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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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guten Sinnes ist, war
niemals frei, wird nie es sein - da habt Ihr recht.”
    “Weshalb, Damma, weshalb nur ist
es so?”
    Damma blickt wie in weite Ferne,
ihr Gesicht ist wie versteinert. “Weil jeder Mensch das Böse tief in seinem
Herzen trägt. Der schlechte Mensch läßt dieser Macht nur freien Lauf, während
einer wie Ihr dem Bösen unentwegt Dämme und Wälle in den reißenden Strom setzt,
seine Kräfte darauf verschwendet, das Tier in der eigenen Brust niederzuhalten.
Je kräftiger und blutgieriger das Tier in diesem Herzen – desto edler und
großmütiger der Mensch, der es unter seine Knute zwingt. Aber frei ist er nie,
bei aller Größe: Auf ewig ist er mitgefangen in dem Kerker, den er seinem Tier
errichtete…”
    Betroffen schweigt Derek. Sie hat
die entsetzliche Wahrheit ausgesprochen. Mit Riesenkräften tobt eine Bestie
auch in seiner Brust, und manches Mal schon fürchtete er, die Kerkertore
könnten bersten unter ihrem wilden Ansturm. Immer wenn er auf dem Schlachtfeld
Menschenblut vergießen mußte, brüllte dieses Tier in ihm vor Wollust und zerrte
mächtig an den Ketten. Er hat es sich nie eingestanden – doch jetzt, wo Damma
es in düsteren Worten ausspricht, kann er sich der grausigen Erkenntnis nicht
länger verschließen: Auch in ihm pulst etwas von dem Blute, das wie siedendes
Pech durch Oheim Roriks Adern fließt…

 
    rückkehr zum wesen
    heißt ewig dauern
    ewigdauerndes kennen heißt klarheit
    wer ewigdauerndes nicht kennt
    wirkt blindlings zum unheil
              Laudse (Daudesching, Kap. 16)
    __________________________________________________

 
    Kapitel 10
    Ewige
Liebe, Deva – Bewahrer, Seher und Schöpfer

 
    Rauchgleich wehen fahlrote
Schwaden durch die Alleen von Weltenstein. Giftige, tödliche Nebel haben
scheinbar alles Leben aus der Zentralstadt vertrieben, nur die blassen Schleier
der Roten Wolke flattern wie im Siegestaumel durch die Straßen. Hoch droben
aber glüht es magmagleich, als sei die Radioaktivität sichtbar geworden in den
durcheinanderstrudelnden Massen des verseuchten Staubes, die träge von einem
Horizont zum anderen brodeln.
    Jeder empfindet die gefährliche
Strahlung anders. Hyazinth meint immer, ein dicht unter der Hörschwelle
liegendes Sirren und Zirpen zu spüren, das die Wirbelsäule entlang bis in
seinen Schädel kriecht. Natürlich ist das Unfug, er weiß es sehr gut. Alles nur
eine Fehlreaktion des Gehirn, Einbildungen, Zwangsvorstellungen – irgendwie
schafft es der menschliche Verstand nicht, diese unsichtbare, lautlose
Bedrohung zu verdrängen, obwohl die Macht der Roten Wolke vor den hermetisch
schließenden Toren und Pforten Weltensteins endet. Holunder hat einmal gesagt,
es sei das Animalische im Menschen: So wie das Tier vor dem Feuer flieht,
fürchtet die von der Natur mit Verstand gestrafte Bestie die atomaren Prozesse.
Es sei reiner Instinkt, die Ahnung von einer unbezwingbaren Kraft, die alles zu
Staub zermahlt, was sich ihr entgegenstellt. Irgendwie so kann es schon sein,
denkt Hyazinth, als er einen letzten Blick aus seiner Wohnblase auf die reglos
daliegende Stadt wirft. Als er im letzten Quelljahr ein Symbol für die Rote
Wolke finden sollte, wählte er ohne Zögern die Schlange. Der Oberste
Kindschafter soll sich sehr lobend geäußert haben.
    Schließlich verwandelt Hyazinth
die Panoramawand in eine mannshohe Spiegelfläche und betrachtet sich
argwöhnisch. Lange hat er gezaudert: Soll man dem Exarchen   schlicht und bescheiden gegenübertreten, oder
ehrt man den obersten aller Märtyrer mit farbiger Pracht und ausgewählter
Eleganz. Mit viel Mühe fand er einen Kompromiß, der ihn einigermaßen
befriedigt. Er wählte ein tiefblaues Mykorrhizatrikot mit einem zarten
Kragengespinst, das wie ein azurner Schleier seine Schultern umschmeichelt.
Einfach und doch festlich. Besonderen Wert legte er auf die Auswahl des
Schmucks. Das war nicht leicht, denn Korund Stein ist als einzigartiger Kenner
und für seinen erlesenen Geschmack bekannt. Hyazinth probierte alle nur
denkbaren Kombinationen. Erbsengroße Spinelle von kräftig roter Farbe
gruppierte er zu einem glitzernden Monogramm, dann versuchte er es mit einer
Traube aus Chrysoberyll, deren Zentrum ein ungewöhnlich großer Cymophan war,
beinahe hätte er sich für ein prachtvolles Arrangement aus hellblauen Saphiren
entschieden – da geriet ihm der kleine Zirkon zwischen die Finger. Er hielt das
Steinchen gegen das Licht, drehte und wendete es. Strohgelb, als

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