Vor den Wänden waren ledergepolsterte Sessel und Sofas platziert, auf den diversen Couch- und Beistelltischen lagen aktuelle Zeitschriften aus.
»Leider ist mir erst heute Morgen eingefallen, dass ich Ihnen bei meinem Besuch gar keine Wegbeschreibung gegeben habe«, sagte Dr. Donaldson. »Entschuldigen Sie bitte meine Schusseligkeit.«
»Kein Problem«, entgegnete Deborah. »Wir hätten ja fragen können. Aber es war wirklich ganz
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