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Rikscha und lief los, mit Beinen, deren Oberschenkel so dick waren wie die einer muskulösen Ziege. Erst nachdem er eine Geschwindigkeit von mehr als dreißig Stundenkilometern erreicht hatte, betätigte er einen Schalter, nahm den kleinen elektrischen Motor in Betrieb und hob die glänzenden keramischen Hufe vom Boden.
»Haben Sie ein bestimmtes Ziel?«, fragte der panartige Fahrer über die Schulter hinweg. »Oder ist ein so erlesener Grauer wie Sie auf Besuch? Halten Sie nach guten Erinnerungen Ausschau? Vielleicht möchten Sie eine rasche Tour durch unsere schöne Stadt?«
Ich brauchte einen Moment, um mich daran zu erinnern, dass ich in Kaolins Haus die Farbe eines erstklassigen Emissär-Grauen bekommen hatte. Der Fahrer glaubte offenbar, dass ich von außerhalb der Stadt kam und mit einem Dito-Schoßtier unterwegs war.
»Ich kenne alle historischen und geheimen Orte. Marktarkaden mit illegaler Ware, wie man sie drüben im Osten nicht sieht. Gassen, in die sich das Gesetz nie vorwagt und in denen es keine Kameras gibt. Nötig sind nur eine kleine Lastersteuer und eine Verzichterklärung. Dafür erwartet Sie ein Anarchismusparadies!«
»Fahren Sie einfach nur die Vierte hinunter«, erwiderte ich. »Ich gebe Ihnen Bescheid, wenn wir uns dem Ziel nähern.« Ich hatte einen bestimmten Ort im Sinn, wollte ihn aber nicht nennen. Ich musste damit rechnen, dass wir noch immer überwacht wurden, sowohl von außen als auch von innen.
Der Fahrer nahm meine Anweisung mit einem Brummen entgegen, rückte die Brille zurecht und steuerte lässig mit einem Finger am Ruder. Ich holte das Klappfon hervor, das ich kurz nach der Erneuerung dieses Körpers bekommen hatte.
»Wen rufst du an?«, fragte Palloid.
»Was glaubst du? Unseren Auftraggeber natürlich.« Der Autodialer enthielt nur eine Nummer.
»Aber ich dachte… Warum haben wir den Wagen zurückgelassen, wenn du…«
Es glitzerte in den kleinen dunklen Augen. Ich konnte praktisch sehen, wie Pals misstrauischer Verstand arbeitete. »Na schön. Richte Aeneas meine besten Grüße aus.«
Als billiger Grüner – erst orangerot gefärbt und dann grau – konnte ich nicht ausdrucksvoll mit den Augen rollen. Also achtete ich einfach nicht auf ihn. Altmodische klickende und piepende Töne kamen aus dem Fon, als es nach einem Kaolin suchte, der autorisiert war, den Anruf entgegenzunehmen. Einer seiner glänzenden Golems genügte… oder vielleicht gar die Realperson, der Eremit, der sich hinter dicken Schichten aus mikrobensicherem Glas im Turm seiner Villa versteckte. Oder ein Computeravatar, der Nachrichten entgegennehmen und Routineentscheidungen treffen konnte, mit einer guten künstlichen Version von Kaolins Stimme.
Ich wartete. Als Tönerner ist man ans Warten gewöhnt. Trotz der knappen Lebenszeit steht es allein den Realpersonen zu, die Geduld zu verlieren.
Unterdessen zog Dito-Stadt an uns vorbei, mit seiner extravaganten Mischung aus Schmutzigkeit und grellen Farben. Einige der älteren Gebäude, schlecht gewartet und nicht mehr inspiziert, trugen Untauglichkeitslogos, die Realpersonen den Zutritt untersagten. Trotzdem waren um uns herum viele Leute unterwegs, ungeachtet der gefährlichen Umgebung: für einen Tag und harte Arbeit geschaffene Personen, die doch viel bunter waren als ihre schlichten Schöpfer. Die fleißigen Arbeiterameisen, die die Zivilisation in Gang hielten – sie zeigten alle nur erdenklichen Farbtöne und gestreiften Kombinationen – eilten in oder aus Fabriken und Werkstätten, trugen schwere Lasten, hasteten zu vertraulichen Treffen oder überbrachten Eilbestellungen auf spindeldürren Beinen.
Der Verkehr stockte, und wir mussten einen Bogen um eine Baustelle machen, bei der ein großes Holo-Schild verkündete:
PNEUMATISCHE RÖHREN FÜR DEN
DITO-TRANSPORT
IHRE STEUERGELDER AN DER ARBEIT
Ein schimmerndes animiertes Display zeigte die Fortschritte bis zu dem Tag, an dem Tönerne und andere Dinge durch ein weit verzweigtes System aus luftleeren Röhren in jeden Teil der Stadt geschickt werden konnten und jede beliebige Adresse erreichten, wie von selbst den Weg findende Internet-Pakete, automatisch und fast kostenlos. Bus- und Brontolaster-Fahrer klagten darüber, dass die bereits fertig gestellten Teile ihre lukrativsten Routen verdarben. Manchmal hielt Sabotage die Arbeiten auf; dies erinnerte an die alte Maschinenstürmerzeit, als die Gewerkschaften mit Straßenkämpfen versucht hatten, die Dito-Technik zu verhindern. Eine
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