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Coolman und ich. Rette sich, wer kann. (German Edition)

Coolman und ich. Rette sich, wer kann. (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Rette sich, wer kann. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Bertram
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zurück zum Start zu schleppen. Sie warten auf uns, und das bestimmt nicht, um uns zu unserem Erfolg zu gratulieren.
    »Sabotage!«, brüllt der kleine Lord schon von Weitem und zeigt auf ein faustdickes Leck im Boden des Bootes. Dann folgt eine lange Reihe englischer Schimpfwörter, die ich zum Glück nicht verstehe.
    Charles wird von mindestens einem Dutzend grimmig dreinblickender Leibeigener umringt. Sie haben Kricketschläger in der Hand und sehen genauso sauer aus wie ihr fluchender Unterdrücker.
    Alex und Justin machen das einzig Vernünftige. Sie springen ins Wasser, waten zum Ufer und laufen davon, so schnell sie das in ihren nassen knielangen Röcken können.
    Ich denke, das kann man als Geständnis werten.
    Weil ich nicht annehme, dass die Engländer mir glauben, dass ich von dem Loch nichts gewusst habe, springe ich schnell hinterher.

    »Ich bin unschuldig! Bitte glaub mir!«, rufe ich Lena zu, als ich die Uferböschung erklimme. Dann renne ich Alex und Justin hinterher.
    So, wie ich das sehe, wird es Jahre dauern, bis die deutsch-englischen Beziehungen wieder als halbwegs normal gelten können. Bis dahin wird mir nichts anderes übrig bleiben, als mich mit Alex und Justin in die Wälder zu schlagen und dort als Rechtloser zu leben.

8. Kapitel
    Geisterstunde

    Nach zwei Stunden reicht es Alex und Justin. Im Wald ist es kalt, nass und außer ein paar Bucheckern gibt es nichts zu essen. Außerdem wollen sie ihre Röcke loswerden, weil es zwischen den Beinen so zieht. Als aus der Ferne Harveys Dudelsack das baldige Zubettgehen unserer Gasteltern ankündigt, machen sich die zwei auf den Heimweg.
    Ich nicht! Ich habe noch etwas Wichtiges zu erledigen.
    Bevor die beiden aufbrechen, lasse ich mir von ihnen den Einstieg zu dem Geheimgang zeigen. Von außen ist er kaum zu erkennen. Das Loch liegt perfekt getarnt hinter einem Haselnussstrauch und ist nicht viel größer als ein Gullydeckel. Die Leute müssen früher wirklich deutlich kleiner gewesen sein als heute, wenn sie da durchgepasst haben.

    Unter einer alten Buche finde ich einen Platz, der halbwegs trocken ist. Hier werde ich warten, bis es ganz dunkel ist. Dann schleiche ich mich in die Burg und suche nach dem Hut dieses Seehelden, um zu beweisen, dass Charles ein elender Betrüger ist.
    Das ist meine einzige Chance, Lenas alberne Schwärmerei für den kleinen Lord endlich zu beenden.
    Ich knabbere an ein paar Bucheckern – eine echte Abwechslung zu meiner Schwarzbrotdiät – und lausche auf die Geräusche des Waldes. Drüben auf der Burg kläfft Hamlet und irgendwo in der Nähe ist ein Käuzchen zu hören. Dann ertönt plötzlich ein Scharren und kurz darauf laufen ein Dutzend großer Vögel direkt vor mir über den Weg. Würde ich den Arm ausstrecken, könnte ich sie berühren. Aber das tue ich nicht. Ich verhalte mich ganz still, um sie nicht zu verscheuchen. Die Tiere gleichen dem armen Vogel, den ich mit meinem Pfeil getroffen habe, bis auf die Schwanzfeder. Immer mehr Großtrappen kommen aus dem Gebüsch, und es sieht fast so aus, als wollten sie hier ihre Jahreshauptversammlung abhalten.
    Von wegen vom Aussterben bedroht!
    Das hat der kleine Lord nur gesagt, damit ich vor Lena noch mieser dastehe.
    Dafür wird der eingebildete Snob büßen!

    Nicht mit mir. Ich bin doch nicht blöd und lasse mich auf ein weiteres Duell mit dem kleinen Lord ein. Nicht, dass ich keine Chance gegen ihn hätte. Aber warum soll ich das Risiko eingehen, schon wieder gegen ihn zu verlieren?
    Diesmal lasse ich mich nicht von COOLMANs Tipps in die Irre leiten. Diesmal gehe ich meinen eigenen Weg, und am Ende dieses Weges wird der kleine Lord noch kleiner sein, als er jetzt schon ist.
    Ich kann es gar nicht erwarten!
    Die Großtrappen ziehen weiter und verschwinden in einem Gebüsch. Ich flüstere ihnen ein aufrichtig gemeintes »Bitte, verzeiht mir!« hinterher. Zu meiner Erleichterung scheinen sie mir meinen Fehlschuss nicht weiter übel zu nehmen. Vielleicht war die Trappe, die ich erlegt habe, ein unausstehlicher Angeber, so wie der kleine Lord, und seine Artgenossen sind mir gar nicht böse, dass er jetzt bald ausgestopft in der Burg auf dem Kaminsims hockt.
    Als die Großtrappen verschwunden sind, sehe ich auf die Uhr. Es ist kurz vor halb zwölf. Höchste Zeit, aufzubrechen.
    Ich atme tief durch, dann beginne ich auf allen vieren in das Loch hineinzukrabbeln. Dabei singe ich leise, um die Ratten vor mir herzutreiben, die es hier hoffentlich gar nicht

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