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Coole Geschichten für clevere Leser

Coole Geschichten für clevere Leser

Titel: Coole Geschichten für clevere Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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George vermutlich heiraten würde, wenn er endlich ein Datum festsetzte.
    Nein, George Picken wußte, er würde es nie fertigbringen, die dicken Geldbündel, die ihm anvertraut waren, einfach zu nehmen. Aus diesem Dilemma führte eigentlich nur ein Ausweg. Die First Central mußte überfallen werden. Er dachte ständig daran, besonders wenn er die Morgenzeitung aufschlug und Berichte über Banküberfälle in allen Teilen des Landes darin fand. Bankraub wurde ja förmlich zum nationalen Zeitvertreib, zu einer Art Volkssport, einem neuen Beruf! Heutzutage raubte jedermann Banken aus! Nicht nur Berufsverbrecher mit Waffen, Gasmasken und Fluchtwagen kamen zum Abheben. Kleine Omas schoben den Kassierern Drohbriefe hin, pubertäre Jünglinge entkamen mit vielen tausend Dollar Beute, krasse Amateure leerten Kassenboxen von Maine bis Kalifornien. In Amerika gab es kaum eine Bank, die nicht schon überfallen worden war, überlegte George mürrisch. Rühmliche Ausnahme war natürlich die First Central Bank von Southwick Corners. Was stimmte mit dieser Bank nicht? Hatte sie eine Art monetären Ausschlag? Ließen sich angehende Übeltäter von den bloßen vier Millionen Dollar Aktiva der Bank abschrecken? Oder hatten sie Angst vor Mr. Ackermann, dem uralten Wächter, der in seinen zweiundzwanzig Dienstjahren seine Waffenhalfter kein einziges mal hatte aufknöpfen müssen? Oder hatte er einfach Pech?
    Niedergeschlagen kam George Picken täglich von der Arbeit nach Hause und stellte sich dabei immer wieder diese Fragen. Warum, warum, warum? Wo doch Banküberfalle spürbar zunahmen – warum konnte er nicht mal an die Reihe kommen?
    Natürlich hatte Georges Wahn Methode. Eine Methode, die ihm schon vor langer Zeit eingefallen war. Der Plan war schlicht und ging etwa so:
    Wenn Bankräuber A Bankkassierer B überfällt …
    Und wenn Bankkassierer B Bankräuber A einen bestimmten Geldbetrag übergibt …
    Wer weiß dann genau, wieviel Geld Bankräuber A von Bankkassierer B erhalten hat?
    Was hindert Bankkassierer B daran, das gesamte verbliebene Geld einzustecken und zu behaupten, es sei ebenfalls von Bankräuber A mitgenommen worden?
    Es war eine einfache arithmetische Aufgabe, und jedesmal wenn George Picken den Plan überdachte, hatte er weniger daran auszusetzen.
    Der Plan hatte nur einen Haken.
    Wo blieb Bankräuber A?
    Eines Morgens erwachte George Picken mit einer seltsamen Vorahnung. Als sie ihn am Frühstückstisch erblickte, wußte Tante Finney sofort, daß ihn etwas beunruhigte.
    »Bist du krank, George?«
    »Nein, Tante Finney. Warum fragst du?«
    »Du siehst krank aus. Muß an dem Essen liegen, das du in der Stadt bekommst. Vielleicht ist es besser, wenn du künftig mittags nach Hause kommst. Eine richtig gekochte Mahlzeit am Tag wird dir guttun.«
    »Mir fehlt nichts«, sagte George Picken.
    Auf dem Weg zur Arbeit traf er Jennifer und verspürte plötzlich den Drang, ihr etwas zu sagen.
    »Jennifer …«
    »Ja, George?«
    »Jennifer, wegen der – Sache, über die wir neulich gesprochen haben. Du weißt schon, in der Hollywoodschaukel.«
    Sie errötete. »Ja, George?«
    »Ich wollte dir nur sagen, es dauert jetzt nicht mehr lange. Ich hab’s in den Knochen.«
    Als er die Bank betrat und auf seine Kasse zuging, begrüßte ihn Mr. Burrows, der Präsident, mit dem üblichen Nicken.
    »Guten Morgen, Mr. Burrows«, sagte George fröhlich. »Ein herrlicher Tag, nicht wahr?«
    Mr. Burrows blinzelte ihm erstaunt nach, brummte etwas und ging in sein Büro.
    Um zwei Uhr ging die Tür auf, und Bankräuber A erschien.
    An seiner Identität bestand kein Zweifel. Zum einen schlich er in den Kassenraum. Die Kundschaft der First Central schlenderte oder latschte herein. Schleichen war hier noch nicht beobachtet worden. Eindeutiger war der Umstand, daß der Mann sich vor den unteren Teil des Gesichts ein weißes Taschentuch gebunden hatte. In Southwick Corners trug man so etwas höchstens zum Halloween.
    »Herhören«, sagte der Mann heiser. »Dies ist ein Überfall!«
    Die Worte zerstreuten nun wirklich den letzten Zweifel an seinen Absichten – unterstrichen durch den häßlichen schwarzen Revolver, den er aus der rechten Tasche zog. Mr. Ackermann, der Wächter, stieß einen leisen spitzen Schrei aus. »Sie«, sagte der Bankräuber zu ihm. »Auf den Boden legen!« Zufrieden seufzend wälzte sich Mr. Ackerman hin, wie ein altersschwacher Dobermann. Mr. Burrows kam aus seinem Büro, knurrte beim Anblick des Banditen und machte

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