Cop
in ihrem Zimmer war, stieg er aus und ging am Rand des Grundstücks entlang zu ihrem Fenster. Er lugte hinein und sah ihr zu, wie sie sich bettfertig machte. Die kleine Sarah. Er wartete, bis sie eingeschlafen war, bevor er das Teppichmesser aus der Tasche zog und das Fliegengitter aufschnitt. Er wollte nicht, dass sie sich erschreckte, ehe er nah genug war, um ihr den Mund zuzuhalten.
Die Warterei hatte sich gelohnt. Als er ihr die neue Sarah brachte, strahlte Beatrice genau so, wie er es sich vorgestellt hatte. Die Sonne ging wieder auf.
An der Ecke Crockett und Hackberry muss Henry an einer roten Ampel halten. Er legt den Kopf in den Nacken, leert sein Bier bis auf den letzten Rest und wirft die Dose zu den anderen gefallenen Soldaten in den Fußraum. Dann zieht er ein frisches Budweiser aus dem Sixpack. Als er aus dem rechten Fenster schaut, entdeckt er einen von Pastor Wardens Dackeln – der Hund gräbt mit geducktem Kopf und wirbelnden Beinen im Blumenbeet vor der Rollschuhbahn. Erdklumpen segeln durch die Luft und regnen auf den Gehsteig. Henry fragt sich, wann oder ob überhaupt es jemandem auffallen wird, wie zerkratzt sein Wagen plötzlich ist, und daraufhin die Verbindung zu Wardens Zaun zieht, zumal der grüne Lack des Pick-ups wahrscheinlich Spuren am Maschendrahtzaun hinterlassen hat.
Die Ampel schaltet auf Grün, und Henry drückt aufs Gaspedal.
Wenig später biegt er auf den Parkplatz an der Ostseite des kleinen Campus ein, hält vor dem zweistöckigen Gebäude, in dem der Unterricht abgehalten wird, und stellt den Motor ab. Im Erdgeschoss ist noch bis zehn Uhr abends Betrieb, doch bis dahin haben er und Mike mit dem ersten Stock genug zu tun. Dort ist schon ab vier Uhr nachmittags keine Menschenseele mehr.
Henry leert das zweite Bier, greift sich die restlichen drei Dosen und die Brotzeittüte und steigt aus.
Als er das Hausmeisterbüro betritt, schlüpft sein Kollege Mike gerade in den blauen Arbeitsoverall. Mike gehört fast schon zum Inventar, er ist seit bald drei Jahren dabei, obwohl er nicht fest angestellt ist. Sobald er mehr als hundertachtzig Tage am Stück arbeitet, hat er Anspruch auf Sozialleistungen. Daher muss ihn Henry alle sechs Monate entlassen, um ihn nach einem Monat wieder einzustellen. Nicht, dass ihm das Spaß machen würde, ganz im Gegenteil, aber das College bewilligt ihm nun mal keinen Vollzeitangestellten.
Mit einem Lächeln auf den Lippen schlendert er durch die Tür. »Hey, Mike. Bin ein bisschen spät dran, tut mir leid.«
»Dann lässt du mich heute die Klassenzimmer machen?«
»Ganz so leid tut es mir auch wieder nicht.«
»Aber Doug behauptet immer, ich würde Chips aus dem Ständer klauen.«
»Dann klau halt keine Chips aus dem Ständer.«
»Du weißt doch, was ich verdiene. Sechs Dollar die Stunde.«
Henry zuckt die Schultern. So ist das Leben. Nachdem er ebenfalls in seinen blauen Overall gestiegen ist, geht er rüber zu seinem Putzwagen, rückt ihn ein Stück von der Wand ab und begutachtet ihn mit kritischem Blick. Volle Putzmittelflaschen, ausreichend Müllbeutel, Gummihandschuhe, Papierhandtücher und ein paar Neonröhren, falls er über die eine oder andere defekte Deckenleuchte stolpert. Alles ist, wie es sein soll, und so rollt er den Wagen aus dem Büro auf den Flur.
Bis zwei Uhr morgens wird er sich damit beschäftigen, die Klassenzimmer auf Vordermann zu bringen. Das ist seine Aufgabe, und ihm gefällt der Job. Besonders anspruchsvoll ist er nicht, vor allem nicht besonders abwechslungsreich, aber dafür umso entspannter. Sobald man den richtigen Rhythmus gefunden hat, kann man die Nacht einfach an sich vorbeiziehen lassen.
Er geht zur Cafeteria, die jetzt geschlossen ist – wie immer zwischen vier Uhr nachmittags und sechs Uhr morgens –, sperrt auf, marschiert zum Chipsständer und stibitzt eine Tüte Doritos. Gemächlich trottet er zurück zur Tür und schließt hinter sich ab. Natürlich wird Doug merken, dass eine Tüte fehlt, aber das kann ihm egal sein. Er kann es ja auf Mike schieben.
Ian hält vor dem Haus, das früher sein Haus war. Eigentlich ist es nichts Besonderes – ein einfaches Ziegelgebäude mit einem Rasenstück davor und einem Baum daneben, dessen Äste in den Himmel ragen wie gebrochene Finger. Aber früher hat es ihm gehört. Jetzt schläft ein anderer Mann neben seiner Frau, schaut Baseball auf seinem Fernseher, isst Mahlzeiten, die in seiner Küche zubereitet wurden, und benutzt dazu das Geschirr und das Besteck,
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