Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Coole Geschichten für clevere Leser

Coole Geschichten für clevere Leser

Titel: Coole Geschichten für clevere Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
Vom Netzwerk:
Anstalten umzukehren. Der Bankräuber forderte ihn höflich auf, zurückzukommen. Mr. Burrows brummte unwillig, kam der Aufforderung aber nach.
    Dann näherte sich der Maskierte George Pickens Schalter.
    George seufzte erleichtert auf. Es gab zwei Kassen, seine und die von Miss Dykes, und die Chancen, ins Geschäft zu kommen, standen fünfzig zu fünfzig. Zum Glück verfiel der Bankräuber auf ihn.
    »Los!« forderte der Mann. »Raus damit!«
    »Jawohl, Sir«, sagte George energisch. »Wie darf’s gestückelt sein?«
    George griff in seine Kassenbox und nahm die Scheine aus den oberen Fächern. Die Gesamtsumme betrug fast sechstausend Dollar. Darunter befand sich eine zweite Schicht von Geldbündeln, ebenfalls etliche tausend. Er reichte die Pakete hinaus, und der Bankräuber griff gierig danach. Er steckte sie in die Tasche, fuhr herum und eilte zum Ausgang. Während alle Anwesenden die Flucht von Bankräuber A beobachteten, nahm Bankkassierer B in aller Ruhe den Deckel von seiner Kassenbox und ließ unauffällig die größten Scheine in seiner Hosentasche verschwinden.
    Die Tür schwang zu, und der Bankräuber war fort.
    Beehren Sie uns bald wieder, dachte George.
    Dann fiel er in Ohnmacht.
    Als er wieder zu sich kam, überfiel ihn die Sorge, daß man ihn womöglich durchsucht hatte. Er legte die Hände auf die Hosentaschen und spürte die dicken Geldscheinbündel. Dann lächelte er in die besorgten Gesichter, die sich über ihn beugten.
    »Alles in Ordnung«, sagte er mutig. »Ich habe nichts.«
    »War das nicht schrecklich?« fragte Miss Dykes, die zweite Kassiererin, mit vor Erregung funkelnden Augen.
    »Haben Sie schon mal so etwas Freches erlebt?«
    »Nein«, sagte George. »Mr. Burrows …«
    »Mr. Burrows ruft gerade bei der Polizei an«, sagte Mr. Bell, der Chefrevisor. »George, sollen wir bestimmt keinen Arzt holen?«
    »Nein, nein, mir fehlt nichts. Wenn ich nur schnell nach Hause gehen könnte …«
    »Das sollten Sie tun«, sagte Miss Dykes. »Sie sollten nach Hause gehen, Mr. Picken. Was für ein schreckliches Erlebnis!«
    »Ja«, sagte George. »Wirklich schrecklich!«
    Wenige Minuten später stand er auf der Straße. Das Geld zählte er erst, als er die Tür seines Zimmers fest hinter sich verschlossen hatte. Siebentausendfünfhundert Dollar. Er war sehr zufrieden.
    Am nächsten Morgen erwachte er spät, meinte er doch ein Recht darauf zu haben. Als er schließlich nach unten kam, teilte ihm Tante Finney mit, daß jemand von der Bank angerufen und sich nach seinem Befinden erkundigt habe. Sie habe geantwortet, es gehe ihm gut, er brauche aber noch Ruhe und würde heute wahrscheinlich nicht zur Arbeit kommen.
    »O nein«, sagte er entschlossen, wollte er doch weiterhin als fleißiger und loyaler Angestellter gelten. »Das kann ich nicht machen, Tante Finney. Es gibt zu tun.«
    »Ach was«, sagte seine Tante. »Deine Gesundheit ist wichtiger. Außerdem bleiben die Schalter heute sowieso geschlossen. Ich glaube, es findet heute eine außerordentliche Kassenrevision statt oder so.«
    »Um so wichtiger ist es, daß ich hingehe«, sagte George, wie es sich für einen Bothwick-Schüler gehörte.
    Er zog sich an und fuhr in die Stadt. Am Ziel angekommen, sah er, daß seine Tante recht hatte: die Bank blieb offensichtlich geschlossen, obwohl sämtliche Angestellten anwesend waren. Am erstaunlichsten war jedoch der Umstand, daß das Personal außerordentlich guter Laune zu sein schien. Miss Dykes lächelte fröhlich hinter ihrem Gitter, Mr. Bell, der an seiner Additionsmaschine beschäftigt war, blinzelte ihm verschmitzt zu. Der alte Mr. Ackerman rollte federnd von den Zehenspitzen auf die Absätze, hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt und wirkte so gelassen wie eh und je. Und als man ihn aufforderte, in Mr. Burrows Büro zu kommen, sah er sich dort einem eigenartig aufgebrachten Bankpräsidenten gegenüber.
    »Sie wollten mich sprechen, Mr. Burrows?«
    »Gewiß. Kommen Sie rein, George!«
    Mr. Burrows’ Zähne waren wohlgeraten und makellos. George hatte sie noch nie gesehen.
    »Ich möchte Sie jemandem vorstellen, George. Einem alten Freund von Ihnen.« Mr. Burrows lachte leise.
    Jetzt erst sah George den Mann im Sessel. Er erkannte ihn sofort als Mr. Carruthers, den Ex-Präsidenten der First Central Bank und derzeitigen Vorsitzenden des Aufsichtsrats, ein Titel, der die Härte der Pensionierung etwas abmildern sollte. Mr. Carruthers, ein drahtiger, energischer Gentleman um die siebzig, lächelte

Weitere Kostenlose Bücher