Copyworld: Roman (German Edition)
vorsichtigen Schätzungen über eine Milliarde Tonnen seltener
Elemente befinden – der Rohstoffgewinnung nutzbar zu machen. Wie Beryll Stein
sich das vorgestellte, wußte Opal allerdings nicht.
Hyazinth pocht gedankenverloren
mit dem Knöchel seines Zeigefingers gegen den Hinterkopf.
Für Holunder hat dies
Signalwirkung. Er holt hastig seinen Draht hervor. Mit wenigen Handgriffen
schaltet er die Wächter wieder ein und sagt eindringlich zu Hyazinth: “Handle
immer nach dem zehnten Generalgebot, Hyazinth. Vergiß es nie! Vergiß nie dieses
Gebot!”
Mit einem Male dröhnt ein Klang
wie von hundert Glocken durch die hitzeflirrende Luft. Dann schwingt eine rauhe
Frauenstimme durch Villafleur, bricht sich an den Gebäudewänden und schallt mit
vielfachem Echo durch die Straßen. Es ist Rosa Blume, neben Repräsentanten
anderer Familien einer der Stellvertreter des Ersten Exarchen.
“Frohe Umkehr, Bürger
Villafleurs. In achtzehn Monaten feiern wir das fünfzigste Jahr der
Proklamation der Großen Umkehr. Aus diesem Anlaß hat unser hochverehrter
Ehrenmärtyrer Erster Exarch, Statthalter Kong Qius in der Ewigkeit, Bewahrer,
Seher und Schöpfer, beschlossen, die Zentralstadt umzubenennen. Ich verlese die
Erklärung unseres hochgeschätzten Ehrenmärtyrers Erster Exarch, Statthalter
Kong Qius in der Ewigkeit, Bewahrer, Seher und Schöpfer, Korund Stein: Bürger!
Das große Werk nähert sich seiner Vollendung. Unsere Stadt wird das Zentrum
einer Welt des Glücks und der absoluten Freiheit sein. Alle Kraft der Welt geht
von ihr aus und fließt wieder zurück zum Mittelpunkt. Wie ein mächtiger Obelisk
erhebt sich die Zentralstadt über die unendliche Welt, und deshalb soll ihr
neuer Name sein: Weltenstein!”
Plötzlich ist es so still in
Villafleur, daß nur das Sirren und Schwirren der heißen Luft zu hören ist.
“Weltenstein!” flüstert Holunder
verächtlich. “Warum nicht gleich Korundus-City ?”
“Was hast du,” sagt Rutila sanft,
”es ist doch ein schöner, ein klangvoller Name…”
“Villafleur klingt auch schön”,
Hyazinth ist mehr erstaunt als verärgert.
“Die Blumen sind längst dahin,
lieber Hyazinth”, entgegnet Holunder dumpf, “und auch die Bäume…”
Hyazinth nickt traurig, Holunder
hat Recht. Pflanzen gibt es in Villafleur nur noch innerhalb der Bauwerke, seit
die Energie nicht mehr für die große, die ganze Stadt überspannende Klimakuppel
reichte, die inzwischen längst demontiert wurde, um das Material anderweitig
nutzen zu können.
Aber irgendwie hatte es Holunder
wohl anders gemeint, denn er schaut düster zum Kegelturm der Hohen Exarchie,
der fern am Horizont in die zarte Wolkenstruktur sticht, und murmelt: “alles
versteinert… alles…aber der Stein kann immer nur seinem Ende entgegengehen,
auch wenn es Milliarden Jahre dauert... die Bäume und die Blumen aber - ihre
Samen werden zu erneutem Leben erwachen, wenn der Granit längst zu Staub
verfallen ist...”
Die Sonne ist weiter gestiegen,
die Hitze legt sich wie eine staubige Decke über Villafleur. Bleierner Glanz
senkt sich vom Himmel herab, und das Leben in der Stadt zieht sich in die
klimatisierten Gebäude zurück, wie in Festungen und Bunker. Es ist die Stunde,
in der die volle Farbenpracht Villafleurs in ätzendem Grau erstickt.
Hyazinth blickt nachdenklich zum
Horizont. Unter der gleißenden Sonnenscheibe recken sich die Trägerkerne
hilfesuchenden Armen gleich in den Himmel.
Wie aus Felsgestein gemeißelt
wirken die Konturen der Stadt, leblos und doch irgendwie in mächtiger
Unbezwingbarkeit erstarrt
“Weltenstein,” flüstert Hyazinth.
Die Welt ist mein Wille.
Arthur
Schopenhauer
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Kapitel 3
Der
Kampf
Die Welt rauscht an Derek herab
wie ein Wasserfall, als er sich aufbläht, streckt, aus dem weißen Fell einer
Schneemaus in das Sonnenfunkeln des Gewandes Laux wächst. Wie aus Stein fühlt
er sich während der Rückkehr in seine menschliche Gestalt. Trotzdem spürt er,
wie er unaufhörlich wächst, daß er wie die Glut aus dem Schlot des Berges
Attanai zwischen die Wolken fährt.
Bei Ealtheas Pendel, denkt er mit
Grausen, angesichts der Zauberkraft seiner Urahne. Aja ist so mächtig, daß sie
Rorik wie eine Fliege zerquetschen könnte! Aber er erinnert sich auch an die
Worte der Urahne: “Groß sind meine Zauber nur, wenn ein großer Wille sie nutzt.
Gut sind sie nur in guten Händen Sie sind wie tödliche Pfeile,
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