Cop
gezahlt?«
Diego greift in seine Brusttasche, zieht zwei Zwanziger raus und hält sie für ein paar Sekunden ins Licht, bevor er sie wieder in der Tasche verschwinden lässt.
»Will sie Anzeige erstatten?«
»Wer?«
»Genevieve Paulson.«
»Ach so. Nein, natürlich nicht. Sie wartet lieber, bis Andy sie irgendwann umbringt. Du hättest ihr Gesicht sehen sollen.«
»Schlimm?«
»’ne Pflaume mit Augen.«
»Und wie geht’s Thalia?«
»Sie war wie immer. Hat die ganze Zeit gelächelt. Ein richtiger Sonnenschein.«
Ian schüttelt den Kopf. Mit einem Vater wie Andy Paulson kann sie nur verlieren. Das hübsche kleine Mädchen wird sich in eine dieser fetten, verwahrlosten Frauen verwandeln, die mit ihrem Mann im Wohnwagen hausen und jedes Mal von ihm durchgeprügelt werden, wenn er auf der Arbeit einen Anschiss bekommen hat, weil er den Laster nicht schnell genug beladen oder den leeren Tank des Gabelstaplers nicht aufgefüllt hat. Und nur, weil Andy Paulson ein verdammtes Arschloch ist.
»Mit Andy müsste man mal ein ernstes Wörtchen reden.«
»Genau das hab ich gemacht. Ich war grad bei ihm im Laden.«
»Und was hat er gesagt?«
»Dass es ihm unendlich leidtut. Dass es nie wieder vorkommen wird.«
»Die alte Leier.«
Diego nickt. »Die alte Leier.«
»Die ewigen Verwarnungen bringen doch nichts.«
»Tja, Andy ist eben ein Mann der Tat. Mit Worten kommt man da nicht weit.«
»Vielleicht sollte man es dann mal mit was anderem versuchen.«
Maggie sitzt im Schneidersitz auf der Matratze, den leeren Teller vom Mittagessen neben sich. Die Deckenbeleuchtung ist abgeschaltet, die Sonne bereits über das Haus gewandert, und die ersten Schatten kriechen über den Boden. Im dünnen grauen Licht des Kellerraums wirkt das Dunkel der Ecken undurchdringlich. Maggie späht hinüber auf der Suche nach einer Bewegung. Aber Borden ist verschwunden. Das ist nicht weiter ungewöhnlich, doch seit heute Morgen traut sie ihm nicht mehr über den Weg, und sie will sichergehen, dass er sich nicht von hinten an sie ranschleicht. Seit ihrem Streit hat er sich nicht mehr gezeigt. Dabei hat sie sogar laut gesagt, dass sie es nicht noch einmal versuchen wird. »Es ist zu gefährlich«, hat sie gesagt. »Ich bleibe lieber hier.« Sie hat so getan, als würde sie mit sich selbst sprechen, aber der eigentliche Adressat ihrer Worte war Borden. Vielleicht hat er ja zugehört. Wahrscheinlich hört er immer zu. Sie kann nur hoffen, dass er sie nicht verrät.
Doch selbst wenn er sie zunächst verschont, ist ihr jetzt klar, dass sie ihm nicht trauen kann. Sie hat immer gedacht, er würde zu ihr halten, aber das stimmt nicht. Er hält einzig und allein zu sich selbst. Sie muss hier raus, und zwar bald, aber sie muss sich vorsehen. Selbst hier unten im Keller, wo sie ganz allein ist, darf sie nicht durchblicken lassen, was sie vorhat. Denn in Wirklichkeit ist sie nicht allein.
Ab heute ist alles anders. Sie weiß nun, dass sie fliehen wird. Noch ist es zu früh, sie muss erst einen Plan schmieden. Aber heute fängt es an. Sie wird das Albtraumland hinter sich lassen, schon bald. Und ihr ist egal, ob Borden mitkommt oder nicht. Eigentlich hofft sie sogar, dass er hier unten bleibt. Sie will ihn nie wiedersehen. Bald wird sie im Sonnenlicht stehen. Und sie wird sich nicht mehr fürchten.
»Du wirst Beatrice traurig machen.«
Sie blickt sich um, erst nach links, dann nach rechts.
Er sitzt neben einem Stapel Umzugskartons in der hintersten Ecke des Kellers. Maggie hat längst herausgefunden, was in den Kisten lagert: haufenweise alter Weihnachtsschmuck, alte Hefte mit nackten Frauen, Cowboyromane, alte Klamotten, die nur noch als Putzlappen verwendet werden. Borden hält sich im Schatten verborgen, doch ein Teil seines Körpers ragt ins trübe Licht. Er rührt sich nicht.
»Warum?«
»Ich weiß, dass du immer noch abhauen willst.«
»Das … Das stimmt doch gar nicht.«
»Warum bleibst du nicht einfach?«
»Tu ich doch.«
»Du weißt, dass sie dich lieb hat.«
»Hat sie nicht.«
»Natürlich liebt sie dich.«
»Sie liebt ein Mädchen, das Sarah heißt.«
»Du könntest Sarah sein.«
»Bin ich aber nicht.«
»Du könntest es aber sein. Du warst es länger als alle anderen davor. Warum gibst du ihr nicht, was sie will? Sie will dich doch nur lieb haben. Alles wäre viel besser.«
»Ich gehöre aber nicht hierher.«
»Doch. Und deshalb kommst du hier auch nicht raus.«
»Ich …« Sie will sich nicht schon wieder auf diese
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