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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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ganz
deutlich.
    “Wieso? Hat Rorik hunderttausend
deiner Soldaten erschlagen?” Sie will es, jetzt weiß er es genau. Und er weiß
auch, daß er wieder verlieren wird. Auch Damma hat wie ihr Onkel Andorgas eine
megarische Schule absolviert, bei diesen geheimnisvollen Wortzauberern gelernt
und den Titel eines Magisters erreicht.
    “Nein, hat er nicht”, entgegnet
Derek unwillig.
    “Na also! Was du nicht verloren
hast, das besitzt du noch: Du hast nicht tausend Hundertschaften gegen ihn
verloren – also stehen sie noch hinter dir!”
    “Blödsinn!” Derek spürt, wie es
in seinem Kopf wieder zu schwirren und zu sirren beginnt. Damma liebt solche
verworrenen Wortspiele, und Aja hatte ihn gewarnt, die Thar seien Meister der
Rede und hätten manche Schlacht ohne einen Schwertstreich gewonnen, durch
Verhandlungen.
    “Blödsinn”, sagt er, “ich habe
sechs mal tausend Mann, du weißt es sehr genau. Und diese sechstausend sind im
Kampf erprobt, haben tüchtig ausgeteilt und Roriks Räubern Hasenbeine
angepaßt!”
    “Ach so – ein Dutzend Tausender.”
    “Sechstausend, hör doch hin!”
    “Ja, ja, ich hab es wohl
vernommen; sechstausend, die Rorik nicht erschlagen konnte. Höre: Sechstausend
zählt dein Heer, sechstausend konnte Rorik nicht bezwingen – zähl sie dazu, und
so ist es ein Dutzend Tausender!”
    Derek schaut überrascht auf. Das
erste Mal hat er begriffen, was sie meint. “Ein jeder zählt für zwei, meinst du
mit deinen dunklen Worten – da hast du recht! Ach Damma, allmählich lernt mein
träger Geist, die Stummelflügel zu entfalten und deinen Gedankenpfeilen
hinterher zu schwirren.”
    “Vorsicht, geliebter Herrscher
von Seemark: Wir Thar meinen nie, was wir sagen!” Sie lächelt angriffslustig.
    Derek schweigt. Was soll er
antworten - widersprechen gar? Es stimmt ja: Ihre Reden sind oft so verwirrend,
daß er sich mehr als einmal fragte, was sie überhaupt meinte. Aber plötzlich
stutzt er. Was sagte sie da gerade? Derek geht ein riesengroßes Licht auf.
    “So meinst du letztlich also
doch, was diese Lippen sprechen!” entgegnet er siegesgewiß. “Denn wenn du
sagst, du meinst nicht, was du sagst – sprichst du das Gegenteil von dem, was
Inhalt dieser Worte war! Ha!” Er lacht, denn er hat den tiefen Unsinn dieser
Paradoxie endlich erfaßt: Kein Mensch darf sagen, er meine nie, was er spricht
– weil er diese Aussage selbst damit ins Gegenteil verkehrt und seine Rede in
Absurdität endet. Aja nannte dies Sophismus.
    Egal, wie es heißt, denkt er,
irgendwie ist es spaßig.
    “Und wenn ich also doch in diesem
Falle sagte, was ich meinte”, begehrt Damma mit wütend funkelnden Augen auf,
“so ist es also wahr: Ich meine nie das, was ich sagen!”
    “Gut ausgedachter Unsinn ist es”,
entgegnet Derek lachend. “Bei euch ist Wahrheit nur Grammatik, weil ihr Thar
die Worte für die Dinge nehmt. Das ist wie mit dem Fluß, den wir vor Tagen
überschritten. Du sagtest, es sei doch nur dieselbe Stelle wie vor einer Woche,
als du die Grenze Seemark quertest. Nicht aber derselbe Fluß, denn längst sei
anderes Wasser dort zu meinen Füßen.”
    “Ja, sicher. Willst du das bestreiten?”
    “Ich sag’s doch: Ihr nehmt die
Worte für die Dinge. Das ist nicht Zauberei wie Aja meint – es ist nur
kindisch, weiter nichts. Der Fluß hat seinen Namen von dem Fließen, der
stetigen Bewegung, dem Streben in die eine Richtung. Das ist sein Wesen, und
deshalb ist der Name gut. Du meinst Beschaffenheit, Substanz – du meinst:
Wasser, nicht aber Fluß. Mit deiner Art zu denken, wird man den Göttern nie auf
ihre Schliche kommen. Du sagst: Ihr Thar meint nie das, was ihr sagt. Ich halt’
entgegen: Ihr wißt nicht, was ihr sagt!”
    “Pah!” Damma schlägt ihrem
Reittier die Fersen in die Flanken und sprengt davon. Gerade, als Derek ihr
hinterher reiten will, hört er Andorgas.
    “Laßt sie, Derek. Sie kann’s
vertragen.” Der Rotbart drängt den Feuertiger dichter an Gadar heran und sagt:
“Ihr habt nicht ganz unrecht, lieber Derek. Aber Ihr habt auch nicht ganz
recht. Unsere Art zu denken und zu sprechen ist wie ein ewiges Spiel, man
könnte auch sagen, es ist wie Krieg. Man sagt sehr wohl das, was man meint –
aber man sagt es anders als gewohnt, damit der Gegner es nicht gleich
durchschaut. Das Schwert schlägt auch nicht immer in die Richtung, in die der
Krieger letztlich zielt. Hat Damma dir erzählt, wie ich vor Jahren meinen Kopf
vorm Beil des Henkers rettete? Nein? So höre und du

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