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Cop

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Titel: Cop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Jahn
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schmutzige Geschirr. Ein durchdringender Gestank verbreitete sich im Haus. Henry zog sie aus und versuchte, sie mit einem Waschlappen abzuwischen, während sie reglos dahockte, sich nicht wehrte, ihm aber auch nicht half. Doch es brachte nichts, bald entdeckte er die ersten wunden Stellen auf ihrer Haut, kleine runde Flecken, wie mit einer glühenden Zigarette eingebrannt. Manche dieser Flecken entzündeten sich. Doch sie wollte sich immer noch nicht rühren.
    Das konnte er nicht länger mit ansehen. Er musste etwas tun.
    Also fuhr er ein paar Tage durch die Gegend und hielt Ausschau nach möglichen Sarahs. Er lungerte vor Kindergärten in Mencken herum, aber die Kinder waren alle zu groß, sie hätten ihre Sarah nicht ersetzen können. Er probierte es im Mencken Regional Medical Center, aber dort kam er nicht weiter als bis zum Empfang. Doch dann hatte er Glück – ausgerechnet in einer Albertsons-Filiale. Dabei war er eigentlich gerade gar nicht auf der Suche, er wollte nur den Wocheneinkauf erledigen. Doch plötzlich bot sich ihm die ideale Gelegenheit: ein Baby allein im Einkaufswagen, während die Mutter über dem Kofferraum eines Kombis hing und mit einem Haufen Tüten kämpfte. Diese Chance konnte er sich nicht entgehen lassen. Kurz entschlossen schlenderte er zum Einkaufswagen, griff sich das Baby und lief in der Deckung eines grauen Nissan zurück zu seinem Pick-up. Er ging zügig, aber ohne zu rennen. Damit hätte er sich nur verraten, das wusste er. Gleichzeitig warf er einen ersten Blick auf das Baby: Es hatte ein ovales Gesicht, blaue Augen – keine grünen – und eine rosa Schleife im Haar. Die Augenfarbe passte nicht genau, aber es würde reichen. Er legte das Baby auf den Beifahrersitz und schnallte es an. Als er gerade den Schlüssel ins Zündschloss steckte, hörte er die Frau schreien. Er spähte durch die Schicht von toten Insekten auf der Windschutzscheibe.
    Die Frau stand neben ihrem Wagen, den Mund geöffnet, die Brauen hochgezogen, während ihre aufgerissenen Augen vor Panik flirrten. Immer wieder drehte sie sich um sich selbst und rief: »Becca? Becca?« Und nach einer kurzen Pause: »Mein Baby ist weg!« Ihre Hände krallten sich in ihr Haar. »Hilfe, bitte helfen Sie mir doch! Mein Baby ist weg! Irgendwer hat mir mein Baby weggenommen!«
    Henry legte den Gang ein und steuerte zur Ausfahrt. Im Rückspiegel sah er noch, wie ein Angestellter aus dem Albertson zu der schreienden Frau lief. Als er nach rechts auf die Straße bog, verschwand sie aus seinem Blickfeld.
    Beatrice war im siebten Himmel. Sie strahlte übers ganze Gesicht, als sie der Kleinen über die Wange strich. Sie war richtig verliebt. Sie bestand darauf, dass Henry die ganzen »Lumpen«, die gebrauchten Klamotten, die Sarah auf dem Parkplatz getragen hatte, auf der Stelle verschwinden ließ. Henry stopfte alles in eine Tüte; erst wollte er es einfach wegschmeißen, aber dann vergrub er die Tüte irgendwo im Wald, wo sie niemand finden konnte. Ihr Alltag kehrte in geregelte Bahnen zurück, sie waren richtig glücklich – eine glückliche Familie, die ein ganz normales Leben führte.
    Sechs Monate später musste er die Kleine neben ihrem alten Zeug begraben. Bee hatte ihr nichts zu essen gegeben. Angeblich hatte sie es vergessen, aber Henry hatte eine andere Theorie: Wahrscheinlich war ihre Milch versiegt, als die erste Sarah gestorben war, was Beatrice sich aber nicht eingestehen wollte. Er hatte selbst miterlebt, wie das Baby an ihrer Brust gesaugt und geheult hatte – und wie es noch eine Viertelstunde später nicht zu heulen aufgehört hatte, weil es immer noch hungrig war. Aber wie auch immer, die zweite Sarah war tot, er konnte es nicht ändern.
    Eine Woche lang klammerte sich Beatrice an das tote Baby. Sie wollte es nicht hergeben, sie hielt es fest und wiegte es in ihren Armen, versuchte ihm die Haare zu kämmen. Einmal löste sich dabei ein Hautlappen vom Schädel; sie strich ihn wieder glatt und tat so, als wäre nichts gewesen. Schließlich wartete Henry, bis sie eingeschlafen war, dann nahm er ihr das Baby weg und brachte es ebenfalls in den Wald. Nachdem er ein Loch gegraben und die Kleine hineingelegt hatte, versuchte er, ein Gebet aufzusagen, das er irgendwann in der Kirche gelernt hatte, aber er konnte sich nicht mehr erinnern. Also dachte er sich etwas aus und sprach von der Unschuld der Kinder, und bitte nimm dieses unschuldige Wesen in dein Himmelreich auf, Amen, bevor er Erde auf ihr Gesicht schaufelte,

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