Coolman und ich. Ein Job für alle Fälle (German Edition)
wir letztes Jahr alles schon in Bio durchgenommen«, antworte ich, obwohl ich nicht gern daran zurückdenke. Die Mädchen haben die ganze Zeit albern gekichert, und wir Jungs sind alle knallrot geworden.
»Ehrlich wahr?!«, ruft mein Vater und dreht sich erleichtert zu mir um. »Dann brauche ich dir ja gar nichts mehr zu erklären. Schön! Sehr schön!«
Er nimmt das Glas mit dem Orangensaft und stellt es vor mich hin. Es ist so voll, dass es beinahe überläuft.
»Außerdem hat deine Mutter gesagt, du willst dir etwas Geld verdienen? Finde ich gut. Man kann nicht früh genug damit anfangen, für sich selbst zu sorgen. Wenn du möchtest, kannst du heute Abend als Komparse im Theater einspringen. Da sind ein paar ausgefallen«, erklärt mein Vater, und man spürt förmlich, wie erleichtert er ist, über etwas anderes als die menschliche Fortpflanzung reden zu können.
»Danke, kein Bedarf«, antworte ich, weil ich keine guten Erinnerungen an das Theater habe.
Obwohl der Job schon verlockend klingt. Als Komparse braucht man nichts zu sagen, steht nur rum, damit die Bühne nicht so leer aussieht, und kriegt auch noch Geld dafür.
»Jeder Komparse erhält 50 Euro für den Abend.«
»Doch Bedarf. Großen Bedarf sogar«, korrigiere ich mich schnell. »Solange ich mich auf der Bühne nicht ausziehen muss.«
»Diesmal zieht sich keiner aus. Noch nicht mal deine Mutter oder ich«, beruhigt mich mein Vater und packt die Zeitung ein, weil er losmuss. »Ich sag an der Pforte Bescheid. Melde dich da einfach um fünf.«
Bis dahin bleibt mir noch genau eine Stunde. Genug Zeit, um Lena anzurufen.
»Hier ist der Anschluss von Gustav, Helga, Lena und Max Stolze:
Wer hier draufspricht, hat viel Glück,
denn den rufen wir zurück.
Gleich macht es dann noch mal Piep,
denn wir haben uns alle lieb.«
Ich kann nur hoffen, dass es nicht Lena war, die sich diesen bescheuerten Piepsspruch für den Anrufbeantworter ausgedacht hat.
Die Idee mit dem Draufsprechen auf den AB ist gut, die mit dem Gedicht nicht.
»Ääh, ja, ääh ... hier ist eine Nachsicht ... ääh ... Nachricht für Lena. Ich wollte nur sagen, guck doch mal in die Mikrokelle ... ääh ... Mikrowelle. Da ist ein Geschenk für dich. Bis später«, stammle ich stattdessen und beschränke mich damit auf das Wesentliche.
Als ich auflege, fällt mir ein, dass ich meinen Namen gar nicht gesagt habe. Also rufe ich noch mal an.
»Hier noch mal ich. Also mit ›ich‹ meine ich mich, also Kai. Das hatte ich vergessen eben. Kai war es, der angerufen hat, also ich.«
Das habe ich sogar ganz ohne zu stottern hingekriegt. Ich hoffe nur, Lena weiß, welche Mikrowelle gemeint ist. Nicht dass sie bei sich in der Küche nachguckt, und da steht dann nur ein Kartoffelauflauf drin, und sie denkt, ich verarsche sie. Also wähle ich noch einmal ihre Nummer. Die kann ich mittlerweile auswendig.
»Ich wieder, also Kai. Hallo, Lena, dein Geschenk ist in dem Gewinn von gestern. Dem Mega-Super-Hauptgewinn von der Losbude, du weißt schon. Ich melde mich!«
Das tue ich genau zwei Minuten später, weil mir aufgefallen ist, dass das auch ein bisschen missverständlich sein könnte mit dem »Dein Geschenk ist in dem Gewinn von gestern«. Ich will ja nicht, dass sie versehentlich ihr Gigaplüschschwein ausweidet, um mein Geschenk zu suchen. Danach wäre sie bestimmt doppelt sauer auf mich, weil sie zwischen der Füllung nichts gefunden hat und die ganze Aktion ihrem süßen rosa Schwein sicher auch nicht wirklich gut bekommt.
»Hier noch mal ich. Ich wollte nur noch mal klarstellen, damit es da keine Verwechslungen gibt, dass dein Geschenk in der Mikrowelle ist. Also nicht bei euch in der Küche und vor allem nicht in dem Schwein. Also lass bitte das Schwein aus dem Spiel ...«
»Wer spricht da?«, werde ich barsch von einer männlichen Stimme unterbrochen. Es ist Lenas Vater, der Bürgermeis-ter, der gerade nach Hause gekommen sein muss. »Hier ist kein Schwein! Unverschämtheit! Sie haben Glück, dass ich in Eile bin, sonst könnten Sie was erleben! Rufen Sie hier nie wieder an, sonst kriegen Sie es mit der Polizei zu tun!«
Der Bürgermeister legt auf, und ich kann jetzt nur noch hoffen, dass ...
1) Lenas Vater meine Stimme nicht erkannt hat,
2) Lena ihr Plüschschwein am Leben lässt
und
3) sie in der richtigen Mikrowelle nachsieht.
Die geschätzten siebenundzwanzig Anrufe auf Lenas AB haben mich eine Menge Zeit gekostet. Ich muss los, um pünktlich am Theater zu sein. An der
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