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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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zur Buße Bart und
Haar.

 
    Er brüllte einen Eid,
verzweifelt, voller Wut.
    Doch niemand zeigte sich vom
Schwur gerührt.
    Die Gier nach Tsallas Thron hätt’
ihm die Hand geführt,
    so tuschelte man ungeniert.
    Doch Berulf wußte, was zu tun
war, sehr gut.

 
    Ruhig stieg er auf den
Scheiterhaufen,
    kniete nieder vor dem   toten Freund.
    Die Kunde drang, soweit die Sonne
scheint
    Sie gab zu denken auch dem   ärgsten Feind,
    und alles Volk kam angelaufen.

 
    Noch einmal schwor er, frei zu
sein
    von Schuld, Betrug und falschem
Schein.
    dann ließ er Feuer legen an das
Holz
    stand in den Flammen, stark und
stolz,
    ging mit Gobedda in das Jenseits
ein..

 
    Der Leib verbrannte, doch sein
Geist
    flog umso strahlender zur Sonne
auf.
    In Berg und Wasser fuhr er voller
Macht,
    drang kraftvoll in den Tag und in
die Nacht.
    Erfüllte Saat und Frucht auf
jedem Feld,
    gab Hoffnung uns und aller Welt.
    Und führt uns in der Zeiten Lauf.
    Darum, ihr Leute, ehrt und preist
    den Mann, den Helden, und den
Geist,
    der Berulf von Tsalida heißt...

 
 
    Als Damma das Ghammelan sinken
läßt, seufzt Derek unwillkürlich auf. Die Ballade hat in zutiefst aufgewühlt.
Berulfs Opfer - das ist für ihn so, als hätte jemand eine Möglichkeit gefunden,
die Abermillionen Gedanken in Dereks Schädel mit einem einzigen Wort
auszusprechen. Alle seine Vorstellungen vom Wirken als Herr über das Schicksal
eines Volkes hat er in diesem Berulfslied wiederentdeckt, in geheimnisvoller
Weise verdichtet und daher unendlich klarer, deutlicher, kraftvoller als er sie
je zuvor gedacht hat.
    Fedders Ruf reißt ihn aus seinen
Gedanken.
    “Ha! Da oben fliegt ja mein
Mittagsbraten!” Der Knecht greift den Bogen und zieht einen Vogelpfeil aus dem
Köcher. Solche Pfeile haben anstelle der Spitze eine halbmondförmige Schneide,
bei der die beiden Sichelenden in Flugrichtung zeigen. Diese Geschosse fliegen
beinahe lautlos, dafür überschlagen sie sich schnell, wenn die Hand des
Schützen auch nur ein wenig ruckt beim Schuß. Derek legt den Kopf in den Nacken
und starrt in die Wolken. Fedder ist ein Meister der Vogeljagd, und Derek
zweifelt nicht daran, daß der schwarze Punkt dort oben am Himmel bald über dem
Feuer brutzeln wird. Als der Knecht seinen Bogen spannt, vernimmt Derek ein
unheimliches Sirren in seinem Rücken, und bevor er sich erinnert, wo er dieses
Geräusch schon einmal hörte, klatscht eine faustgroße Eisenkugel gegen den
aufgelegten Pfeil und bricht ihn in der Mitte durch.
    “Wage es nicht noch einmal, einen
Pfeil auf meinen Darrhu zu richten!” zischt Damma zornig. Fedders Hand war zur
Leibsense gezuckt und krampft sich nun um den hölzernen Schaft. Seine Augen
verengen sich zu schmalen Schlitzen, aber unter Dereks unwilligem Blick duckt
er sich gehorsam. “Ich dachte, es wäre ein Schneegeier...” murmelt er
verdrossen. “Muß sie mir unbedingt einen meiner kostbaren Gabelpfeile
zerbrechen? Ein Wort hätte es doch auch getan.”
    Derek schaut darauf fragend auf
Damma, die ihre Darrhupfeife hervorgezogen hat.
    “Er hat recht, Damma. Ein Wort
wäre besser gewesen als dein Halsabschneider.”
    Damma schnauft nur beleidigt.
    “Ein Wort für einen Knecht!
Morgen wirst du gar verlangen, daß ich ihm den Stiefel küsse, oder?” Dann bläst
sie in die winzige Holzflöte und würdigt Derek keines Blickes mehr. Der Darrhu
läßt sich wie ein Stein herabfallen, erst kurz über dem Boden breitet er seine
Schwingen aus und fängt den rasenden Sturz ab. Mit einer eleganten Kurve landet
er auf Dammas ausgestrecktem Arm.
    “Fürrr meine Tochterrrr Damma...
dreissssig Schifffe warrrten in derrr Drrrachenbucht...” Während der Darrhu die
Botschaft spricht, ist sein flammender Blick unentwegt auf Atta gerichtet, und
der Bergholl faucht haßerfüllt. Aber schon nach wenigen Augenblicken wird das
sonnenhelle Leuchten der Darrhuaugen schwächer, der kleine Drachen schließt die
Lider und erstarrt. Nun beruhigt sich auch Atta. Damma wickelt den Darrhu in
eine kunstvoll bestickte Decke und verstaut das Bündel in einem Lederbeutel.
    “Das war knapp”, sagt sie, “nur
ein wenig länger, und er wäre mitten im Flug eingeschlafen...”

 
    Vier Tage später erreicht der
Heerzug die Küste. Schon von weitem sieht Derek den Wald aus Masten, und wenig
später erkennt er eine geheimnisvolle Geometrie in diesem vermeintlichen Chaos:
Immer fünf der mächtigen Stämme scheinen in einer Linie angeordnet zu sein.
Fünfmastige Schiffe? Das

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