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Coole Geschichten für clevere Leser

Coole Geschichten für clevere Leser

Titel: Coole Geschichten für clevere Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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für sie …«
    Der Schock über den Tod seiner Frau Harriet fesselte Owen eine Woche lang ans Haus. Verständlicherweise wehrte er Besuche seiner Freunde ab und akzeptierte ihre schriftlichen und fernmündlichen Beileidsbekundungen mit angemessenem Ernst. Als die Presse ihn über den Mord interviewte und sehr direkte Fragen über den gutaussehenden Tanzlehrer stellte, der seiner Anklage durch die Grand Jury entgegensah, hielt er sich mit seinen Antworten sehr zurück. Er habe keinen Grund, seine Frau der Untreue zu verdächtigen; er kenne Douglas Farr nicht und sei sicher, es werde keinen Skandal geben. Wenn Farr den Tod seiner Frau herbeigeführt habe, dann sicher aus Affekt. Sein Verhalten trug ihm gute Noten ein. Die Zeitungen stellten ihn als trauernden Ehemann hin, der in aller Unschuld von einer Geschäftsreise aus dem Ausland zurückkehrt und sein Heim und Glück zerstört findet. Wenn mit der Erwähnung des riesigen Vermögens, das nach Vollzug von Harriets Testament ihm gehören würde, noch anderes angedeutet werden sollte, so wurde solchen Unterstellungen durch die einfachen, klaren Tatsachen jeglicher Wind aus den Segeln genommen:
    Als Harriet Layton starb, befand sich ihr Mann mitten auf dem Atlantik. Ein Tanzlehrer, dessen Moral sowohl in der Öffentlichkeit als auch bei der Polizei bekannt war, hatte sie als letzter lebendig gesehen. Ein Streit zwischen Liebenden? Das mutmaßte die Sensationspresse. Owen aber enthielt sich jeder Spekulation. Bewundernswert gefaßt erwartete er die Beschlüsse des Strafgerichts wie auch des Erbschaftsgerichts, überzeugt, daß die Gerechtigkeit hier wie dort siegen werde.
    An einem Freitagabend zwei Wochen nach der Rückkehr aus dem Ausland saß Owen allein im unteren Wohnzimmer und beschäftigte sich geduldig mit der Minderung von Harriets Brandyvorräten.
    Es war still im Haus, angenehm still. Als diese Ruhe durch das Klingeln des Telefons unterbrochen wurde, fühlte sich Owen gestört. Unwirsch griff er nach dem Hörer und vernahm eine ihm unbekannte Frauenstimme.
    »Owen? Hier Sheila.«
    »Wie bitte?«
    » Sheila. Gott, es tut mir schrecklich leid, daß ich nicht vorher anrufen konnte, doch ich habe eben erst davon erfahren, ehrlich, ich hab’s in den Zeitungen gelesen, die ganze schlimme Geschichte. Du mußt dich ja schrecklich fühlen!«
    »Sind Sie sicher, daß Sie die richtige Nummer gewählt haben? Hier spricht Owen Layton.«
    »Ja!« Die Stimme klang verärgert und plötzlich seltsam feindselig. »Hör mal, was für eine Tour soll denn das werden? Ist jemand bei dir?«
    »Nein.«
    »Weshalb dann die Schau? Hör mal, ich hab dir gesagt, du sollst mir nicht mit Ausreden von einer bloßen Bordromanze kommen. Ich kann das nicht ab.«
    »Bordromanze?«
    »Hör mal, Owen, ich möchte mich sofort mit dir treffen. Wir haben einiges zu bereden.«
    Owen bedeckte die Sprechmuschel mit der Hand und starrte ungläubig auf den Apparat. Dann kam ihm ein schrecklicher Verdacht.
    »Hast du Sheila gesagt? Von – der Empire?«
    »Von der Empire – natürlich! Behaupte bloß nicht, du bist so durcheinander! Sicher hast du einen Schock hinter dir, aber so wie du über deine Frau geredet hast, war sie dir doch egal! Hör also endlich auf!«
    Owen äußerte in Gedanken einen Fluch, in dem Robin eine große Rolle spielte.
    »Ich habe nicht viel Zeit«, fuhr Sheila fort. »Ich möchte dich heute abend sehen.«
    »Nein«, sagte er hastig. »Nein, das ist unmöglich.«
    »Hör mal, wenn du meinst, du kannst mich so einfach abschieben …«
    »Das habe ich ja gar nicht gesagt. Ich habe gesagt, ich kann mich heute abend nicht mit dir treffen. Ich – ich erwarte Besuch, wichtige Leute, Geschäftsfreunde.«
    »Also morgen ganz früh.«
    »Unmöglich!«
    »Hör mal, Owen, so leicht wirst du mich nicht los. Nicht nach der Woche auf dem Schiff. Verstehst du?«
    »Ich sage dir, es geht nicht! Ich verreise, ich verlasse die Stadt und weiß nicht, wann ich zurückkomme …«
    »Ich bitte dich!«
    Er ließ den Hörer fallen, als wäre er plötzlich zu heiß geworden. Der Hörer klapperte auf die Gabel und kam zum Stillstand.
    Jetzt fluchte Owen, so laut er konnte.
    Dann wählte er Robins Nummer.
    »Du Idiot!« schrie er in die Muschel. »Du verdammter Dummkopf!«
    »Owen?«
    »Ja, Owen!« dröhnte er. »Weißt du, von wem ich eben gehört habe? Von Sheila! Sagt dir der Name etwas?«
    Es kam keine Antwort, nur ein vager Laut war zu hören, der darauf schließen ließ, daß Robin trocken

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