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Cop

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Titel: Cop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Jahn
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erreicht. Gut möglich, dass er sich schon bald wieder etwas menschlicher fühlt. Er spuckt ein letztes Mal aus, klopft sich die Hosen ab und schaut sich um.
    Der Dackel kauert im Rough nördlich des vierten Lochs. Diego fängt an zu rennen, überlegt es sich aber sofort anders und verlangsamt seinen Schritt.
    »Hierher, Hundchen.«
    Als der Hund auf der Rückbank hockt und Diego wieder hinterm Steuer sitzt, beugt er sich zum Beifahrersitz und öffnet das Handschuhfach. Nachdem er einige Kugelschreiber und Servietten und anderen Müll, den er irgendwann dort deponiert hat, zur Seite geräumt hat, ertasten seine Finger endlich das Gesuchte: ein Probefläschchen Mundwasser, das er für Tage wie diesen in Reserve hat. Er nimmt einen Schluck, gurgelt einige Sekunden und spuckt das Zeug dann aus dem Fenster.
    Und weiter geht’s. Sein Ziel für den heutigen Tag sind fünfzig Dollar.
    An der Abzweigung zur College Avenue steht Ian Hunt mit seinem Mustang und wartet auf eine Lücke im Verkehr. Als Diego an ihm vorbeifährt, winken sie einander zu. Im Rückspiegel sieht er, wie Ian rechts in die Crockett Street einbiegt. Anscheinend ist er auf dem Weg zum Revier.
    Nicht so Diego.
    Den Alkohol ist er los, zumindest größtenteils. Dafür hat er jetzt wieder Hunger. Na toll.
    Als Ian die Tür zum Polizeirevier aufstösst, sitzt Chief Davis an seinem Schreibtisch und blättert durch seinen Papierkram. Er sieht zu Ian auf. »Morgen.«
    »Morgen. Seit wann fängt Diego so früh mit der Arbeit an?«
    »Glaub nicht, dass er arbeitet.«
    »Ach nein?«
    Davis schüttelt den Kopf. »Irgendwer ist in Wardens Zaun gekracht, und die ganzen Köter sind abgehauen. Gestern stand er plötzlich im Roberta’s und meinte, er zahlt zehn Dollar pro Hund.«
    Ian nickt. »Gibt’s was Neues von Maggie?«
    Schlagartig verschwindet das Lächeln von Davis’ Lippen. »Nein. Der Schuster hat sich die Fahndungsfotos angeschaut, aber niemanden erkannt. Und das Phantombild, das Sizemores Jungs aus ihm rausgekitzelt haben, sieht aus wie ein kahlköpfiger John Goodman. Mit dem alten Knacker ist rein gar nichts anzufangen. Die Ergebnisse der Spurensicherung kommen noch. Wer weiß, vielleicht waren ja Fingerabdrücke auf dem Telefon. Ach ja, Sizemore lässt Bill Finch und John Nance alle vergleichbaren Vermisstenfälle im County durchgehen. Vielleicht gibt’s Parallelen.«
    »Finch? Warum gerade der?«
    Davis zuckt die Schultern. »War nicht meine Idee.«
    »Schon klar.« Ian dreht sich zur Tür der Leitstelle, hält dann aber noch mal inne. »Kannst du den Sheriff bitten, Kopien der Akten rüberzuschicken? Ich würde gern selbst einen Blick drauf werfen.«
    »Mach ich. Thompson soll das Zeug abholen. Da fällt mir ein, hast du das hier schon gesehen?« Davis hält die aktuelle Ausgabe des Tonkawa County Democrat hoch. Sofort steht Ian neben ihm und reißt ihm die Zeitung aus der Hand – als Aufmacher auf der ersten Seite des zwanzigseitigen Blättchens steht in großen Lettern:
    SENSATIONELLE ENTDECKUNG:
VOR SIEBEN JAHREN ENTFÜHRTES MÄDCHEN LEBT
    Ian schüttelt den Kopf. Wenn das eine Entdeckung war, entdeckt man auch die Faust, die man in die Fresse kriegt.
    Der Artikel rekapituliert, wie Maggie aus dem Haus entführt wurde, »während ihre Eltern einen romantischen Abend zu zweit verbrachten«, wie man sie für tot erklärte und eine Beerdigung abhielt, »obwohl die Leiche nie gefunden wurde«. Darauf folgt eine Beschreibung des Entführers, die auf jeden Mann ab einem gewissen Alter zutrifft.
    Ian schleudert die Zeitung auf Davis’ Tisch. »Hast du die Typen informiert?«
    »Sizemore. Er hat auch den lokalen Nachrichtensendern Interviews gegeben. Dadurch ist ihr Bild jetzt im Umlauf, und die Beschreibung des Kidnappers auch. Und die Leute wissen wieder, wo sie sich melden müssen: ›Bei Hinweisen zum Verbleib von Magdalene Hunt oder zu ihrem Entführer, wenden Sie sich bitte direkt an das Sheriff’s Department von Tonkawa County.‹ Das alte Spiel eben. Geht nun mal nicht anders. Wahrscheinlich bringt’s nicht viel, aber wer weiß?«
    »›Während ihre Eltern einen romantischen Abend zu zweit verbrachten.‹« Ian schüttelt den Kopf. »Das klingt, als hätten wir sie ganz allein im Haus gelassen.«
    »Tja.« Davis zuckt die Schultern. »Ihr wart wirklich aus, oder? Also ist es irgendwo die Wahrheit.«
    »Eine Tatsache«, sagt Ian, »nicht die Wahrheit.«
    »Wenigstens ist ihr Bild in der Zeitung und im Fernsehen.«
    Ian nickt und geht rüber.

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