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fünfzig Metern zusammen, die sie in Nizza, Menton und Antibes besorgen. Albert ersteht zwei AEG-Elektrobohrer, einen hydraulischen Lastenheber und einen kleinen Laserbohrer für fünftausend Francs. Der kann in der Minute bis zu zehn Zentimeter Stahlbeton wegfressen.
Albert sorgt für einen vorbildlichen Erste-Hilfe-Kasten, einen tragbaren Kocher, Gasflaschen für die Schneidbrenner, Gummihandschuhe und wasserdichte Overalls, so wie sie die Kanalarbeiter tragen, und einen Berg von Handschuhen - angefangen vom dicken Schutz- bis zum dünnen Operationshandschuh.
Er kauft einen Dunstabzug, so wie er nur in der Industrie verwendet wird. Die Luft im Tunnel soll möglichst einigermaßen rein bleiben.
Gestohlen werden nur einige Hundert U-Haken, die zur Befestigung des Elektrokabels an der Decke der Kanäle dienen. Sie sind von einem Neubau in der Nähe von Grasse verschwunden. Zweifellos hat einer der Ganoven das Geld, das ihm Spaggiari für den Kauf gegeben hat, in die eigene Tasche gesteckt.
Um die gesamte Ausrüstung mehrere hundert Meter durch die Kanalisation zu schaffen, besorgt Spaggiari zwei aufblasbare Schlauchboote und eine Reihe von Lastwagen-Schläuchen.
Spaten, Schaufeln, Schraubenzieher, Schutzbrillen, Brecheisen - die Liste ist endlos. Alles wird kreuz und quer in Europa zusammengekauft: Niemals auffällig, niemals in großer Anzahl, nur immer in kleinem Umfang und meist in Kaufhäusern. Spaggiari legt es darauf an, daß die Ausrüstung, die er und seine Männer hinterlassen, der Polizei viel Arbeit und viele Rätsel aufgibt. Genau das trifft später ein.
Spaggiari braucht jetzt einen sicheren Ort, wo er all das Zeug horten kann. So mietet er eine Villa in Castagniers, einem Dorf, das nur wenige Kilometer von Nizza entfernt liegt. Er hätte alles auf seine Farm bringen können, doch er glaubt, daß die Villa sicherer ist. Und das war ein Fehler.
III.
EIN EIFERSÜCHTIGES WEIB
Das Ohr der Eifersucht hört alle Dinge
Aus der Salomonischen Spruchsammlung
Die erste Spur der >Kanalratten< - so werden Spaggiaris Männer alsbald genannt - wird bereits zwei Wochen vor dem Superding gefunden. Schuld daran ist ein eifersüchtiges Weib.
Es ist die Ehefrau eines Spediteurs in den mittleren Jahren, der das Leben liebt und dafür auch genügend Geld hat. Sein Haar ist graumeliert, doch sein Körper ist noch voll durchtrainiert. Für sein Alter ist er noch sehr attraktiv und weiß dies nur zu genau. Er ist ein großer Spaßvogel und zieht gern seine Show ab, wenn er am Strand von Ville-neuf-Loubet die Muskeln spielen läßt. Seine Geschäfte laufen gut, und das Ehepaar hat einen 20jährigen Sohn. Anfang 1976 entdeckt die Ehefrau - wir wollen sie Madame V. nennen -, daß ihr Ehemann eine Geliebte hat und dieser eine Villa in Cagnes-sur-Mer offeriert. Sie ist stinkwütend und bespricht mit einem Rechtsanwalt bereits die Scheidung. Aber zum Schluß entscheidet sie sich, doch nichts zu unternehmen, nichts mehr zu sagen und das Ende der Affäre abzuwarten.
Am 8. Juli 1976 macht Monsieur V. eine Geschäftsreise nach Lion. Am Abend entdeckt seine Frau, daß am Schlüsselbord ein Schlüssel fehlt. Es ist der zu einer Villa in Castagniers, die nicht Monsieur V. gehört, sondern einem seiner Freunde. Der lebt in Mittelfrankreich, und das Ehepaar V. hat sich bereit erklärt, des öfteren nach seiner Villa zu schauen. Die Fenster zu öffnen, Radio zu spielen, bisweilen im Garten zu sitzen. So zu tun, als ob das Haus bewohnt wäre, um mögliche Einbrecher zu verscheuchen. Madame V. verdächtigt ihren Mann sofort, nicht nach Lion gefahren zu sein. Sie glaubt, daß er sich wieder ein Nymphchen mit in die Villa von Castagniers genommen hat. Am nächsten Tag, es ist der 9. Juli, steigt Madame V. in ihren cremefarbenen Peugeot und fährt in Richtung Castagniers. Sie weiß noch nicht genau, was sie eigentlich will, als sie mit rund achtzig Stundenkilometern auf der Schnellstraße hinter dem Airport losbraust. Sie raucht eine Zigarette nach der anderen, und ihr vierzig Jahre altes Gesicht zeigt deutlich die Spuren von Übermüdung und Anspannung.
Die Villa ist nicht weit von der Hauptstraße entfernt, doch es dringt kein Autolärm bis hierher. Sie ist im provenzialischen Landhausstil gebaut, von Olivenbäumen umgeben, hat ein rotgeziegeltes Dach, und der Naturstein ist eierschalengelb. Sie liegt hoch am Berghang, und man hat von dort einen atemberaubend schönen Ausblick. Madame V. hält in einiger
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