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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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Wort
Mutter ein Mosaiksteinchen im Panorama der Urgeschichte.
    “Sprich weiter!” fordert Korund
Stein ungehalten. Erneut schreckt Hyazinth zusammen.
    “Verzeih, Deva, ich dachte gerade
–”
    “Ich weiß, du dachtest an
Sirrah”, fällt ihm Korund ins Wort.
    Er weiß alles, ich bin für ihn
wie aus Glas! denkt Hyazinth bestürzt. Aber Korund beachtet seine Verwirrung
nicht weiter, sondern preßt die Stirn gegen die durchsichtige Wand des
Kuppelsaals und murmelt: “Wenn du wüßtest, wie oft ich an Sirrah denke, an die
Sklavin Sirrah, die an ihr Wort gebunden ist wie Vinata… eines Tages wird
Garuda kommen… er wird kommen und alles hinwegfegen…”
    Dann fährt er herum und keucht:
“Vergiß nie das eine: Garuda hat dem Gott aller Götter den Amrita
zurückgegeben, als seine Mutter aus der Sklaverei befreit war! Vergiß es nie,
was auch geschehen mag!”
    Hyazinth duckt sich unwillkürlich
und stottert: “Das weiß ich doch, Deva, aber ich verstehe nicht…”
    Korund schneidet ihm mit einer
Handbewegung das Wort ab. “Du wirst es verstehen… wenn Garuda gekommen ist.”
Bei diesen unverständlichen Worten sieht er Hyazinth mit solch merkwürdigem
Glanz in den Augen an, daß dieser noch mehr in sich zusammenrutscht.
    “Sitz gerade!” faucht der Erste
Exarch,   und der Ton erinnert Hyazinth an
jene Jahre, da Korund Stein noch Oberster Kindschafter war. Gehorsam richtet er
sich wieder auf. Hyazinth empfindet es selten als unangenehm, wenn ihm befohlen
wird, denn mit dem Befehl wird ihm die Last der Verantwortung vom Gewissen
genommen. Außerdem ist ein steifes Rückgrat brüchiger als eins, das im rechten
Augenblick sich zu biegen weiß.
    “So, und nun zum eigentlichen
Grund der Vorladung.” Korunds Stimme ist sachlich, beinahe freundlich.
    “Hast du Hunger?” fragt er
beiläufig, und als Hyazinth trotz des ungebärdig knurrenden Magens verneint,
fährt er fort: “Du sollst mich nicht belügen, ich weiß doch, daß du ein
Freßsack bist… jaja, ich weiß auch, daß es mit deinem Leiden, speziell mit dem
Mykorrhizatrikot, zu tun hat. Glotz nicht so, ich weiß alles. Übrigens, Sirrah
hat etwas Interessantes herausgefunden. Wahrscheinlich wirst du von den
Wachsschuppen bald befreit sein, sie meint, daß es ein Wirkstoff des Zöloplans
war, mit dem du zusammengestoßen bist.” Er erzählt es in sorglosem Plauderton,
der keinerlei Ahnung des verrauchten Ärgers birgt.
    Erleichtert atmet Hyazinth auf.
Anscheinend ist es überstanden. Die Erleichterung ist so stark, daß er die
Nachricht von Sirrahs Entdeckung gleichgültig aufnimmt, obwohl sie ihn vor
einigen Stunden noch in einen Freudentaumel gestürzt hätte.
    Das Morgenmahl des Ersten   Exarchen     läßt jede Bescheidenheit vermissen, doch veranlaßt das Hyazinth
keineswegs zu ketzerischen Überlegungen. Die in seinem Gedärm wie eine Flamme
lohende Gier erstickt für Minuten jegliches Denken. Ganze Trauben von länglich
gebogenen, gelben Früchten, wie Hyazinth sie noch nie gesehen hat, werden
aufgetragen, und beim Ausschälen des etwas mehligen Fruchtfleisches spürt er
mit Sachkenntnis sogleich, daß es sich um echte Früchte handelt, nicht um
Synthesen aus Fusarium.
    “Bananen aus der
Regierungsplantage”, erklärt Korund freundlich, als er Hyazinth entzückt
schnaufen hört
    “Köstlich!” Hyazinth stöhnt vor
Wohlbehagen. Es gibt also tatsächlich noch Dinge zwischen Himmel und Erde, von
denen sein verwöhnter Gaumen nicht die Nuance eines Geschmacks wußte. Angesichts
all der Delikatessen, die Gang auf Gang folgen, muß er sich sehr bezähmen und
immer wieder Opals Mahnung in Erinnerung rufen. Trotzdem scheinen seine
Tischmanieren nicht völlig den Ansichten des Exarchen     zu entsprechen – Korund runzelt mehrmals in
sichtlichem Erstaunen die Stirn und knurrt undeutlich vor sich hin.
    Immer wieder langt Hyazinth in
die Schüssel mit den kleinen salzigen Kügelchen, die beinahe wie Eis auf der
Zunge zergehen.
    “Das ist Beluga-Kaviar und kein
Grießbrei!” murmelt Korund vorwurfsvoll. Egal wie das Zeug heißt, denkt
Hyazinth und schaufelt unbeirrt weiter in sich hinein.
    Der Exarch    hat gut reden, tröstet er sich, der hat
jeden Tag diese kleinen Salzkügelchen auf dem Tisch, der weiß sicher gar nicht
mehr, welch eine Köstlichkeit das ist.
    Erst als ihm das Schlucken
sichtlich Mühe bereitet, beendet Hyazinth die Mahlzeit. Korund Stein starrt ihn
bestürzt an und schüttelt wortlos den Kopf. Beschämt schlägt

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