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Cool Hunter

Cool Hunter

Titel: Cool Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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Farbvarianten angeboten: Hellbeige, mittelbeige und dunkelbeige. Ihr kennt die Bibelverfilmungen: Alle rennen in gedeckten Erdfarben herum – etwas anderes gab es nicht, etwas anderes hätten die sich im Traum nicht vorstellen können.
    So, und dann kommt da eines Tages eine Bootsladung Phönizier angeschippert – und die verkaufen purpurroten Stoff. Purpurrot!
    Nichts wie ab ins tote Meer mit den beigen Fetzen!
    Eine Weile lang ist Purpurrot der Renner, der größte Hype seit der Erfindung des Rads. Nachdem die Leute ihr Leben lang Tuniken in sechzehn unterschiedlichen Beigetönen getragen haben, stehen sie jetzt nach dem coolen neuen Stoff Schlange. Er ist wahnwitzig teuer – was zum einen an der großen Nachfrage liegt und zum anderen daran, dass man für eine Unze Farbstoff ungefähr zweihunderttausend dieser Schnecken zerquetschen muss – und schon bald schwimmen die Phönizier nur so im Geld (eigentlich schwimmen sie in Gold, Olivenöl und Weizen, aber das Bild ist klar, oder?).
    Ein Handelsimperium ist geboren. Und was das Branding betrifft: Der Name »Phönizier« leitet sich vom altgriechischen Wort »phoinix« ab, was so viel wie »Purpur« heißt. Man ist, was man verkauft.
    Irgendwann passiert etwas Interessantes. Die Machthabenden beschließen, dass Purpurrot schlicht zu cool ist, als dass jeder Dahergelaufene es tragen dürfen soll. Also belegen sie den purpurroten Stoff erst mit einer Steuer und verabschieden dann ein Gesetz, das es den hoi polloi verbietet, Purpurrot zu tragen (als würden die sich das überhaupt leisten können); und schließlich erheben sie das Tragen purpurroter
Gewänder sogar zum alleinigen Vorrecht von Königinnen und Königen.
    Im Laufe der Jahrhunderte verbreitet sich dieser Dresscode praktisch weltweit und brennt sich so tief ins kollektive Gedächtnis ein, dass Purpurrot sogar heute noch, viertausend Jahre später, als Farbe der Monarchen gilt. Und das alles nur, weil ein Innovator irgendwann um 600 bis 700 vor Christus auf die Idee gekommen ist, aus den zahnverfärbenden Schnecken etwas Cooles zu machen. Nicht übel.
    Und warum erzähle ich euch das alles?
    Ein paar Tage nach der Launchparty von Hoi Aristoi – als in New York Gerüchte über plötzlich rothaarige Blaublütler die Runde machten und eine beachtliche Anzahl der wohlhabendsten Mitglieder der Gesellschaft in die Hamptons verschwanden, um sich in nobler Abgeschiedenheit die Farbe herauswachsen zu lassen – ließ ein besorgtes Elternpaar den Inhalt einer halb leeren Flasche PooSham untersuchen. Es wurde festgestellt, dass das Shampoo Wasser enthielt, Natriumlaurylsulfate und eine unglaublich hohe, aber medizinisch völlig unbedenkliche Konzentration von biologisch reinem Purpurfarbstoff.
    Eines musste man dem Anti-Klienten lassen: In Geschichte hatte er gut aufgepasst.

    Vivienne de Winter war für niemanden zu sprechen.
    Wir befanden uns in der Lobby eines eleganten Apartmentgebäudes auf der Fifth Avenue, in dem außer millionenschweren Spitzensportlern und Softwaremilliardären auch noch ein Musiker wohnte, der sich als Künstler so nennt, wie
normalerweise die Söhne von Königen bezeichnet werden (und dessen größter Hit auch noch das Wort »purple« im Titel trägt. Na, klingelt da was?). Der Portier trug eine geschmackvolle purpurrote Uniform, die ganz hervorragend zum purpurroten Bezug der Klubsessel passte, die in der marmor- und goldgetäfelten Lobby standen. Was beweist, dass sich in den letzten viertausend Jahren nicht besonders viel verändert hat. Na ja, außer vielleicht, dass mittlerweile auch Bedienstete wieder Purpurrot tragen dürfen.
    »Miss de Winter ist leider unpässlich«, teilte der Portier uns mit.
    »Oh, das tut mir leid zu hören«, sagte ich. »Ähm, haben Sie sie heute zufällig schon gesehen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, sie hat ihr Apartment noch nicht verlassen.«
    »Könnten Sie ihr vielleicht trotzdem kurz Bescheid geben, dass wir hier sind?«, bat Jen.
    »Es waren vorhin schon mal ein paar Freunde hier, aber sie sagte, dass sie ihr Apartment heute nicht verlassen wird.« Der Portier räusperte sich. »Genauer gesagt ließ Miss de Winter ausrichten, dass sie ihr Apartment für den Rest des Jahres nicht mehr verlassen wird. Nun ja, Sie wissen vielleicht, wie sie sein kann …«
    Und ob ich das wusste. Falls Vivienne tatsächlich unter einer akuten PooSham-Verfärbung litt, konnte ich nur froh sein, keine Audienz zu bekommen.
    »Tja dann, zu schade …« Ich wollte

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