Cop
etwas feste Nahrung würde vielleicht das letzte bisschen Alkohol in seinem Magen aufsaugen.
Für seine Frau sind die vier Jahre, die er nun gratis gesoffen hat, zweifellos genug. Zumindest deutet er so den Blick, den sie ihm heute Morgen zugeworfen hat. Natürlich hing er in diesem Augenblick über der Kloschüssel, und als er mit einem Speicheltropfen am Kinn zu ihr aufschaute, drehte sie sich bereits um und ging, sodass er ihr Gesicht nur für einen kurzen Moment gesehen hat. Von daher kann er sich nicht ganz sicher sein. Danach hat er sie nur noch murmeln hören: »… hace lo que le sale de los cojones.«
Jetzt wäre genau der richtige Moment für einen Red Rooster: ein leichtes Bier mit etwas Tomatensaft, ein wenig scharfer Soße, einem Schuss Muschelsaft und einem rohen Ei. Ja, das würde ihm jetzt guttun. Er guckt auf die Uhr: halb acht. Das Roberta’s macht erst in zweieinhalb Stunden auf. Dann muss er sich noch etwas gedulden.
Also ist er jetzt wohl im Dienst.
Gewissermaßen.
Gestern um halb acht, als die Stimmung im Roberta’s endlich etwas stieg, kam auf einmal Pastor Warden herein, um eine Belohnung auf seine entlaufenen Dackel auszusetzen: zehn Dollar für jeden Hund, den man ihm zurückbringt.
Andy Paulson blickte von seinem Platz an der Bar auf. »Tot oder lebendig?« Er grinste über die Schulter und zeigte dabei seine schiefen Zähne, die Diego immer an eine Reihe Porzellansplitter erinnern. In seinem lächerlich gewachsten Schnurrbart hingen Schaumfäden.
»Lebendig«, erwiderte Warden. »Sonst bekommt ihr am Sonntag eine sechsstündige Predigt über die Sünde der Trunkenheit zu hören.«
Und schon war er wieder verschwunden, während die halbe Bar in schallendes Gelächter ausbrach. Aber seitdem sind einige Stunden vergangen, und mittlerweile klingen zehn Dollar pro Hund gar nicht so schlecht, auch wenn Diego im Moment ein bisschen neben sich steht. Nach Cordelias Blick heute Morgen käme ihm das Geld gerade recht, um ihr davon auf dem Heimweg einen Blumenstrauß im Albertsons zu kaufen.
Er fährt rechts auf die Main Street. Während er den Flatland Park passiert, schielt er rüber auf die Wiese. Dort könnten sich ein paar Hunde tummeln. Aber nein, Fehlanzeige. Also fährt er weiter Richtung Süden zum Bulls Mouth Nine. Auf dem Golfplatz entdeckt er Andy Paulsons Bruder Fred, den Besitzer der U-Haul-Autovermietung neben Andys Futterladen an der Wallace Street. Anscheinend spielt er gerade ein Loch zu Ende – er steht mit hochrotem Kopf in einem Sandbunker, hackt mit einem Pitching Wedge auf den Ball ein und stößt am laufenden Band Flüche aus, als hätte er sie bei Walmart im Dutzend erworben. Schließlich donnert er den Schläger auf den Boden, klaubt den Ball auf und wirft ihn rauf aufs Grün. Dann sammelt er den Schläger wieder ein und klettert aus dem Bunker, den er so lässt, wie er ist. Soll ihn doch der nächste Spieler harken.
Diego biegt in die Underhill Avenue ein. Er schaut abwechselnd nach links auf den Golfplatz und nach rechts in den Wald. Die Brombeeren sind schon überreif und liegen prall und fett am Boden unter Büschen und vergammeln.
Auf halbem Weg zur Crockett Street sieht er seinen ersten Dackel: Der Hund gräbt in einem nierenförmigen Sandbunker, der sich am vierten Loch entlangschlängelt.
Sofort fährt Diego rechts ran und reißt die Tür auf – doch kaum ist er ausgestiegen, wird ihm schwindlig. Er klammert sich ans Autodach und schluckt sauren Magensaft herunter. Als er ein paarmal zwinkert, verzieht sich der Grauschleier vor seinen Augen, und das Blut kehrt in seinen Kopf zurück. Er kneift die Augen zusammen und späht hinüber auf den sonnigen Golfplatz. Der Hund ist immer noch am Buddeln. Nachdem Diego ein Stück an dem hüfthohen Maschendrahtzaun entlanggelaufen ist, der das Bulls Mouth Nine begrenzt, schwingt er sich mit einem Satz auf die andere Seite. Ein schwerer Fehler, wie sich im nächsten Moment herausstellt.
Er landet zwar auf den Füßen, stürzt aber schon nach zwei Schritten auf die Knie und übergibt sich – fast nur Flüssigkeit, der Rest vom gestrigen Fest und das bisschen Frühstück, das er heute Morgen heruntergewürgt hat. Als nur noch Speichel kommt, rappelt er sich wieder auf, hält sich abwechselnd die Nasenlöcher zu, um sich ins Gras zu schnäuzen, und wischt sich über die feuchten Augen. Schon besser. Sein Magen brennt nicht mehr ganz so schlimm. Vielleicht ist es jetzt überstanden, vielleicht hat er den Wendepunkt
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