Copyworld: Roman (German Edition)
Schwert wurde nicht in
unsrer Welt geschmiedet!” Eirik war erst furchtsam zurückgewichen, jetzt trat
er zögernd näher. “Das ist kein Werk von Menschenhand!”
“Ihr habt recht, Schmied.”
antwortete Elmrich kurz und wandte sich ab, damit klarstellend, daß er keine
Fortsetzung des Gesprächs wünschte. Derek gab seinem Waffenmeister einen
schnellen Wink, als der noch einmal den Mund öffnete.
Alle Welt kennt den Namen
Nachtbringer, aber niemand kann sagen, welches Geheimnis dieses Schwert umgibt.
Nur eines weiß Derek: Es ist der einzige Zauber im Reich der Erfinder und
Konstrukteure - dafür aber ein so mächtiger, daß bisher sogar die Götter einen
respektvollen Bogen um das Echsengebirge machten. Nur Rorik hatte es gewagt,
die Flügelburg anzugreifen. Aber er war nicht einmal bis auf Rufweite in die
Nähe des Schwertes Nachtbringer gelangt.
Elmrichs Ballaesterschützen hatten Roriks Bande bereits am Fuße des Sonnenbergs
zusammengeschossen, bevor sie überhaupt den Blick zur Flügelburg hatten heben
können...
Wir haben zwei der berühmtesten
Schwerter der Welt auf unserer Seite, denkt Derek befriedigt. Wer will uns
besiegen? Nur eine Klinge gibt es, die
mächtiger noch ist als Nachtbringer und das Schwert Thar - die Grüne Otter, das
Andora-Schwert. Aber diese Götterwaffe ruht wohlversteckt irgendwo auf der
Siebenten Ebene der Schattenwelt, und keines Menschen Hand wird sie je berühren
können, weil die dreiköpfige Schlange Andora die noch glühende Klinge dem
Schmied N’Drraa’s raubte und jeden mit ihrem Gift tötet, der ihr zu nahe kommt.
Derek schaut zu Elmrich hinüber.
Der Herr über das Teufelsschwert
Nachtbringer steht auf dem höchsten
Punkt der Drachenbucht und bewundert die Schiffe der Thar. Gedankenversunken
krault er Atta das Fell unter dem Kinn. Das Berghollweibchen hockt wie immer
auf Dereks Schulter und hat den Kopf weit in den Nacken gelegt. Atta genießt
die zärtliche Berührung mit einem kaum vernehmbaren Girren. Anfangs hat es
Derek gewundert, wie rasch sie Zuneigung zum greisen Fürsten vom Sonnenberg
faßte, denn für gewöhnlich reagiert sie auf Annäherungen anderer Menschen mit
einem warnenden Fauchen. Elmrich hingegen darf mit ihr machen, was er will.
Selbst wenn er ihr neckend die Augen zuhält, schnurrt sie vor Vergnügen. Als
Derek dies einmal tat, knurrte sie nur unwirsch...
Inzwischen weiß er, warum sie
Elmrich so sehr mag: Es sind die kleinen braunen Zuckerstückchen, die er ihr
heimlich zusteckt. Und Derek tut nun so, als würde er das nicht bemerken.
Sollen die beiden doch ihren Spaß an dem Spielchen haben.
Links und rechts wälzen sich
Ströme aus Leibern und Schlitten die schmalen Pfade in die Bucht hinab, den
Zeichen der Flaggenschwinger folgend, die Andorgas’ Befehle weitergeben. Über
vier Wochen soll die Überfahrt dauern, aber gemessen an den sieben Monaten, die
der Heerzug bereits unterwegs ist, fällt die Frist kaum ins Gewicht.
Derek läßt seinen Blick
nachdenklich über die weiten, verschneiten Ebene Bunduruks schweifen. Nicht ein
einziges menschliches Wesen war ihnen auf dem schier endlosen Weg durch das
Reich der Ganzweiber begegnet. Der Bote, den Derek zur Festung der Obersten
Kettenhüterin entsandt hatte, war nicht zurückgekehrt. Er sollte die Erlaubnis
für das Vereinte Heer einholen, die Grenzen Bunduruks zu überschreiten. Als er
drei Tage überfällig war, beschlossen die drei königlichen Gefährten, den
Marsch auf Gutglück fortzusetzen.
Am Horizont weht eine neblige
Wolke auf. Derek beschattet die Augen mit der Hand und späht angestrengt in das
blendende Weiß. In Seemark muß längst Sommer sein, kommt es ihm in den Sinn,
aber hier liegt immer noch meterhoch der Schnee. Sommer in Seemark - das hieß
früher: Roriks Horden plündern die grenznahen Dörfer, verschleppen die Frauen
und morden die Kinder. Dieses Jahr wird Seemark einen friedlichen Sommer
erleben, denn Rorik zieht gen Tsalla...
“Nehmt meinen Großseher, Derek!”
Fürst Elmrich reicht ihm das seltsame Wunderrohr. Durch die geschliffenen
Kristalle erscheint die Ferne plötzlich greifbar nah, und Derek erkennt eine
Schlange dunkler Punkte im Weiß des Schnees. Es mögen fünfzig oder sechzig
sein. Reiter!
Eine Vorhut Roriks! Derek ächzt auf vor Haß. Sollen sie schon so
weit vorgedrungen sein? Wenn sie nun den Heerzug beobachtet und ihre Pläne
geändert haben! Wenn sie statt gegen Tsalla, gegen das wehrlose Seemark ziehen!
War Rorik deshalb
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