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Cool

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Titel: Cool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Pierre Lagaillarde, so glaubt auch die Marseiller Gang nicht an einen Albert Spaggiari. Sie mißtrauen ihm, weil sie ihn für unrealistisch halten, mit einem Hang zum Größenwahn, zur Besessenheit, und weil er einen labilen Charakter hat. Sie geben ihm die Gummistiefel zurück und verschwinden. Nur >Maurer< bleibt, vielleicht, weil er Schuldgefühle hat. So erhält Spaggiari wenigstens etwas für die 28 000 Francs Vorschuß.
    Spaggiari muß seine Mannschaft nun selbst zusammensuchen. Das ist sein größtes Problem, und die Wahl seiner Komplizen ist nicht die beste.
    Typisch für ihn ist die Rekrutierung von Francis Pellegrin. In der Rue Félix-Faure gibt es ein gleichnamiges Café namens Félix-Faure. Der Barmann mixt excellente Champagner-Cocktails, serviert zwei Dutzend verschiedene Whiskysorten. Das Essen ist gut, die Gäste sind jung, attraktiv und flott angezogen. Die Autos werden doppelreihig vor der Tür geparkt (das ist >in< in Nizza), und die Trottoirs sind vollgestopft mit Motorrädern. Hier also trifft Spaggiari auf Francis Pellegrin.
    Das ist ein Schmalspur-Ganove, den die Franzosen unter >demi sel< laufen lassen. Kurzsichtig, das Gesicht voller Akne, ist er alles andere als anziehend. Er ist auch nicht clever. Um es genau zu sagen, er ist strohdumm. Erst kürzlich ist er aus dem nahegelegenen Touristendorf Beaulieu gekommen. Spaggiari beeindruckt ihn. Albert wirkt elegant, überlegen, er ist ein verrücktes Genie mit großer Klasse. Pellegrin kann kaum glauben, daß Spaggiari nur ein Hühnerzüchter ist. »Himmler hat auch Hühner gezüchtet«, sagt Spaggiari. Pellegrin weiß nicht, ob er das glauben soll oder nicht.
    Francis tut sich schwer mit Albert und fühlt sich unsicher. Aber zu seiner Überraschung nimmt der Große den Kleinen eines Tages auf die Seite: »Ich weiß, ich kann mich auf deine Diskretion verlassen. Ich muß ganz schnell einige gute Kontakte haben. Wenn du mir helfen kannst, wird es dein Schaden nicht sein«.
    Die meisten der >Kanalratten< werden auf diese Weise angeheuert. Mit vier Ausnahmen: G. und P. sind weiße Algerier und OAS-Kumpane; Capitaine V. ist ein Vietnam-Veteran; und der Maurer kommt aus der Marseiller Unterwelt. Weitere neunzehn Komplizen werden im >Millieu< von Nizza angeworben. Pellegrin trifft jemanden, der einen Fahrer kennt; Spaggiari hat einen Freund, der Leute kennt, die schnelles Geld machen wollen…
    Und da ist bereits das erste von vielen weiteren Rätseln, die die Polizei nicht lösen kann. Jede halbwegs fähige Kripo hat ihre Informanten in der Unterwelt. Kleine Gangster, die im >Millieu< bekannt sind, sich jedoch zusätzlich Geld verdienen, indem sie der Polizei hin und wieder Tips geben. In Deutschland heißen sie Spitzel, in Frankreich >indics<.
    Nun ist es so, daß intelligente und erfolgreiche Profis ihre Pläne für sich behalten. Sie können nur den allernächsten Gefolgsleuten trauen.
    Aber Spaggiari erzählt in jeder zwielichtigen Bar der Stadt, daß er Leute sucht. Es ist kaum zu glauben, daß kein einziger Spitzel in der Stadt davon Wind bekommen hat. Dennoch will die Polizei von Nizza später keine Ahnung davon gehabt haben, was Spaggari mit seinen Leuten vorhatte. Diese Unfähigkeit, dieses Desinteresse und angebliche Konfrontation der Polizei beim Bankraub des Jahrhunderts zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Wir werden darauf zurückkommen.
     
    Spaggiaris nächste Aufgabe ist die Materialbeschaffung. Und die betreibt er mit gewohnter Vorsicht. Um die Werkzeuge zu transportieren, kauft er einige Segeltuchsäcke. Sie stammen aus dem Kaufhaus >Rinascente< in Mailand.
    Zehn schwedische Stahlscheren, Made in Stockholm, werden gegen bar in Belgien gekauft.
    Er besorgt zwanzig kleine Hämmer, zwölf große und mehrere kleine Maurerkellen. Dreißig Meißel in verschiedenen Größen, eine Rolle Plastiktüten, sechs Ladungen Dynamit und drei Schneidbrenner. Dreißig Taschenlampen der Marke Super-Limijet werden in mehreren Geschäften der Altstadt von Nizza und im Kaufhaus >Cap 3000< gekauft. Meist Stück für Stück. Und Spaggiari ist wütend, als er entdeckt, daß einer der >demi sel< gleich drei auf einmal in einem einzigen Geschäft erwirbt.
    Er kauft eine Schubkarre und mehrere Eimer, um die Erde aus dem Tunnel fortzuschaffen, hölzerne Grubenstempel und Balken, um die Decke abzustützen, etliche Fünfzig-Kilo-Säcke Zement für die Wände.
    Das dreihundert Meter lange Elektrokabel stückeln sie aus Längen von vierzig und

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