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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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es ernst, sie will mich haben. Karthoota würde sich auch beide Hände
dafür abhacken lassen. Bei Ealtheas Pendel - das gibt Ärger!
    Und irgendwie ist in ihm
angesichts des übermenschlichen Opfers der Reinheit, das die Oberste
Kettenhüterin ihm bringt, plötzlich ein seltsames Schwingen und Beben. Was hat
sie gerade gesagt?
    “Meerholle?”
    Sie drängt sich noch näher an
ihn, als er sich ihr zuwendet. Ihren rotbraunen Haaren entströmt ein Duft von
getrocknetem Zinnoberkraut - das erinnert ihn verschwommen an seine Kindheit:
Wenn er und Andel zusammen in den dampfenden Zuber stiegen, um den Sommerstaub
von der Haut zu spülen, warf die Frau des Schmieds immer noch ein Bündelchen
von diesen aromatischen Stengeln hinein...
    “Es müssen viele, viele Tausend
sein... wir sind verloren...” In den Augen der gefürchteten Kriegerin aus
Bunduruk glänzt Furcht. “Sie haben die Todeswoge gemacht... damit greifen sie
sonst nur die Dreibuckelechse an, um sie gegen die Klippen zu schleudern... ich
habe die Todeswoge noch nie auf offener See gesehen...”
    “Verdammt! Das haben wir deinen
Knechten zu verdanken, diesen Idioten!”
    Derek fährt herum, als er Dammas
zorniges Zischen hört. Unwillkürlich reißt er sich dabei von Karthoota los, und
für einen kurzen Augenblick hat er das Gefühl, Dammas Wut gelte vielmehr der
Obersten Kettenhüterin als dem unglücklichen Wellem und seinem verhängnisvollen
Speerstoß. Aber der scharfe Ton in ihrer Stimme ärgert ihn, und eine Weile ist
der Ärger stärker als die heimliche Furcht vor dem anrollenden Unheil.
    “Wellem ist tot”, entgegnet er
finster. “Und weder Gunder noch Garrelf hatten etwas mit dem Vorfall zu tun.
Also zügele dich im Urteil über Männer, die ihre Familie, ihr Heim, ihren Acker
verließen, um deinem Volk gegen Rorik beizustehen. Vielleicht hätte jemand, der
das Meer und seine Geschöpfe kennt, den Spähern einen guten Rat mit auf den Weg
geben sollen - aber bei euch meint man ja, wenn man das Wort an einen Knecht
richte, könne man ihm auch gleich den Stiefel küssen...” Dabei schaut er
herausfordernd in die rotfunkelnden Augen der Tharprinzessin.
    Dammas Gesicht wird weiß vor
Zorn, und sie beißt die Zähne aufeinander. Aber sie schweigt. Gerade will Derek
sich wieder zur Reling drehen, da hört er Karthootas scharfen Befehl.
    “Laßt die Schaluppe zu Wasser und
dreht aus dem Wind! Ich muß vor der Flotte die Todeswoge erreichen!”
    “Diese Schlampe befiehlt meinen
Seeleuten!!” Damma keucht fassungslos. “Ich werde sie von oben bis unten
aufschlitzen!!” Ihre Finger tasten nach dem Hakendolch, mit dem sie Andorgas
bedroht hatte, als er an Dereks Tafel ein Wort zuviel über ihren geringen Wuchs
verlauten ließ. Derek greift nach ihrer Hand und zieht sie an sich.
    “Gar nichts wirst du, benimm dich
nicht wie ein Kind! Karthoota hat einen Plan, wie’s scheint!”
    Die Königlichen Matrosen
schwenken die Davits aus, an denen das große Beiboot hängt, und lassen es
hastig zu Wasser. Als einer von ihnen Karthoota auf die Jakobsleiter helfen
will, wehrt sie unwillig ab. Stattdessen springt sie an eines der Seile, an
denen die Schaluppe hing, und rutscht waghalsig in die Tiefe. Derek überlegt
nicht weiter. Mit einem Satz steht er auf der Bordwand und greift ebenfalls
nach dem Seil, schaut noch einmal zu Damma zurück und ruft ihr zu: “Ich kann
nicht zulassen, daß Karthoota allein richtet, was einer meiner Männer verbogen
hat - ich muß sie begleiten! Und lasse deinen Dolch stecken, falls wir
zurückkehren sollten. An unserem Weg steht keine Herberge mit weichen
Betten...”
    “Nein, bleib hier!” Auf einmal
ist nur noch Angst in Dammas Stimme, sie macht eine Bewegung, als wolle sie ihn
zurückhalten, dann läßt sie die Arme hilflos sinken. Doch Derek gleitet hinab,
ohne noch einmal den Blick zu heben.
    In Ganzweib Karthootas Augen
blitzt ganz kurz ein Gewitter widersprüchlichster Gefühle, als Derek nach der
Großschot greift und das Gaffelsegel der Schaluppe dichtholt. Ohne auch nur um
die Spanne eines Wimpernschlags zu zögern, hat er der bundurukischen Fürstin
das Ruder überlassen. Allein die Bestimmtheit, mit der sie ihre Kommandos gab
und das Abfieren des kleinen Seglers befehligte, ist ihm Beweis genug für ihre
überlegene seemännische Erfahrung. Noch nie in seinem Leben hatte er Probleme
damit, wirkliche Überlegenheit anderer zu akzeptieren - Anmaßung und Arroganz
hingegen können ihn zur Raserei treiben, besonders

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