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Cool Hunter

Cool Hunter

Titel: Cool Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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gemacht.«

    Wir ließen den Taxifahrer anhalten, bezahlten und steuerten eines dieser miefigen Wohnzimmer-Cafés an: alte, durchgesessene Sofas, WLAN und starker Kaffee in riesigen Bechern.
    Noch bevor wir durch die Tür waren, bemerkte ich, dass Jens Armband blinkte.
    »Was ist das denn?«
    Sie grinste. »Ein WLAN-Detektor. Damit muss man nicht jedes Mal seinen Computer hochfahren, um zu sehen, ob man irgendwo online gehen kann.«
    Ich bedachte das Armband mit dem Nicken. Ich hatte die Dinger schon in Zeitschriften gesehen, wo sie beworben wurden, um Hotspots im öffentlichen Raum zu lokalisieren, aber nur ein Innovator würde auf die Idee kommen, so ein Gerät zum Schmuckstück umzufunktionieren.
    Wir suchten uns ein freies Sofa, setzten uns und beugten uns über Mandys Handy. Unsere Wangen berührten sich fast, als wir die Köpfe zusammensteckten, um etwas auf dem Display zu erkennen, das nicht für zwei Betrachter gemacht war. Aber ich hatte nichts dagegen. So konnte ich Jens Shampoo riechen – ein Hauch von Vanille, der sich mit dem Geruch nach muffigem Sofa und gemahlenem Kaffee mischte – und spürte ihre Schulter warm an meiner.
    »Alles okay?«, fragte sie.
    »Äh … ja, alles klar.« Memo an mich selbst: Es ist total uncool, sich durch flüchtigen Körperkontakt derart aus der Fassung bringen zu lassen.
    Meine Fingerspitzen glitten über die schmerzlich vertraute Bildschirmoberfläche (vielleicht würden die Finnen mir einen Ersatz schicken), um Mandys Fotoalbum zu öffnen. Es enthielt
fünf Bilder in der Reihenfolge, in der sie aufgenommen worden waren. Ich tippte auf das erste. Ein pelziges oranges Gesicht füllte das Display.
    »Das ist Mandys Kater Muffin. Er frisst Küchenschaben.«
    »Wie praktisch.«
    Als ich mit dem Zeigefinger weiterscrollte, erschien das Foto einer jungen lächelnden Latina, die am Frühstückstisch saß und eine abwehrende Handbewegung machte. »Cassandra, ihre Mitbewohnerin. Oder Lebensgefährtin – das weiß keiner so genau.«
    »Bestimmt ihre Lebensgefährtin«, sagte Jen. »Sonst hätte sie kein Foto von ihr gemacht.«
    »Kann sein. Aber als ich mein Handy bekommen hab, hab ich als Allererstes meine Sockenschublade fotografiert.«
    Jen legte erschüttert eine Hand auf meinen Arm. »Mein Gott, Hunter, wie willst du bloß ohne dein Handy weiterleben? «
    »Das ist kein Leben mehr.«
    Ich scrollte weiter. Ein Typ mit einem schwarzen Flatcap, das ein bisschen größer und weicher war als die Modelle des letzten Flatcap-Hypes. Ein Cool-Hunting-Foto, ganz klar.
    »Das Logo ist viel zu groß«, kritisierte Jen. »Außerdem – wer läuft denn bitte im Sommer mit Flatcap rum?«
    »Und das Hemd, das er anhat, sieht zu sehr nach Designer aus«, sagte ich. »Das hat sie sicher nicht hier in Chinatown aufgenommen.« Ich guckte auf den Time Code. »Das Foto ist von gestern.«
    Jen sog geräuschvoll Luft ein, als sie das nächste Bild sah. Es zeigte einen Schuh – Jens Schuh, wie eindeutig an den Schnürsenkeln im Japanflaggen-Style zu sehen war. Ich konnte sogar
die wabenförmigen Platten erkennen, mit denen der Weg im East River Park gepflastert war.
    »Ist das …? Ist das das Bild, das du …?«
    »Äh … ja. Ich hab es Mandy geschickt«, gab ich zu.
    Sie rückte ein Stück von mir ab und sah mich misstrauisch an. Die gemütliche Sofa-Intimität, die zwischen uns aufgekommen war, verpuffte schlagartig.
    »Na ja, ich hab dir doch gesagt, womit ich mein Geld verdiene, oder?«
    »Schon. Aber mir wird es erst jetzt so richtig klar.« Sie betrachtete ihre Schnürsenkel. »Ich überlege gerade, ob ich mich missbraucht fühle.«
    »Wie wär’s mit geschmeichelt?«
    »Sekunde mal. Was genau macht Mandy eigentlich mit dem Foto?«
    »Sie schaut es sich an. Vielleicht gibt sie es an die nächsthöhere Instanz in der Nahrungskette weiter.« Ich räusperte mich und beschloss, die Karten ganz auf den Tisch zu legen. »Kann gut sein, dass deine Schnürsenkel in der einen oder anderen Anzeige verwendet werden, in Massenproduktion gehen, bald in jedem Einkaufszentrum in ganz Amerika zu kaufen sind – kurz gesagt: gründlich verheizt werden.«
    Ich sah Fragen über Jens Gesicht huschen. Die altvertrauten: Werde ich betrogen? Soll ich das als Kompliment verstehen? Bin ich jetzt eine heimliche Berühmtheit? Wann kriege ich meine Provision?
    Und dann natürlich: Ist dieser Typ ein Arschloch?
    »Wow«, sagte sie nach einem langen, unbehaglichen Moment. »Ich hab mich immer gefragt, wie es dazu

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