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Cool Hunter

Cool Hunter

Titel: Cool Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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Kopfschmerzen, und dabei war es mein Job, so um die Ecke zu denken.

    »Das ist komplett verrückt«, sagte Jen. »Oder schlicht genial. Oder ganz was anderes.«
    »Zum Beispiel richtig cool.«
    »Bleibt aber immer noch die Frage, wo Mandy ist.«
    »Oh, stimmt.« Meine Theorie erklärte nicht, wieso Mandy verschwunden war.
    Das hinderte uns allerdings nicht daran, noch einen Moment schweigend nebeneinanderzusitzen und uns voll und ganz der Betrachtung des Wunders vor unseren Augen hinzugeben. Jedenfalls bis ich hinter uns in der Dunkelheit plötzlich ein Geräusch hörte.
     
    Ich riss meinen Blick von besagtem Wunder los und sah Jen an. Sie hatte es auch gehört.
    Mit zusammengekniffenen Augen starrte ich ins Dunkel, ohne etwas zu sehen, weil ich so lange auf die ins Sonnenlicht getauchten Schuhe geguckt hatte, dass ich praktisch blind war. Aber der andere – wer auch immer er war – konnte uns mit Sicherheit sehen.
    »Scheiße«, zischte ich.
    Seidenpapier raschelte, als Jen nach den Schuhen griff, hastig die Schnürsenkel zusammenknotete und sie sich um den Hals hängte.
    Erst als ich aufsprang, merkte ich, dass mein rechter Fuß eingeschlafen war. Aber das wunderte mich nicht. Ich war so sehr in den Anblick der Schuhe versunken gewesen, dass ich es wahrscheinlich nicht einmal bemerkt hätte, wenn ich verhungert wäre.
    Kleine Lichtpünktchen tanzten an den Rändern meines Sichtfelds, Stäbchen und Zapfen machten sich eilig daran, ihre
Funktion aufzunehmen und mich wieder sehen zu lassen. Irgendjemand huschte in der Schwärze zwischen uns und dem Treppenhaus durch den Raum, jemand, der groß war und sich schnell bewegte. Und absolut geräuschlos.
    »Ist da jemand?«, fragte ich mit kieksiger Stimmbruchstimme. Toll. Sehr männlich.
    Die Gestalt erstarrte und verschmolz dann wieder mit der Dunkelheit. Einen kurzen Moment lang war ich überzeugt, eine Halluzination gehabt zu haben.
    Dann löste Jen sich aus ihrer Erstarrung.
    Sie versetzte einer der zusammengeketteten Sperrholzplatten vor dem Fenster einen so kräftigen Fußtritt, dass sich der Spalt einen Moment lang weitete und blendendes Sonnenlicht in den Raum strömte. Vor uns stand ein kräftiger Mann mit geschorenem Kopf – einschüchternd, aber nicht so furchterregend wie das Phantom, das ich mir in meiner Fantasie vorgestellt hatte – und hielt sich schützend eine Hand vor die Augen.
    »Renn!«, brüllte Jen, und ich stürzte gerade rechtzeitig los, um nicht von dem Berg aus Schuhkartons getroffen zu werden, den sie in einem nächsten brillanten Schachzug mit einer schnellen Bewegung umgeworfen hatte. Die Schachteln polterten vor mir zu Boden, und ich trampelte mit meinen mir plötzlich unfassbar langweilig vorkommenden Schuhen so brutal über die jungfräuliche Pappe, dass mir das Herz blutete. (Antoine hatte mir beigebracht, den Originalkarton ebenso zu ehren wie die Schuhe selbst.) Irgendwie gelang es mir, an dem Typen vorbei hinter Jen ins Treppenhaus zu flitzen.
    Wir hetzten atemlos die Stufen hinauf. Während Jen bereits einen kleinen Vorsprung hatte, hörte ich unangenehm nah
die Schritte unseres Verfolgers hinter mir. Blindlings hastete ich in gebückter Haltung die Treppe hoch und stützte mich dabei mit den Händen auf den dreckverkrusteten Stufen ab, wobei ich immer wieder gegen die Wände des sich im Uhrzeigersinn nach oben schraubenden Treppenhauses prallte. Der Schmerz in meinem verstauchten Knöchel pochte bei jedem Schritt.
    Nach vier Stockwerken keuchte ich atemlos, aber der Verfolger war mir immer noch so dicht auf den Fersen, dass ich hören konnte, dass er überhaupt nicht aus der Puste war. Auf dem Weg ins letzte Stockwerk verkrallten sich seine Finger um mein rechtes Fußgelenk, aber ich riss mich los, und sein Griff war nicht fest genug, um mich zum Stolpern zu bringen.
    Ich stürzte durch die Stahltür ins Sonnenlicht, blieb stehen und taxierte blinzelnd die zwei Meter Höhenabstand, die mich vom Nachbarhaus trennten. Jen stand schon oben auf dem Dach, und ich fragte mich, ob die ausgefeilte Land-der-aufgehenden-Sonne-Schnürtechnik ihrer Schuhbändel ihr Ninja-Superheldenkräfte verlieh, die sie schneller rennen und höher springen ließen.
    »Hunter! Duck dich!«, rief sie.
    Ich gehorchte.
    Die coolsten Schuhe der Welt pfiffen an meinem Kopf vorbei und umkreisten einander wie zwei Planeten, während sie durch die Luft wirbelten. Ich hörte ein Aufstöhnen, als sie sich wie eine Bola um die Füße meines Verfolgers wickelten und

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