Cool Hunter
Abonnentenliste als durch den Vertrieb des Heftes selbst. Wenn man weiß, welcher gesellschaftlichen Gruppierung Menschen angehören,
wie viel sie verdienen und wofür sie das meiste Geld ausgeben, kann man ein Riesengeschäft machen. Eine Zeitschrift ist letztendlich vielleicht nicht viel mehr als Verpackungsmaterial für Werbung, aber daneben ist sie auch eine Lifestyle-Bibel: Sie predigt ihren Lesern, was gerade Thema ist, wie sie darüber zu denken haben und – das Allerwichtigste – welche Produkte sie sich als Nächstes zulegen sollten. Genau das ist auch der Grund, warum ihr, sobald ihr ein Abo abschließt, mit Junkmail zugemüllt werdet – ihr habt euch selbst in die Schublade Snowboarder, Frettchenliebhaber oder Erstkäufer von neuestem technischen Schnickschnack einsortiert.
Marketingexperten unterteilen die Menschheit in Gruppen – in einzelne Stämme, die sie Nachhaltige Superconsumer , Neue Puritaner , Stadtflüchter oder urbane Bohemiens taufen. Und wer welchem Stamm angehört, lässt sich am einfachsten durch Zeitschriftenabos herausfinden. Ich hielt eine Liste mit den Adressen hochkarätiger Blaublütler in der Hand. Ganz heiße Ware.
»Viel. Sehr viel«, beantwortete ich Jens Frage. »Genau wie für den Rest dieser Aktion.«
»Wetten, dass Movable Hype keinen Cent aus eigener Tasche bezahlt hat?«
»Warum nicht? Futura hat in den letzten Jahren bestimmt ordentlich kassiert.«
Jen nickte. »Hat er bestimmt. Aber würde er wollen, dass alle Welt weiß, dass er dahintersteht?« Sie deutete auf die aufgehängten Ausdrucke. »Hinter einer Zeitschrift, die so unoriginell und zahm ist? Okay, es ist vielleicht eine gelungene Verarsche, aber im Grunde nichts weiter als eine gut gemachte Kopie.«
»Stimmt. Wenn das durchsickert, kriegt er in der Zeitschriftenbranche wahrscheinlich keinen Fuß mehr auf die Erde.«
»Die ganze Sache muss also von jemand anderem finanziert worden sein. Von jemandem, der in irgendeiner Verbindung mit dem Anti-Klienten steht.«
Ich zuckte mit den Achseln. »Aber selbst wenn wir herausfinden würden, wer das Geld für die Adressenliste bereitgestellt hat, woher wissen wir, dass es nicht wieder nur ein Tarnunternehmen ist? So was wie PooSham Inc.?«
Jen nickte. »Du hast recht. Aber wer auch immer das Geld zur Verfügung stellt, muss gut bei Kasse sein. Immerhin sind die Sachen für die Goody Bags exklusiv produziert worden: Hunderte von Flaschen PooSham und Noble Savage, von den WLAN-Kameras ganz zu schweigen. Da zückt jemand nicht mal eben seine Kreditkarte, da muss es irgendwelche geheimen Geldkanäle geben.«
»Okay.« Ich warf wieder einen nervösen Blick zur Eingangstür und erwartete jeden Moment das Klimpern eines Schlüsselbunds zu hören. Je früher wir hier rauskamen, desto besser. »Wo fangen wir an?«
Sie hielt die Liste in die Höhe. »Damit. Sag mal, arbeitet deine Freundin Vivienne nicht für Hoi Aristoi ?«
»Sie hat nur ein bisschen PR für sie gemacht. Und vor allem ist sie nicht meine Freundin.«
»Aber wenn sie irgendetwas wüsste, würde sie es dir doch bestimmt sagen, oder?«
»Mir vertrauliche Informationen über einen ihrer Auftraggeber geben? Warum sollte sie?«
Jen grinste. »Weil es sie bestimmt brennend interessiert, wer ihre Haare purpurrot gefärbt hat.«
Kapitel
SIEBENUNDZWANZIG
Mit einer kleinen Schnecke anfangen und daraus ein rie siges Imperium erschaffen?
Klingt unmöglich, aber genau das ist den Phöniziern vor ungefähr viertausend Jahren gelungen. Ihr winziges Königreich lag eingekeilt zwischen dem Mittelmeer und einer riesigen Wüste: keine Goldminen, keine Olivenbäume und weit und breit keine einzige sich sanft im Wind wiegende Weizenähre. Das Einzige, woran es den Phöniziern nicht mangelte, war eine bestimmte Meeresschnecke, die einfach so am Strand herumlag. Diese Schnecken schmeckten zwar lecker, hatten aber einen großen Nachteil – aß man zu viele davon, bekam man rote Zähne.
Klar, dass die meisten Leute das ziemlich bescheuert fanden. Wahrscheinlich sagten sie so was wie: »Schön und gut, diese Schnecken schmecken echt nicht schlecht, aber wer will schon rote Zähne haben?«, dachten aber ansonsten nicht weiter darüber nach.
Bis eines Tages ein archaischer Innovator auf eine verrückte Idee kam:
Okay, stellt euch vor, ihr lebt im damaligen Ägypten, Griechenland oder Persien und seid reich. Ihr habt ohne Ende Gold, Olivenöl und Mehl. Aber eure feinen Gewänder werden
ausschließlich in den folgenden
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