Cool Hunter
und Jen nickte zustimmend. Uns würde nichts anderes übrig bleiben, als sie mit Gewalt zu öffnen.
Leider hatten wir vergessen, einen Rammbock mitzubringen. Die grau lackierte Metalltür sah extrem massiv aus. Wenn wir dagegentraten, würde der Lärm Futura und die anderen sofort auf uns aufmerksam machen. Wir mussten es also schaffen, sie mit einem einzigen wohlgezielten Schlag aufzubrechen, Mandy rauszuholen und aus dem Studio zu rennen.
Ich schaute mich nach einem Gegenstand um, mit dem wir die Tür einschlagen konnten, und entdeckte in einer Ecke einen Feuerlöscher.
Als ich darauf zugehen wollte, stellte Jen sich mir in den Weg, schüttelte den Kopf und zeigte stumm auf die Stelle, wo wir uns versteckt hatten.
Erst jetzt im Scheinwerferlicht erkannte ich, wohinter wir uns geduckt hatten. Es war ein Dolly, ein schwerer, vierrädriger Wagen für Kamerafahrten. An seiner Vorderseite befand
sich ein kranartiger Schwenkarm, an dem die Kamera befestigt wurde.
Ich lächelte. Da stand er, unser Rammbock.
Wir schlichen zu dem Dolly zurück und schoben ihn zögernd an, worauf er auf seinen Gummirädern – geschaffen für ruckelfreie, weiche Kamerafahrten – geschmeidig über den Betonboden glitt.
Jen und ich grinsten uns an. Perfekt.
Wir positionierten ihn so, dass der Kamerakran genau auf die Mitte der Tür zeigte.
»Eins … zwei … drei … «, flüsterte Jen, und wir stemmten uns mit unserem ganzen Gewicht gegen den Wagen, der rasch an Fahrt aufnahm und beinahe lautlos über den Boden schnurrte.
Ungefähr fünf Sekunden vor dem Aufprall ging die Tür auf und Mandy starrte uns aus einem kleinen, grell erleuchteten Raum verdutzt entgegen. Ich kam schlitternd zum Stehen, aber unser Rammbock raste unaufhaltsam auf sein Ziel zu.
»W-Was zum … «, stammelte Mandy, während der Dolly auf sie zuraste. In letzter Sekunde griff sie geistesgegenwärtig nach der Tür und zog sie mit einem Knall zu.
Als der Dolly gegen das Metall krachte, hörte sich das an wie ein Auto, das mit voller Geschwindigkeit in eine Mülltonne brettert. Die Tür wurde nach innen gedrückt und schloss sich um den Kameraschwenkarm wie ein Magen um eine Faust.
» Mandy! « Ich hechtete nach vorne.
Jen und ich zogen den Dolly mit aller Kraft zurück, wodurch die Tür aus ihren Angeln gerissen wurde und vor uns zu Boden knallte.
In dem kleinen Raum starrte Mandy schockiert auf uns herunter. Ich sah, dass sie auf einer Kloschüssel stand, auf die sie sich geflüchtet hatte – sie war nur auf der Toilette gewesen. Aus den Rohren in der Wand hinter ihr drang immer noch das Rauschen der Spülung.
»Bist du verletzt?«, rief ich.
»Hunter? Was zum Teufel machst du …?«
»Später!«, keuchte ich und zog sie vom Klo runter. Jen war schon Richtung Ausgang gerannt, raus aus dem Scheinwerferlicht und hinein in die schützende Dunkelheit. Ich zerrte die sprachlose Mandy hinter mir her und stieß mir die Schienbeine an im Dunkeln nicht erkennbaren Hindernissen, während wir auf die große Schiebetür zustürmten.
Hinter mir wurden hektische Geräusche laut, Türen schwangen auf und Licht flutete durch das Studio. Wenn wir es nur bis zum Wachmann im Pförtnerhäuschen schafften oder wenigstens bis nach draußen ins Sonnenlicht …
»Hunter!« Mandy kugelte mir fast den Arm aus, weil sie sich mit ihrem ganzen Gewicht nach hinten lehnte, um mich daran zu hindern, wegzurennen.
»Lauf! Na los, lauf schon!«, brüllte ich und versuchte sie vorwärts zu ziehen, aber sie stemmte die Fersen in den Boden und brachte mich zum Stehen.
Ich drehte mich irritiert zu ihr um.
»Was machst du da?«, rief sie.
»Dich retten!«
Sie sah mich eine endlose Sekunde lang an, dann schüttelte sie seufzend den Kopf. »Oh Hunter, du bist echt so was von vorgestern.«
Und dann explodierte plötzlich alles um uns herum. Eine
Armada an Scheinwerfern flammte auf und traf uns aus allen Richtungen.
»Ach du Scheiße!«, hörte ich Jen fluchen.
Blind wie ein Maulwurf schirmte ich meine Augen vor dem blendend weißen Licht ab, dann hörte ich Schritte und das Geräusch von Skaterrollen, die viel zu schnell näher kamen.
Ganz genau: Ach du Scheiße.
Kapitel
EINUNDDREISSIG
Hinter der Wand aus gleißendem Licht ertönte plötzlich eine gebieterische Stimme.
»Na, wenn das nicht Hunter Braque ist, der dünne Weißfisch, der aussieht, als hätte seine Mutter keine Zeit gehabt, ihn anzuziehen.«
Obwohl ich blind und halb tot vor Angst war, ließ mich diese unfaire
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