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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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Schulter.
    “Laß uns aufbrechen, mein Freund,
ich sehne mich nach dem prasselnden Feuer in Eiriks Schmiede.”
    Gadar wirft den Kopf und wiehert
fröhlich, fast will es Derek   scheinen,
als lache das Tier, wohl wissend, daß es seinem Freund und Herrn viel mehr nach
der Wärme in Andels Kammer gelüstet.
    Dann schiebt er die Leibsense in
das Sattelhalfter, gürtet sich mit dem Panzer aus siebenfach aufgeschlagenem
Dreihornleder und zieht sich die Rundkappe tief in die Stirn. Schließlich legt
er das Hollei in den rechten Sattelkorb und wickelt sich in die warme
Springbüffelhaut.
    Kaum hat er sich in den Sattel
geschwungen, fegt Gadar wie der Wind auf und davon. Mit einer Hand hält
Derek   sich an der langen Mähne fest, die
andere hat er schützend vor die Augen gehoben. Zaumzeug braucht er für sein
Dreihorn nicht, Gadar reagiert auf den leisesten Schenkeldruck.
    Wilde Freude füllte Dereks Brust
und vertreibt die düsteren Gedanken an Schuld und Unrecht. Andel wartet auf
ihn! Einen ganzen Tag wird er diesmal bei der Tochter des Schmieds bleiben, und
vielleicht auch noch die ganze Nacht. Sollen seine Hofschranzen doch zetern und
plappern – er wird Andel zu seinem Weibe nehmen. Hat er Rorik erst bezwungen
wird sich auch Aja seinem Willen beugen und von Ealthea den Segen für das junge
Herrscherpaar fordern. Wie kann die Urmutter sich seiner großen Liebe
widersetzen, wo sie doch selbst nur ein armes Fischermädchen war und geblieben
wäre, hätte sie nicht der Herr der Zeit geschwängert, damit sie neue Welten
gebar, mit denen er die Leere der Zeit füllen könnte. Sogar sein Pendel hat er
ihr gegeben, und auch Derek wird den Thron von Seemark teilen mit seinem Weib.
    Aber noch verwehrt Ealtheas Wort
der Tochter Eiriks das Gemach des Herrschers von Seemark, und Aja bleibt hart.
Vielleicht hofft sie insgeheim auch, daß er doch noch aufbrechen wird, um in
den benachbarten Reichen nach einer Braut zu suchen, ist Rorik erst
niedergerungen. Allein Fürst Elmrich vom Sonnenberg hat zwölf Töchter.
    Bei einem Besuch der Flügelburg
im Echsengebirge war Derek entsetzt vor dieser schnatternden Gänseschar
geflohen und hatte lieber die geniale Konstruktion der flügelartigen Ausleger
zu begreifen versucht, auf die der Burgkoloß gebaut worden war. Er kletterte
fast zwei Tage lang zwischen dem aus dem Fels gemeißelten Gitterwerk der
Stützstreben herum und bewunderte in grenzenlosem Staunen die gewaltigen
eisernen Träger und Traversen, mit denen sich die beiden künstlichen Plateaus
gegen die Felswand stemmen. Wie zwei gigantische Adlerschwingen ragen sie in
Wolkenhöhe aus der Steilwand des Sonnenberges, alles beherrschend und für ewig
uneinnehmbar. Zwischen den beiden Flügeln überspannt eine Brücke den Abgrund
wie ein Regenbogen. Selbst Roriks Horde mußte klein beigeben vor dieser
unbezwingbaren Festung. Sie hatten sich nur blutige Köpfe geholt im Steinhagel
der Schleuderwerke und mußten unverrichteterdinge den Rückzug antreten. Fürst
Elmrich hatte es nur beiläufig erwähnt, als sei es eine alltägliche
Begebenheit.
    Als Dereks Interesse einzig den
Kastellanlagen galt, reagierten die zwölf Prinzessinnen stocksauer, und auch
Fürst Elmrich verbarg seinen anfänglichen Unmut kaum. Aber an Mädchen - und
nichts weiter waren die zwölf albernen Gänslein damals für ihn - verschwendete
der junge Prinz von Seemark keinen einzigen Gedanken. Mit einer Ausnahme: Die
Geschichten von der rotäugigen Tharprinzessin Damma schwirrten ihm lange im
Kopf herum, die Gerüchte von der Besessenheit, mit der sie sich in das wildeste
Kampfgetümmel stürzte, und von der Eiseskälte, mit der sie gefangenen Feinden
die Leiber aufschlitzen und die Gedärme herausreißen ließ.
    Fürst Elmrich überwand die erste
Enttäuschung, in Derek keinen Bewerber um die Hand einer seiner Töchter
gefunden zu haben, recht bald und führte den königlichen Nachbarn schließlich
selbst durch die Geheimnisse der berühmten Flügelburg. Stolz erklärte er dem
Großherrn von Seemark auch die geringste Kleinigkeit, zeigte ihm die Ausläufe
der Feuerspucker und das große Schleusentor des Höhlensees. Das beeindruckte
Derek fast ebenso, wie die Flügelburg selbst: Mitten im Fels der Steilwand eine
gewaltige Pforte, und dahinter in einer künstlich geschaffenen Höhle von
unvorstellbaren Ausmaßen ein ganzer See. “Wenn Steinlawinen und Feuergüsse
nicht reichen - der Wasserflut kann kein Gegner widerstehen.” sagte der Herr
der Flügelburg.

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